Podolski: „Toll, dass wir endlich in Danzig spielen!“


Das schönste Geschenk machte sich der Jubilar selbst. Mit seinem wichtigen Führungstreffer sorgte Lukas Podolski für gute Stimmung im DFB-Lager. Auch wenn letztlich der 2:1 Sieg zu einer echten Zitterpartie mutierte, so hat der Noch-Kölner mit einer couragierten Vorstellung einmal mehr die zahlreichen Kritiker eines Besseren belehrt. Mit 44 Treffern in 100 Länderspielen hat sich der Hochbegabte einen Platz in den Geschichtsbüchern des DFB gesichert. Im Gespräch mit „dfb.de“ gibt Poldi Einblick in sein Seelenleben und spricht auch über die sportlichen Ziele.

So teilt er der verbandseigenen Homepage mit, was er mit Bundestrainer Joachim Löw vor dem Dänemark-Länderspiel besprochen hat: „Das war nichts Besonderes. Es war das übliche Gespräch vor dem Spiel, wir haben uns nicht unterhalten, weil ich vor meinen 100. Spiel stand. Er hat mir gesagt, welche Aufgaben ich im Spiel gegen Dänemark zu erfüllen habe und was er generell von mir erwartet.“

Über seinen Jubiläumstreffer drückt er seine ganze Zufriedenheit aus. Dass er nun fünf Treffer mit dem schwächeren rechten Fuß erzielt hat, war eine weitere schöne Sache, die er sichtlich genoss. Nach dem Treffer sah man ihn wahrlich an, welch große Genugtuung er verspürte. Podolski beurteilt sein erstes EM-Tor wie folgt: „Ich freue mich sehr, dass ich mein 100. Spiel machen durfte. Darauf bin ich stolz, ich hätte nie gedacht, dass ich diese Zahl tatsächlich erreiche. Wir haben gewonnen, ich habe ein Tor gemacht, es war der perfekte Tag.“

“DFB.de“: Haben Sie während der Partie auf den Spielstand zwischen Portugal und den Niederlanden geachtet? Wurden Sie unruhig, als Cristiano Ronaldo zum 2:1 getroffen hat?
Podolski: „Ich habe das Ergebnis auf dem anderen Platz nicht registriert. Der Fokus lag klar auf unserem Spiel. Wir wollten gewinnen, das war das Ziel, alles andere haben wir ausgeblendet. Es kann nicht unserer Anspruch sein, dass wir vom Resultat eines anderen Spiels abhängig sind. Deswegen war es für mich völlig uninteressant, wie es bei dem anderen Spiel gestanden hat.“
Schon acht Jahre ist es mittlerweile her, dass „Prinz Poldi“ sein Länderspieldebüt feiern durfte. In Erinnerung schwelgend verrät er: „Ich war damals bei der U 21-EM. Uli Stielike war unser Trainer. Er hat mich und Bastian (Schweinsteiger, d. Red.) zu sich gerufen und uns gesagt: "hört mal, mich hat gerade Rudi Völler angerufen." Es war dann keine große Überraschung mehr, was er von uns wollte. Wir haben dann selber mit Rudi Völler gesprochen. Er hat uns gesagt, dass wir für den Nationalmannschaftskader der EM 2004 nominiert sind. So hat alles angefangen.“
Wenn man sich die Bilder aus dem Jahr 2004 näher betrachtet, dann wird klar, dass sich der kommende Arsenal-Spieler nicht nur optisch verändert hat. Nun übernimmt er mehr Verantwortung, ist mit 100 Länderspielen nun auch einer der erfahrensten Spieler im gesamten Kader. Auf die Frage, inwieweit er sich verändert hat, antwortet er: „Der Fußball hat sich verändert, und ich mich mit ihm. Wir haben im Jahr 2004 noch anders gespielt als wir heute spielen. Das Spiel ist schneller, wir spielen ein anderes System, meine Aufgaben auf dem Platz haben sich geändert. Die Vorbereitung auf die Spiele ist anders, die Regeneration nach dem Spiel ist anders. Ohne auf die Details einzugehen - alles ist viel professioneller geworden. In vielen Bereichen hat sich vieles geändert in diesen acht Jahren.“
Der berufliche Aspekt ist die eine Sache, die menschliche Entwicklung eine andere. Er gibt einen guten Einblick in seinen persönlichen Werdegang, wenn er „dfb.de“ sagt: „Auch als Mensch habe ich mich entwickelt. Damals war ich noch keine 20, in diesem Alter sieht man viele Dinge anders. Mittlerweile habe ich eine Familie, bin Vater geworden. Es ist doch klar, dass mich das hat reifer werden lassen. Mein Charakter ist aber immer noch der von damals.“
Schon drei Bundestrainer hat Podolski in seinen acht Jahren Nationalmannschaft miterlebt. Debütieren durfte er unter Rudi Völler, bevor er die Heim WM 2006 mit Jürgen Klinsmann als Teamchef erlebte. Seit 2006 ist Joachim Löw sein Bundestrainer. Der gebürtige Pole vergleicht die drei Nationaltrainer: „Rudi Völler habe ich leider nur kurz kennen gelernt. Es kam ja ziemlich schnell der Wechsel zu Jürgen Klinsmann. Und dann kam Jogi Löw. Ich bin bei der Nationalmannschaft eigentlich mit dem jetzigen Bundestrainer groß geworden. Wir kennen uns seit acht Jahren. Von ihm habe ich am meisten gelernt, er hat mir auf meinem Weg sehr viele Dinge mitgegeben. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis, es passt.“
Wie er zugibt, werden nicht exklusiv sportliche Sachen mit dem Bundestrainer besprochen. So werden auch private Befindlichkeiten mit Löw diskutiert: „Der Fußball steht im Vordergrund. Wir sind schließlich hier, um mit der Nationalmannschaft sportlichen Erfolg zu haben. Aber wir reden auch über andere Dinge: Wie es der Familie geht, ob zu Hause alles in Ordnung ist.“
Nach dem Dänemark-Spiel gab es einen prominenten Gratulanten. So wünschte „Uns Uwe“ Podolski alles Gute und beglückwünschte ihm zu einem tollen Spiel und einer beeindruckenden Karriere. Gewohnt kurz und prägnant schildert Podolski diese Begegnung: „Viel geredet haben wir nicht. Er hat mich umarmt, er hat mir gratuliert. Das war eine schöne Geste, über die ich mich sehr gefreut habe.“
Flapsig verglich Podolski bei der Pressekonferenz vor wenigen Tagen die Nationalmannschaft mit seinem Herzensverein, den 1. FC Köln. Verschmitzt ergänzte er, dass er sich in der Nationalmannschaft „sauwohl“ fühlt, was ihn jeder abnimmt. Seine Beziehung zum Team und Betreuerstab beschreibt Podolski im Gespräch mit „dfb.de“: „Die Nationalmannschaft ist wie eine Familie für mich. Ich hatte das Glück, dass ich immer wieder berufen wurde, ich war fast immer dabei, auch weil ich nie lange verletzt war. Und natürlich haben auch meine Leistungen gestimmt. Ich habe bei der Nationalmannschaft deswegen viele Turniere und viele Highlights erleben dürfen. Das schweißt zusammen. Mit vielen Menschen hier teile ich viele schöne Momente, Augenblicke, die ich nie vergessen werde.“
Immer wieder hat Podolski betont, dass in seiner Brust zwei Herzen schlagen. Deutsch und polnisch. Im polnischen Gleiwitz ist er geboren und viele Verwandte und Freunde wohnen in seiner alten Heimat. Wahrscheinlich hat er sich von allen Nationalspielern am meisten gefreut, dass nach der Vorrunde in der Ukraine nun endlich Spiele in Polen anstehen. Im September letzten Jahres war es ihm vergönnt in Polen spielen zu können. In einem Freundschaftsspiel mit der Nationalmannschaft. Nun bestreitet er ein EM-Viertelfinale in Danzig. Dieses Gefühl gibt er preis: „Drei Mal Ukraine, das reicht erstmal. Im Finale kommen wir dann gerne wieder dorthin zurück. Es ist toll für die Mannschaft, und natürlich ganz besonders für mich, dass wir nun in Danzig spielen.“
Die Beziehung zum EM-Gastgeberland ist wahrlich herzlich, wie er zugibt: „Mir liegen die Menschen in Polen am Herzen. Es war schon besonders, als sie mir das Ständchen gesungen haben. Das war außergewöhnlich, das war einfach super. Und ich habe mich riesig gefreut, dass meine Jugendmannschaft Meister geworden und aufgestiegen ist. Es stimmt, es läuft gut für mich derzeit.“
Ganz Polen trug am Samstag tiefe Trauer, als die Nationalmannschaft kläglich mit 0:1 gegen Tschechien verlor und frühzeitig aus dem Heim-Turnier ausgeschieden ist. Auch Podolski hat mächtig Emotionen gezeigt, wie er offen zugibt: „Es ist enttäuschend. Bei der Heim-EM hatte ich gehofft, dass das Team von der Euphorie über die Vorrunde hinaus getragen wird. Das war bei den letzten Turnieren nie der Fall, diesmal hatten sie eine wirklich gute Chance. Vor eigenem Publikum, mit einer Mannschaft, in der viele gute Spieler stehen. Ich hätte mich über ein Duell im Viertelfinale gefreut, hier in Danzig. Leider kommt es nicht dazu. Mir tut es leid für die Polen und die Spieler der polnischen Mannschaft. Aber das Land präsentiert sich gut. Alles ist bestens organisiert, die Stadien sind toll. Ich hoffe, dass der polnische Fußball trotz des frühen Ausscheidens langfristig von der EM profitieren wird.“
Der Offensivspieler macht auch Angaben zu den Kontakten, die er während des Turniers mit seinen Verwandten in Polen aber auch den Spielern des Gastgebers ausgetauscht hat. Dazu Poldi: „Hin und wieder hatte ich Kontakt, auch zu ein paar Spielern des polnischen Teams. Sie alle sind natürlich enttäuscht. Aber es hilft nichts, vorbei ist vorbei. Man ist letztendlich selber schuld. Wie groß die Chance war, werden die Spieler wahrscheinlich erst in ein paar Tagen realisieren. Aber ich bin zu weit weg, um analysieren zu können, welche Fehler gemacht wurden. Ich freue mich über uns. Wir haben es geschafft. Drei Spiele, drei Siege, das gab es bislang noch nicht.“
Podolski zeichnet aus, dass er wirklich vor jedem Gegner Respekt hat. Viele sprechen schon vom möglichen EM-Finale gegen Spanien. Nicht so „Prinz Poldi“, der die Vorzüge der Griechen herausstellt: „Die Griechen sind nicht ohne. Sie haben die Russen bezwungen, eine starke Mannschaft. Uns erwartet ein hartes Stück Arbeit, wir werden uns gut vorbereiten müssen. Sie werden uns alles abverlangen, ihre Stärken haben Sie in der Defensive, das stimmt. Unsere Aufgabe wird sein, dagegen ein Mittel zu finden.“

Quelle: dfb.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: Deutschland; EM 2012; Podolski; Polen; Griechenland
Datum: 19.06.2012 16:45 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-podolski--„toll--dass-wir-endlich-in-danzig-spielen-“-1749.html
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