Odonkor: „Für mich brach in diesem Moment eine Welt zusammen“


David Odonkor ist solch ein Spieler, der den schnellen Auf- und Abstiegs gleichermaßen erleben konnte. Er war vielleicht die Überraschung bei der Heim-Weltmeisterschaft 2006, als er ein tolles Turnier spielte und die entscheidende Vorlagezum 1:0-Vorrundensieg gegen Polen geben konnte. Davor konnte er 2002 Deutscher Meister mit Borussia Dortmund werden, die er dann im Sommer 2006 verlassen hat, um für ein gutes Einkommen bei Betis Sevilla zu spielen. Dort pflasterten jedoch massive Verletzungsprobleme seinen Weg, weshalb er nach einem kurzen Gastspiel in der Ukraine nun mit 29 Jahren seine Karriere beenden musste. Odonkor muss ehrlich gegenüber „DFB.de“ einräumen: „Es ging einfach nicht mehr.“

Odonkor: „Für mich brach in diesem Moment eine Welt zusammen“
Bild: dfb.de
„Froh, dass endlich Klarheit herrscht“

Zuletzt gab es für den 16-fachen-Auswahlspieler immerhin noch eine Anfrage aus der zweiten englischen Liga. Dies war für ihn jedoch keine Problematik gewesen: „Ich hatte immer Schmerzen. Das hätte keinen Sinn mehr gemacht." Nun hat er sich offenbaren können, dass er zukünftig eine Tätigkeit als Trainer anstreben wird. Über seine ersten Befindlichkeiten nach seinem Rücktritt kann er nun folgendes verraten: „ Einerseits gut. Ich bin froh, dass nach vielen Wochen und Monaten der Ungewissheit jetzt endlich Klarheit herrscht. Es ist eine Art von Befreiung. Andererseits muss ich mit der neuen Situation nun zunächst mal klar kommen. Ich habe Fußball gespielt, seit ich denken kann. Dann ist es nicht so einfach, eines Tages zu sagen, dass dieser Abschnitt vorbei sein soll.“

„Ich hatte immer wieder Schmerzen“

Nach diversen Verletzungen muss Odonkor nun auch ehrlich einräumen, dass das Karriereende doch tatsächlich die einzig richtige Entscheidung gewesen ist. Aus sportlicher Sicht hätte es noch tatsächlich die Option auf eine Weiterführung gegeben, wie er nun zugeben kann: „Sportlich ja. Es gab Anfragen zum Beispiel aus der zweiten Liga in England. Aber das hätte keinen Sinn gemacht. Ich habe Rücksprache mit meinen Ärzten gehalten. Da sind wir zum Entschluss gekommen, dass mein Körper das nicht mehr mitmachen würde. Ich hatte immer wieder Schmerzen.“

„Ich möchte ebenfalls gerne Trainer werden“

In all den Jahren hat er seine Begeisterung für das runde Leder nie verlieren können. Deshalb möchte er zukünftig im Trainerbereich arbeiten, wo er in seiner Heimat derzeit schon erste Erfahrungen sammeln kann: „Ich mache derzeit ein Praktikum beim SC Verl. Cheftrainer ist dort der Ex-Profi Andreas Golombek. Von ihm kann ich in jeder Hinsicht viel lernen. Ich möchte ebenfalls gerne Trainer werden. Dafür mache ich gerade meinen B-Schein. Ich bin froh und glücklich, dass es so gekommen ist. Außerdem habe ich nun viel mehr Zeit für meine Familie, besonders für meine kleine Tochter. Das genieße ich. Früher war ich wenig zu Hause, das kann ich jetzt nachholen.“ Und er beschreibt konkret, wie solch ein Praktikum für ihn aussieht: „Ich schaue mir alles ganz genau an, ich verpasse möglichst keine einzige Trainingseinheit. Und bei den Spielen in der Regionalliga West bin ich dann sowieso immer dabei. Ich helfe, wo ich kann. Verl hat eine recht junge Mannschaft. Da kann meine Erfahrung sicher nicht schaden.“

„Ich bekomme noch mal einen ganz neuen Einblick“

Zudem ist er noch in Steinhagen nahe Bielefeld aktiv, wo er sich der Jugendarbeit beim DFB-Stützpunkt intensiv widmet: „Ja, das ist ebenfalls ganz wichtig auf meinem Weg in den Trainerberuf. Es macht unheimlich viel Spaß, dort mit den talentierten Spielern zu arbeiten. Beide Seiten profitieren davon. Ich bekomme noch mal einen ganz neuen Einblick. Fachlich ist das Training wirklich auf höchstem Niveau. Und die Jungs dort finden es ganz cool, wenn ich dort auf dem Platz stehe.“ Über die häufig diskutierten Gesprächsthemen kann er ebenfalls einiges erzählen: „Natürlich war die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland ein ganz entscheidender Moment in meiner Karriere. Es war unbeschreiblich, als ich gegen Polen kurz vor Schluss eingewechselt wurde und dann praktisch in der letzten Minute den Siegtreffer durch Oliver Neuville vorbereitete. Auch die Begegnung gegen Argentinien war toll. Weniger erfreulich war dann das Ausscheiden im Halbfinale gegen Italien. Wir waren die bessere Mannschaft und hätten gewinnen müssen. Aber so ist Fußball manchmal.“ Die Erlebnisse bei der WM im eigenen Land solch eine wichtige Aufgabe übernehmen zu können, haben bei ihm ebenfalls echte Gänsehautatmosphäre einleiten können. Ohne Frage gibt er zu, dass besonders das Polen-Spiel ein absoluter Höhepunkt für ihn gewesen ist: „ Ja, das war ganz klar so. Es gibt nicht Größeres, als für das eigene Land zu spielen. Das ist schon eine Ehre und dann auch noch bei einem so wichtigen Turnier.“

Von Dieter Eilts aus dem U21-Aufgebot gestrichen

Über die damalige Situation bei seiner Nominierung kann er nun folgendes berichten: „Auf jeden Fall - obwohl ich vorher eine gute Saison gespielt hatte. In 33 von 34 Begegnungen stand ich für Borussia Dortmund auf dem Platz. Insgesamt war es dennoch kurios damals. Eigentlich sollte ich zur U 21-Europameisterschaft fahren. Dieter Eilts war damals Trainer dieser Mannschaft. Der rief mich dann frühmorgens an und sagte mir, dass ich nicht dabei sein werde. Er müsse mich aus dem Aufgebot streichen. Ich konnte es nicht glauben. Ich fragte immer wieder nach dem Grund, aber er rückte nicht raus mit der Sprache. Für mich brach in diesem Moment eine Welt zusammen.“

„Ich war vor der WM aufgeregt“

Die weiteren Minuten, die sich wie eine Ewigkeit für ihn anfühlten, schildert er ebenfalls. Der Überraschungseffekt war für ihn ohne Frage enorm: „ Drei Minuten später klingelte schon wieder mein Telefon. Ich wollte erst gar nicht rangehen, weil ich so enttäuscht war. Zum Glück habe ich es doch gemacht. Es war Bundestrainer Jürgen Klinsmann. Er teilte mir mit, dass ich bei der WM im eigenen Land dabei sein werde. Das war unfassbar. Später habe ich erfahren, dass ich schon länger ein Thema war. Aber die Verantwortlichen wollten nicht schon vorher die Karten auf den Tisch legen. Sie wollten diesen Überraschungseffekt.“ Über die weiteren Tage kann er nun ebenfalls relativ entspannt berichten, auch wenn die Anspannung bei ihm von enormer Natur als Novize gewesen ist: „Ich war aufgeregt und habe mit meiner Familie und meinem Berater darüber gesprochen. Ein oder zwei Tage später hat sich der gesamte Kader erstmals getroffen. Und dann ging das Abenteuer los. Der Rest ist ja bekannt.“

„Es war nicht immer leicht in Spanien“

Nach der Weltmeisterschaft ist er von Borussia Dortmund aus der Bundesliga für insgesamt fünf Jahre zu Betis Sevilla in die spanische Primera Division gewechselt. Dort gab es zahlreiche Verletzungen, die nicht besonders sensiblen, spanischen Zeitungen sprachen sogar häufig von „Glasknochen“, die bei Odonkor vorhanden sein würden. Sein Rückblick auf die damalige Zeit fällt nun etwas kritisch aus: „Es war nicht immer leicht. Ich war leider immer wieder mal verletzt. Aber insgesamt war es sehr positiv. Ich habe viel gelernt – ein neues Land, eine neue Mentalität. Das war sicher gut für meine Entwicklung. Ich habe immer alles gegeben. Ich kann mir keine Vorwürfe machen. Danach bin ich ja noch in die Ukraine gegangen. Das war eher durchwachsen. Ich bin froh, jetzt wieder in Deutschland zu sein. Ich freue mich auf all das, was jetzt kommen wird. Ich hatte eine tolle Zeit. Aber jetzt muss es wieder vorwärts gehen. Ich will nach vorne schauen, es beginnt ein neuer Lebensabschnitt.“

Quelle: dfb.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: David Odonkor, Deutschland, Betis Sevilla, Borussia Dortmund, SC Verl, Andreas Golombek
Datum: 24.09.2013 11:47 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-odonkor--„fuer-mich-brach-in-diesem-moment-eine-welt-zusammen“-7827.html


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