VfB Stuttgart-Sportdirektor Bobic: „Der Fußball hat mir alles gegeben“


Der VfB Stuttgart hat bereits eine turbulente Spielzeit erleben dürfen. Im Europapokal erfolgte bereits in der Qualifikation das völlig unnötige Ausscheiden gegen die limitierten Gegner aus Rijeka. In der Bundesliga steht der schwäbische Traditionsverein nun immerhin mit sechs Punkten auf dem elften Tabellenplatz. Nun äußert sich Sportdirektor Fredi Bobic umfassend zu verschiedenen Themen des VfB aber auch zu persönlichen Dingen. Im Gespräch mit „spox.com“ offenbart der Ex-Profi viele Sachen, die hochinteressant erscheinen.

VfB Stuttgart-Sportdirektor Bobic: „Der Fußball hat mir alles gegeben“
Bild: dfb.de
Bobic erklärt sein Laureus-Projekt

Bekanntlich engagiert sich der ehemalige deutsche Nationalspieler auch für die bekannt Laureus-Stiftung und ist der Schirmherr von dem Projekt „kick for more“. Seine Gründe dafür erklärt er wie folgt: „ Es war erst einmal eine große Ehre gefragt zu werden. Mir war wichtig, worum es dabei geht. Ich will nicht irgendwo schöne Events abhalten, sondern auch etwas Sinnvolles tun. Dann wurde mir das "Kick for more"-Projekt vorgestellt. Dabei geht es um Straßenfußballer mit Migrationshintergrund, das passt perfekt zu mir. Kinder, die nach der Schule auf den Bolzplatz gehen. Denen will ich etwas auf den Weg mitgeben. Dass man Spaß am Sport haben kann, aber über den Fußball auch Teamgeist und Disziplin erlernen kann.“ Und er nennt die konkreten Inhalte dieses geförderten Projekts: „ Die Kinder spielen auf einem kleinen Feld und legen selbst genaue Regeln fest, an die sie sich halten müssen. Sie müssen sich selbst darum kümmern, dass es später auf dem Platz funktioniert. Das macht einerseits Spaß und gibt den Kids andererseits Selbstvertrauen - zum Beispiel auch für ihr Schulleben.“

Selbstbewusstsein und Mannschaftsgedanke wichtig für Kinder

Besonders die Tatsache, dass von den Kindern und Jugendlichen Straßenfußball gespielt wird, hat ihn dazu bewegen können, da er neben der sportlichen auch die gesellschaftliche Komponente berücksichtigt sehen möchte: „Absolut, genau darum geht es. Und es handelt sich vor allem um Kinder mit Migrationshintergrund. Das ist nach wie vor wichtig und wird immer wichtiger. Das Selbstbewusstsein und den Mannschaftsgedanken, den sie über den Sport kennen lernen und aufnehmen, den nehmen sie auch wieder in die Schule mit.“

„Sport hat mir für die spätere Entwicklung alles gegeben“

Auch Bobic ist nicht gerade in übermäßigem Luxus aufgewachsen. Er hat sich alles hart erarbeiten müssen und schaffte eine beeindruckende Karriere durch Fleiß und Talent. Allerdings registriert er auch, dass heute die Abwechslung für die Kinder deutlich größer ist: „Der Fußball hat mir alles gegeben. Ich habe es auf dem Bolzplatz gelernt, wir mussten alles selbst organisieren. Damals war es allerdings noch ein wenig anders. Wir hatten nicht so viele Verführungen in diesem Alter wie die heutigen Kids. Handys, Computer und so weiter... Im Fernsehen gab es damals drei Programme oder man ist nach draußen an die frische Luft gegangen. Und frische Luft bedeutete: Fußball oder auch mal Blödsinn machen. Sport war das Entscheidende, das hat mir für die spätere Entwicklung alles gegeben.“

„Moritz Leitner ist ein echter Straßenfußballer“

In der derzeitigen VfB-Mannschaft fällt ihm sofort ein Spieler auf, der den klassischen Typus des Straßenfußballers erfüllen kann. So nennt er den Neuzugang von Borussia Dortmund als diesen Spielertypus: „ Definitiv Moritz Leitner, das ist ein echter Straßenfußballer. Er hat ein sehr intuitives Verhalten auf dem Platz, er spielt frech auf. Zwar ist er nicht der Größte, aber er weiß, wie man er damit umgehen und seinen Körper einsetzen muss. Das lernst du nicht in der Schule, sondern beim Kicken auf dem Bolzplatz.“

„Der Verein hat seine eigenen Prioritäten“

Auch wegen finanzieller Zwänge möchte der VfB Stuttgart aus der Not eine Jugend machen und hat zahlreiche Talente im Kader, die auch zu genügend Spielzeit kommen. Bobic hat diese Entwicklung auch registriert, wenn er gegenüber „spox.com“ verraten hat: „Schon unter Bruno Labbadia wurde auf die Jugend gesetzt. Timo Werner kam unter Labbadia hoch, hat bei ihm sein Startelf-Debüt in der Europa League gegeben. Auch Antonio Rüdiger oder Benedikt Röcker aus dem aktuellen Kader. Thomas Schneider kennt die Spieler natürlich sehr gut, weil er Trainer im Jugendbereich war. Er kann sie besser einschätzen, so klappt der Sprung zu den Profis hoffentlich noch ein bisschen schneller.“ Mit Thomas Schneider ist ein Labbadia-Nachfolger bestellt worden, der zuvor in der eigenen Jugend als Coach gearbeitet hat. Bobic will aber nicht zulassen, dass sich die Schwaben an Vereinen wie Mainz, Freiburg oder Nürnberg orientieren. Vielmehr macht er deutlich, dass der Verein mit dem roten Brustring seine eigene Identität aufbauen möchte: „ Überhaupt nicht. Jeder Verein hat seine eigenen Prioritäten. Man muss überlegen: Was ist die richtige Maßnahme zum richtigen Zeitpunkt? Wir haben Thomas Schneider schon letztes Jahr nicht gehen lassen, obwohl er Angebote aus der Bundesliga hatte, wo er als Co-Trainer hätte arbeiten können. Stattdessen hat er bei uns einen Vierjahresvertrag unterschrieben - mit der Maßgabe, vielleicht irgendwann einmal in den Profibereich aufzusteigen.“ Über den gesamten Zeitraum war Ex-Profi ganz gewiss keine Option im Hinterkopf. Allerdings stellt Bobic klar, dass der Verein vom Werdegang Schneider absolut überzeugt gewesen ist: „ Nein. Aber er war immer ein Trainer, bei dem klar war, dass er seinen Weg machen wird - und das am besten beim VfB. Dabei geht es aber nicht nur um die Profiabteilung.“

„Die neue Trainergeneration spricht die Jungs auf eine andere Weise an“

In der Bundesliga hat ganz gewiss eine Entwicklung stattgefunden. Während in der Vergangenheit vermehrt auf erfahrene und kurz danach auf ausländische Trainer gesetzt worden ist, sind nun Nachwuchstrainer extrem begehrt. Bobic hat einen Grund dafür ausfindig machen können: „Ja, das liegt allerdings an der Trainergeneration, die sich jetzt entwickelt hat. Und an der Generation der Fußballer. Die neue Trainergeneration spricht die Jungs auch auf eine andere Weise an. Von einem möglichen Pragmatismus möchte er jedoch tunlichst nicht sprechen: „Nein, das ist eine Entscheidung von der wir zu hundert Prozent überzeugt sind.“

„Man muss versuchen, mit Bedacht die richtigen Worte zu finden“

Für Bruno Labbadia kam nach der enttäuschenden Niederlage beim FC Augsburg das Aus am Montag. Sonntags war bekanntlich das Schwabenderby, welches nach einer schwachen Vorstellung mit 1:2 verloren worden ist. Unmittelbar nach dieser schmerzhaften Niederlage ist Fredi Bobic vor die Mikrofone getreten und hat sich auffällig nicht eindeutig äußern können. Zu dieser Situation kann er nun folgendes berichten: „Wenn Sie ein Interview geben und die Dinge im Hinterkopf vielleicht schon wissen, dass man sich über die Situation Gedanken machen muss, dann ist doch klar: Man muss versuchen, mit Bedacht die richtigen Worte zu finden. Es war zwar eine enttäuschende Niederlage, aber in solchen Situationen muss man zuallererst einen klaren Kopf behalten und seine Strategie beibehalten.“

„Klopp lebt auch von seinen Emotionen“

Bei solchen Momenten möchte er die im Fußball oftmals propagierten Emotionen außen vor lassen, weil Entscheidungen zu treffen sind, die für den Verein eine enorme Tragweite haben werden. Dazu hat Bobic auch eine klare Meinung: „ Emotionen gehören zum Fußball dazu, sie gehören auf den Platz. Aber wenn man maßgebliche Personalentscheidungen trifft, darf man nicht auf seine Emotionen hören. Wenn man sich im Fußball nur von Emotionen leiten lässt, wird es schwierig. Dann flüchtet man sich in Aktionismus. Oder man landet zum Beispiel wie Jürgen Klopp auf der Tribüne.“ Seine Meinung zum emotionalen Ausbruch von Jürgen Klopp bei Borussia Dortmunds Champions League-Auftakt beim SSC Neapel hat er ebenso eine klare Meinung: „Mir war sofort klar, dass er runter muss. Im Europacup ist das anders als in der Bundesliga. Die europäischen Schiedsrichter greifen sehr schnell durch. Aber ich finde das gar nicht so weltbewegend. Klopp lebt auch von seinen Emotionen.“

„Torrichter braucht man nicht“

Zweischneidig ist seine Meinung über den vierten Offiziellen, der an der Seitenlinie steht: „Einerseits kann es beruhigend wirken. Andererseits gibt es auch Situationen, wo der vierte Offizielle seinen Teil dazu beiträgt, dass es unruhig wird. Im Europacup sind sie allerdings gar nicht erst ansprechbar. Mit denen kann man praktisch nicht reden, die wollen das auch nicht. Deshalb verstehe ich den Frust bei Klopp in dieser Situation. In der Bundesliga ist es eigentlich eher so, dass sie manchmal eher reden.“ An eine Provokation durch den Referee denkt er jedoch nicht unbedingt: „Man muss versuchen, das irgendwie zu lösen. Es hat oft mit dem Spiel wenig zu tun. Es gibt ja auch lustige Geschichten, zum Beispiel dass man sich gegenseitig Sprüche drückt. Aber es gibt auch heiße Situationen, wo auch mal übertrieben wird. Da sind alle gefordert, einen angemessenen und respektvollen Umgang zu pflegen.“ Der ehemalige Vollblutstürmer spricht sich klar gegen den Torrichter aus, wo er deutlich macht: „Die braucht man aus meiner Sicht nicht! Das habe ich schon häufiger in der Europa League gesagt. Dafür habe ich sogar schon einmal Strafe gezahlt, weil ich den einen Torrichter als Mickey Mouse bezeichnet habe.“

Quelle: spox.com
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: Fredo Bobic, VfB Stuttgart, Thomas Schneider, Bruno Labbadia, FC Augsburg
Datum: 21.09.2013 12:28 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-vfb-stuttgart-sportdirektor-bobic--„der-fussball-hat-mir-alles-gegeben“-7767.html


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