Tony Woodcock: „Ich sehe keine Krise im englischen Klubfußball“


Tony Woodcock darf getrost als Legende bezeichnet werden. In seiner Heimat England und auch in Deutschland, wo er von 1979 bis 1982 und von 1986 bis 1988 für den 1. FC Köln, sowie von 1988 bis 1990 für den Lokalrivalen Fortuna Köln gekickt hat. Zwischen 1982 und 1986 hat e für den englischen Spitzenklub FC Arsenal London gespielt, für die er beachtliche 56 Treffer erzielen konnte. Nun bekommt es sein Ex-Verein mit dem deutschen Rekordmeister FC Bayern München zu tun. Grund genug, um mit „sport1.de“ ein Interview über das heutige Aufeinandertreffen zu führen. Herausgekommen ist ein launiges Gespräch.

Bekanntlich hat der FC Bayern im Emirates-Stadion von Arsenal London mit 3:1 gewinnen können. Sehr souverän und spielstark präsentierte sich der deutsche Vorzeigeverein im Hinspiel. Über eine mögliche Schwachstelle hat Woodcock beim FC Bayern nicht unbedingt erkennen können. Eine kleine Chance für die „Gunners“ sieht er dennoch, wie er „sport1.de“ verraten hat: „Wenn jeder Spieler bei Arsenal seine Leistung bringt, können sie ganz gut spielen. Aber diese Leistung muss eben auch wirklich jeder Spieler bringen. Ein frühes Tor für die "Gunners" könnte Bayern noch mal nervös machen. Wenn das nicht gelingt, hat Arsenal keine Chance.“ Und er sieht den Teamgeist in der Verantwortung. Als ein mögliches Problem in dieser Spielzeit hat der ehemalige englische Nationalspieler bereits erkannt, dass die Konstanz in den Leistungen fehlt: „Es geht nicht nur um einzelne Spieler, die Mannschaft muss als Ganzes funktionieren. Das Hauptproblem von Arsenal in der Saison ist, dass die Konstanz fehlt und gute Leistungen nicht bestätigt werden. Im Moment hat Arsenal keine gute Phase, ist fast aus allen Wettbewerben ausgeschieden und in der Premier League ist man nur Fünfter und muss unbedingt noch auf den vierten Platz für die Champions-League-Qualifikation.“

Viel ist in den letzten Wochen und Monaten über ein mögliches frühes Ausscheiden von Arsene Wenger spekuliert worden, der seit 1996 schon auf der Kommandobrücke des Hauptstadtteams steht. Woodcock ist vomn einem frühzeitigem Ausscheiden nach dieser Spielzeit jedoch überhaupt nicht überzeugt, wie er deutlich macht: „Das denke ich nicht. Er ist im Moment sicherlich etwas enttäuscht darüber, dass es in den letzten Jahren nicht so gut gelaufen ist. Aber er verfolgt auch eine andere Philosophie als andere Manager in der Premier League.“ Vielmehr lobt er auch die Weitsicht im sportlichen und finanziellen Sektor, mit der der Franzose agiert und den FC Arsenal zu einem sehr gut geführten Verein gemacht hat, der im Gegensatz zu vielen anderen englischen Teams, nicht die eklatante Abhängigkeit zu einem Mäzen besitzt: „Für ihn sind auch die Finanzen wichtig, er kauft nicht nur teure Stars ohne Rücksicht ein. Arsenal ist wie der FC Bayern ein toll geführter Verein, auf und außerhalb des Platzes. Ich denke, dass Arsenal nicht weit davon entfernt ist, etwas zu gewinnen. Mit vielleicht drei zusätzlichen Führungsspielern, die schon etwas gewonnen haben, ist einiges drin für Arsenal in den kommenden Jahren. Denn die meisten Spieler bei den „Gunners“ haben noch keinen Titel gewonnen.“

In den letzten Jahren haben die englischen Mannschaften die europäischen Wettbewerbe mitbestimmt und konnten zusammen mit den Spaniern eine führende Position auf dem Kontinent erleben. Teams wie Manchester United, der FC Liverpool oder letztes Jahr Chelsea London konnten sogar die Champions League gewinnen. Wenn tatsächlich Arsenal nach dem heutigen Auftritt in der Münchener Allianz Arena ausgeschieden sein sollte, dann wäre dies für Woodcock noch lange kein Grund, um Trübsal zu blasen, wie er gegenüber „sport1.de“ deutlich macht: „Nein. Wir sehen jedes Wochenende tolle Spiele in der Premier League, die Nationalmannschaft ist auch wieder im Aufwind. Nur weil keine englische Mannschaft im Viertel- oder Halbfinale der Champions League dabei wäre, wäre das noch lange keine Katastrophe. Ich sehe keine Krise im englischen Klubfußball.“ Und er ist auch fest davon überzeugt, dass keine Staatskrise ausbrechen wird, wenn der Titel im wichtigsten Klub-Wettbewerb Europas gänzlich ohne englische Beteiligung ausgespielt wird. Dennoch erhofft er einen Lerneffekt durch dieses kollektive Scheitern: „Nein, es wird keine Tränen geben, es geht gleich weiter. Die Premier League bedeutet den Leuten in England alles. Aber man muss aus dem Abschneiden in der Champions League auch die Lehren ziehen. Man muss auch akzeptieren, wenn eine andere Mannschaft verdient weiterkommt.“ Und er bringt vielmehr den Faktor Zufall ins Spiel, wenn er über die jüngsten Ergebnisse der Teams von der Insel spricht. „Das gehört zum Fußball. ManUnited hatte gegen Real Pech mit der Roten Karte. Und: Chelsea hat die Champions League gegen Bayern als schlechtere Mannschaft gewonnen. Damals haben die Münchner eben ihren Vorteil nicht genutzt.“

Lukas Podolski war bei seinem Wechsel zum FC Arsenal im Sommer 2012 ein vielfach diskutiertes Thema. Beim FC Bayern München konnte er sich zwischen 2006 und 2009 nicht durchsetzen. Anders hingegen in seiner Zeit bei den „Gunners“, wo er es schon auf 13 Pflichtspieltreffer gebracht hat. Über die Entwicklung von „Poldi“ sagt der 57-Jährige: „Bei ihm war die große Frage, wo er im Arsenal-System seinen Platz finden soll. Beim 1. FC Köln hat er überall ein bisschen gespielt, hatte viele Freiheiten. Bei Arsenal gibt es aber andere Kaliber von Spielern. Als Linksfuß ist er für die linke Seite prädestiniert. Ich weiß aber nicht, ob er auf dieser Position total glücklich ist. Lukas ist kein typischer Mittelfeldspieler und auch kein Mittelstürmer, deshalb spielt er im Moment auf der linken Seite. Er schießt zwar das ein oder andere Tor, aber es sieht alles ein bisschen unbequem für ihn aus.“ Und er sieht noch weiteres Entwicklungspotential beim deutschen Nationalspieler: „Ich sehe die Umstellung auf den englischen Fußball als nicht so gravierend an, weil er bei Arsenal in einer Topmannschaft mit 15, 16 sehr guten Spieler zusammenspielt. Das Umfeld mit Stadt, Verein und Infrastruktur ist perfekt. Podolskis einzige Aufgabe ist es, auf dem Platz Gas zu geben. In seinem Alter kann er auch immer noch mehr dazulernen.“

Zwischen 2010 und 2012 hat der FC Bayern München zweimal das Finale in der Champions League erreichen können. Gegen Inter Mailand und dem FC Chelsea London hatte man jeweils das Nachsehen. Nun scheinen die Bayern aus den bitteren Finalniederlagen gelernt zu haben und sie präsentieren sich so stark wie lange nicht mehr. Deshalb sieht auch Fußballfachmann Woodcock den deutschen Vorzeigeverein als absolutes Spitzenteam: „Die Bayern haben im Hinspiel speziell nach dem Führungstreffer einen sehr kompakten und robusten Eindruck auf mich gemacht, obwohl Arsenal eigentlich ganz gut angefangen hat. Einer hat für den anderen gearbeitet. Es wird nicht viele Mannschaften geben, die gerne auf die Bayern treffen.“

Quelle: sport1.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: FC Bayern München; Woodcock; FC Arsenal London; Podolski
Datum: 13.03.2013 19:58 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-tony-woodcock--„ich-sehe-keine-krise-im-englischen-klubfussball“-4532.html


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