Reus wittert seine Chance


Immer mehr wird sein Name genannt, wenn es darum geht, wer als taugliche Offensivalternative herhalten könnte. Nach einer überragenden Bundesligasaison mit Borussia Mönchengladbach hat sich Marco Reus auch mit ansprechenden Trainingsleistungen ins Blickfeld von Joachim Löw gespielt. Mit seiner Dynamik, Technik und Torgefährlichkeit ist er dafür prädestiniert, dem deutschen Spiel noch mehr Klasse hinzuzufügen.

Bisher hat sich der 22-Jährige in den beiden Spielen mit einer Reservistenrolle zufrieden geben müssen. Im abschließenden Gruppenspiel gegen Dänemark könnte nun seine Chance kommen. Im Gespräch mit „dfb.de“ äußert er sich über sportliche aber auch private Themen: Sich selbst beschreibt er: „Ich bin ein offener Typ, der gerne auf die Menschen zugeht. Insgesamt versuche ich, das Leben so locker wie möglich zu nehmen. Aber ich weiß durchaus, wann es auch mal an der Zeit ist, sich zurückzunehmen und still zu sein. Ich kann durchaus sehr ernst sein, auch nachdenklich.“
Reus reflektiert viel, macht sich Gedanken über unterschiedliche Themen. Auch mit der besonderen Geschichte von Deutschland hat er sich auseinandergesetzt, wie er „dfb.de“ verraten hat: „Die Zeit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Ich fände es spannend, zu sehen, wie das Land wieder aufgebaut worden ist. Ich interessiere mich ja für Geschichte und speziell für die Deutschlands. Ich habe über diese Zeit während und nach dem Krieg viele Bücher gelesen und viel mit meiner Familie gesprochen.“
Im sportlichen Bereich ist er auch ganz offen und ehrlich. So erklärt er den Grund für die unglaubliche Ballbehandlung, die ihn für das technisch anspruchsvolle Kombinationsspiel in der Nationalmannschaft befähigt: „Es ist schon immer so gewesen, dass ich stets einen Ball bei mir hatte. Ich weiß gar nicht warum das so ist. Bälle ziehen mich magisch an. So war es schon, als ich noch ganz klein war.“
Mit sehr ungewöhnlichen Gegenständen hat er geübt, wie er zugibt: „Ich habe alles benutzt, was rund war. Egal was, Hauptsache, man konnte damit ein bisschen kicken. Das konnten dann auch Orangen und Äpfel sein.“
Der künftige Dortmunder ist ein bodenständiger Spieler, der seine Herkunft nicht vergessen hat. Beim Post SV Dortmund ist er fußballerisch und persönlich groß geworden. Trotz des Profidaseins hat er noch nicht vergessen, woher er kommt. Deshalb trifft er sich auch viele Jahre später mit seinen Kumpels aus Kindertagen und spielt gemeinsam Fußball. Reus erklärt diese tolle Geste: „Ich habe das Glück, dass ich mich mit vielen Mitspielern sehr gut verstehe. Aber auch außerhalb des Profifußballs nehme ich mir hin und wieder die Zeit, mit meinen Freunden zu kicken. Es ist seltener möglich, aber mir macht das heute noch genauso viel Spaß wie damals. Mir ist es wichtig, dass ich meine alten Freunde nicht verliere. Sie haben mich gekannt und gemocht, auch als ich nicht populär war. Sie wissen, wie ich ticke, sie verstehen meinen Humor, auf sie kann ich immer zählen. Diese Freundschaften bedeuten mir sehr viel.“
Der Offensivspieler ist jedoch auch ein Realist, der sein Potential richtig einzuschätzen weiß. Stets betont er, dass er keine zu hohen Ansprüche stellen möchte. Im Winter hat er als klares Ziel definiert, dass es ein Traum von ihm sein würde, an der EM 2012 teilnehmen zu können. Seine Gefühle auch dabei sein zu können, beschreibt er bei „dfb.de“: „Ich erlebe gerade mein erstes großes Turnier, das fühlt sich sehr gut an und ist eine große Erfahrung. Auf der einen Seite. Auf der anderen Seite bin ich natürlich traurig, dass ich bislang noch nicht zum Einsatz gekommen bin.“
Auch die Fachjournaille begeistert sich an den ungeheuren Fähigkeiten des Youngsters, der vom „kicker“ zum Spieler der Saison gewählt worden ist. Dazu meint Reus: „Im Vergleich zum Jahr davor habe ich mich in der vergangenen Spielzeit noch einmal gesteigert. Mein Ziel war es, mich immer weiter zu verbessern, das habe ich geschafft. Und natürlich bin ich in der Hoffnung zum Turnier gefahren, auch zum Einsatz zu kommen. Aber: Die EM ist noch lange nicht vorbei. Wenn ich meine Chance erhalte, will ich da sein. Deswegen gebe ich in jedem Training alles und versuche, mich beim Trainer immer aufs Neue anzubieten.“
Die ersten beiden Spiele hat Marco Reus mit der Ersatzbank Vorlieb nehmen müssen. Joachim Löw hat sich dazu entschieden, auf die gleiche Startelf und auf die gleichen Einwechselspieler zu setzen. Besonders Podolski und Müller haben auf den offensiven Außenpositionen bisher ihr früheres Potential noch nicht voll abrufen können. Reus gibt ehrlich zu, dass ein Reservistendasein für ihn Neuland bedeutet. Trotzdem versucht er sich in der Mannschaft unterzuordnen: „Fußball ist ein Mannschaftssport. Wenn einer meint, dass er, nur weil er nicht spielt, schlechte Stimmung verbreiten müsste, dann ist er hier Fehl am Platz. Aber das gibt es bei der Nationalmannschaft zum Glück nicht. Ich bin ja nicht der Einzige, der bislang noch nicht zum Zug gekommen ist. Hier ziehen alle an einem Strang. Und - wie gesagt - es liegt nicht in meinem Naturell, lange Trübsal zu blasen. Ich blicke nach vorne und hoffe, dass meine Chance noch kommt.“
Über eine mögliche Nominierung für die Sturmspitze hat er sich auch schon intensiv Gedanken gemacht. Bundestrainer Löw hat diese Variante ins Spiel gebracht, weil er die Vielseitig rühmt. Der Spieler selbst hätte nichts dagegen: „Heute weiß ich, dass meine Chancen dadurch nicht größer geworden sind. Aber damals konnte ich das nicht wissen. Ich weiß, dass ich ein vielseitiger Spieler bin, ich weiß, dass ich auf verschiedenen Positionen spielen kann. Mich hat diese Idee des Bundestrainers also nicht sonderlich überrascht. Ich habe ja auch in Gladbach schon mit Mike Hanke zusammen ganz vorne gespielt.“
Viel wird immer wieder spekuliert, dass nun gegen Dänemark seine Einsatzchance kommen muss. Im Training drängt er sich dafür regelrecht auf, wenn man den Eindruck trauen darf. Irgendwie ist er jetzt einfach dran, ohne überheblich zu klingen, denn solch ein dribbelstarker Akteur wäre gegen die defensivstarken Dänen perfekt, um die Abwehr zu knacken. Bescheidenheit ist Trumpf, wie er der verbandseigenen Homepage anvertraut hat: „Ich würde mich sehr freuen. Wir sind noch nicht durch. Dänemark hat gegen die Niederlande 1:0 gewonnen, dann gegen Portugal mit 2:3 verloren. Man darf die Dänen nicht unterschätzen. Wenn wir das Spiel gewinnen wollen, müssen wir wieder 100 Prozent geben. Sie haben ein spielstarkes Team - so wie fast alle Mannschaften bei dieser EM.“
Reus macht auch aus, dass er sich umfassend informiert. So erläutert er, dass er sich intensiv mit Fußball beschäftigt. Über das sportliche Niveau erklärt er: „Es ist sehr hoch. Mein Eindruck ist, dass der Fußball, der hier gespielt wird, total anders ist als das, was ich aus der Bundesliga kenne. Es ist auch anders als die Spiele in der Europa League oder der Champions League. Bei den großen Turnieren wird Fußball irgendwie anders gespielt. Das haben mir die Spieler, die diese Erfahrung schon haben, auch vorher gesagt.“
Konkret nennt er die Differenzen zwischen den verschiedenen Wettkämpfen: „Ein Unterschied ist, dass man in der Bundesliga überall attackiert wird. Egal, wo man den Ball hat, man wird sofort angegriffen. Das ist hier nicht der Fall. Hier warten die Gegner viel länger, bevor sie den Ballführenden attackieren. Und dann aber richtig. Ich bin gespannt, wie sich das anfühlt, wenn ich tatsächlich auf dem Platz stehe.“

Quelle: dfb.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: Deutschland; Dänemark; Löw; Reus
Datum: 17.06.2012 18:02 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-reus-wittert-seine-chance-1737.html


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