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VdV-Camp Duisburg: Zwischen Hoffen und Bangen

Am Dienstag, den 1. September 2014 endete die Transferperiode für den deutschen Fußball. Gültigkeit besitzt dieser Modus nur für Spieler, die noch einen laufenden Vertrag besitzen. Arbeitslose Fußballer, die aktuell über keinen Vertrag verfügen, haben auch nach diesem Datum die Möglichkeit, bei einem neuen Verein einen Vertrag zu unterschreiben. Dies ist möglich beim VdV-Camp in Duisburg-Wedau, einem speziellen Trainingslager für vertragslose Fußballer, die sich unter Anleitung vom Trainerteam Georgi Donkov und Dietmar Hirsch für eine neue Aufgabe vorbereiten. 3-liga.com-Reporter Henning Klefisch hat sich vor Ort ein Bild von diesem Kontrast machen können.

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VdV-Camp Duisburg: Zwischen Hoffen und Bangen
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Angekommen in der harten Realität
 
Die Realität kann in der so glitzernd scheinenden Welt des Profifußballs recht brutal sein. Hier wird deutlich, dass der Kontrast zwischen Traum und Wirklichkeit gewaltig ist. Dies haben auch die Spieler im VdV-Camp nun auf bittere Art und Weise erkennen können, denn Luxus sucht man in der Sportschule Wedau vergeblich. Es hat den nüchternen Charme des Notwendigen, was die zumeist in der dritten und vierten deutschen Spielklasse ehemaligen aktiven Fußballer erwartet. Wie auf einer Stufenfahrt wirkt diese Gruppe. Die Bedingungen vor Ort sind funktionell, aber einfach. Es wird sich auf das Wesentliche in den vier Tagen der Zusammenkunft konzentriert. Die Gemeinschaft wird ähnlich wie bei einem Trainingslager oder eben einer Stufenfahrt ganz besonders ausgelebt, da man viele Ablenkungsmöglichkeiten nicht vorfindet. Ein gemeinsames Highlight stellt schon ein echtes Highlight dar. Man sieht regelrecht an dem Funkeln in den Augen der Spieler, wie von dieser ganz besonderen Freizeitbeschäftigung geschwärmt wird. An den Gesprächen zwischen den Spielen merkt man schnell, dass die Empathie untereinander ausgesprochen groß ist. Auch als Mensch wachsen die Spieler. Jeder der anwesenden Profis hat hier keinen Verein. Dass jemand dem anderen auf die Socken haut, ist hier verpönt. Im Gegenteil. Die Spieler helfen einander auf die Beine nach einem Zweikampf. Janssen und Patrick Auracher umarmen sich nach den Übungen, als sie vom Platz gehen. „Hier sind echte Freundschaften entstanden. Einige haben sogar schon ihre Handynummern ausgetauscht,“ sagt Auracher, der zuletzt beim Drittligisten Stuttgarter Kickers keinen neuen Vertrag mehr erhalten hat.
 
Zurück in die Vergangenheit
 
Geduld und Disziplin sind eine ganz wichtige Komponente für die Spieler in der Warteschleife, die neben der finanziellen Unterstützung auch auf die Hilfe ihrer Familie und von Freunden angewiesen sind. Ein Testspiel gegen den Regionalliga West-Spitzenreiter FC Viktoria Köln ist vereinbart worden und wurde mit 1:4 verloren. Ein gutes Dutzend Zuschauer hat sich diese Partie auf einem unscheinbaren Sportplatz auf dem weitläufigen Trainingsgelände der Sportschule Kaiserau angeschaut. Alles wirkt ein wenig marode und so weit weg vom Profifußball, der für einige Spieler bis vor wenigen Wochen noch Realität war. Nun sind die Spieler in der tristen Wirklichkeit angekommen. Sie müssen auf einem Rasen trainieren, der braune Stellen aufweist und sicherlich keine regelmäßige Rasenpflege erhält. Vielmehr erinnert der Untergrund an einen besseren Bezirksliga-Sportplatz. Immerhin riecht das Grün saftig und vermittelt den Kickern, warum sie in Duisburg-Wedau sind: nämlich zum Fußballspielen. Die äußeren Bedingungen sind rund um das weitläufige Gelände, wo ein halbes Dutzend Sportplätze um die Sportschule angelegt sind angenehm bei Sonnenschein, angenehmen 25 Grad und einem leichten Wind, der für etwas Erfrischung sorgen kann. Trotzdem ist dieses VdV-Camp für die Teilnehmer ein Rausschmiss aus der Komfortzone des seligen Profifußballs. Gewiss fühlen sich einige Spieler in ihre Jugendzeit vor der Profikarriere erinnert.
 
VDV hilft auch abseits des Spielfeldes
 
Scouts von anderen Vereinen sind rund um den Sportplatz nicht zu erblicken. Bei diesem VdV-Camp geht es vor allem darum, dass man fußballerisch in Form bleibt und dies in einer Art Mannschaft praktizieren kann. Natürlich schweißt solch eine schwierige Situation die Spieler auch zusammen. Insgesamt ist jedoch jeder Spieler ein Einzelkämpfer, der aus der mutmaßlich schwersten Situation der aktiven Karriere möglichst schnell einen Ausweg finden möchte. Die Aussichten sind gut, denn rund 80 Prozent der Teilnehmer haben einen neuen Verein finden können. Neben Testspielen gegen hochkarätige Gegner unterstützen die VDV-Experten die Teilnehmer auch abseits des Platzes in den Bereichen Karriereplanung, Weiterbildung, Arbeitsrecht, Medienkompetenz  und Vorsorge.
 
Einzelschicksal Ouedraogo
 
Für Alassane Ouedraogo ist es nicht das erste Mal, dass er dieses Angebot wahrnimmt. Schon vor zwei Jahren war er hier und hat schließlich beim Oberligisten SpVgg EGC Wirges einen Vertrag erhalten können. Mittlerweile ist er 34 Jahre alt, vierfacher Familienvater. Für den 62-fachen Nationalspieler von Burkina Faso geht es darum, dass er seine sechsköpfige Familie ernähren kann. Eine Ausbildung hat er keine,wie er offen zugibt: „Das ist ein bisschen ein Problem, weil ich mit dem Fußball früh angefangen habe. Mit 16 Jahren war ich schon Profi. In Afrika gibt es im Gegensatz zu Deutschland keine Schulpflicht. Ich habe mich damals für den Fußball entschieden. Ich hätte vielleicht mehr den Fokus auf den Fußball legen müssen.“ Im Gespräch wirkt er ein wenig ungeduldig. Seine Hände sind stetig in Bewegung. Dennoch hat er sich seine positive Lebensart und seine Fröhlichkeit erhalten und so zeigt er sich gut gelaunt, wenn er über die bisherige Karriere spricht. Der Mittelfeldspieler schaut nicht zurück, sondern will die Chance ergreifen. Auch ein Oberligist ist für den langjährigen Nationalspieler nun eine Option. Mit der Zeit ist er nun deutlich genügsamer geworden. Hauptsache Fußball spielen und dabei etwas Geld verdienen. Ausgesorgt hat er nicht, weshalb er sich auch schon Gedanken machen muss, was nach der Karriere kommen wird. Er weiß, dass er alles auf die Karte Fußball gesetzt und sich verzockt hat. Seit einigen Jahren hat er nur noch bei viert- und fünftklassigen Vereinen gespielt, wodurch seine Einnahmen auch deutlich gesunken sind. Im Jahr 2000 schien im Alter von 20 Jahren seine Karriere glorreich zu verlaufen. So wechselte er vom belgischen Erstligisten Charleroi SC zum damaligen Bundesliga-Aufsteiger 1. FC Köln. In der mit vielen Routiniers besetzten Mannschaft konnte sich der Mitttelfeldspieler aber nicht durchsetzen, dennoch konnte er zwischen 2003 und 2005 positiv auf sich aufmerksam, als er sich beim Zweitligisten RW Oberhausen zu einem Leistungsträger entwickelte. Nun hofft er auf ein Engagement bei einem Regionalligisten oder vielleicht sogar Oberligisten, der auf einen echten Routinier setzen möchte und zudem für ein angemessenes Gehalt sorgen kann, was für die Ernährung seiner Familie ausreichen könnte.
 
Verletzungen führen oft zur Arbeitslosigkeit
 
Anderen Spielern wie Ouedraogo ergeht es ähnlich. So etwa Lukasz Sinkiewicz, der zuletzt beim Zweitligisten VfL Bochum aussortiert wurde. Andere Kicker erhielten nach Verletzungen keine Chance mehr. Meist sind es die zuletzt in den verschiedenen Regionalligen aktiven Fußballer, die zweigleisig planen müssen. So gerät zunehmend auch die Bildung immer mehr in den Fokus, um sich auch unabhängiger vom Profifußball machen zu können. Neben Demut lernen die Spieler in solchen Momenten und auch Dankbarkeit, dass man über einen der besten Jobs in Deutschland verfügen kann. Meist sind die Kicker unverschuldet in solch eine Situation gekommen, die kein Dauerzustand werden soll. In offenen Interviews haben sie mir verraten können, welche Alternativlösung sie parat haben. Teammanager Markus Lützler kümmert sich darum, dass den Spielern der Aufenthalt von Montag bis Donnerstag so angenehm wie möglich gestaltet wird. Den Ablauf erklärt Coach Donkov: „Wir treffen uns immer zum ersten Training am Montagnachmittag. Dienstag und Mittwoch versuchen wir außer Trainingseinheiten auch Freundschaftsspiele zu organisieren, für die Spieler sind diese sehr wichtig, um noch besser in Form zu kommen. Donnerstag ist das Training am Vormittag und danach macht sich jeder auf den Heimweg.“

Hervorragende Möglichkeiten in Duisburg-Wedau
 
Die Spieler logieren in Zwei-Bett Zimmern und leben wie in einer Art Jugendherberge. Gespeist wird in der Kantine der Sportschule. Drei Mahlzeiten finden pro Tag statt, wenn die Spieler in der Sportschule weilen. In der Kantine werden die Spieler bei Selbstbedienung kulinarisch versorgt. Finanziert wird der Aufenthalt der vertragslosen Fußballer von der Vereinigung der Vertragsfußballer, die einen gewissen Obolus bezahlen, damit die Arbeitskollegen nun davon profitieren können. So denkt auch Hannover 96-Spieler Christian Pander, der seine Mitgliedschaft begründet: „Ich bin in der VDV, weil ich denke, dass vereinslose Spieler dort eine gute Betreuung bekommen. Das war für mich sehr wichtig bei meinem Beitritt.“
 

 
Auf den Anruf des Spielerberaters wird gewartet, damit die frohe Botschaft vom Interesse eines neuen Vereins empfangen wird. Oft geht es zunächst um ein Probetraining, um Eigenwerbung betreiben zu können. Auch der Trainer Georgi Donkov hat einst glorreiche Zeiten erleben können und wartet aktuell auf einen interessanten Trainerposten. Einst hat er den Drittligisten SV Wacker Burghausen trotz bescheidener finanzieller Mittel trainiert und wurde unter merkwürdigen Umständen im September 2013 bei den Oberbayern entlassen. Nun sieht er diese Trainertätigkeit auch als Chance für sich persönlich, dass er möglichst schnell den Sprung in den Trainerjob finden kann. Der ehemalige bulgarische Nationalspieler hatte in der Vergangenheit in der Bundesliga für den VfL Bochum und den 1. FC Köln gespielt und bei der EM 1996 das Nationalteam von Bulgarien vertreten. Auch der 44-Jährige erhofft sich eine positive Entwicklung durch seine Tätigkeit in Duisburg: „Ich bin sehr froh, dass ich hier mitmache. Für mich ist es eine neue Erfahrung. Die Kommunikation mit den Spielern, die unterschiedlichen Trainingseinheiten, und wie diese von den Jungs wahrgenommen und ausgeführt werden, sind für mich auch eine Chance, mich weiter zu entwickeln und mich durch das Trainingscamp noch besser für meine nächste Trainerstation vorzubereiten.“
 
Spielern muss Mut gemacht werden
 
Der ehemalige Bundesligaspieler hat sich folgendes Ziel im Trainerteam mit Dietmar Hirsch und Torwarttrainer Georg Koch setzen können: „Unsere Aufgabe ist es zuerst die Spieler in einem konditionell guten Zustand zu bringen, damit sie für das Probe-Training topfit werden und einen guten Eindruck hinterlassen.“ Zudem ist auch die Kommunikation in dieser schwierigen Situation eine ganz wesentliche Aufgabe: „Das ist auch eine von vielen Aufgaben mit den Spielern zu reden, Mut zu geben und auch bei Laune zu halten. Ich bin davon überzeugt, dass wir es schon sehr gut hin kriegen, weil die Spieler sehr viel Spaß bei der Sache haben und große Trainingsbereitschaft zeigen.“
 

Quelle: Klefisch-Exklusiv

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