Nach 0:4 gegen Spanien. Aus Shakiras Sicht ist Irland der Sieger


Irgendwie kam Mitleid auf, wenn man sich im Stadion aus nächster Nähe die völlig überforderten Iren beim 0:4 gegen Spanien betrachtete. Man fühlte sich erinnert an das Aufwärmspielchen 5 gegen 2, wo stets Überzahl geschaffen wird. Eine richtige Chance hatten die sympathischen Kicker von der grünen Insel nicht. Nun ist die Euro schon nach einer Woche für die Trapattoni-Mannen vorbei. Immerhin gewannen die Fans das Duell auf den Rängen eindeutig. Shakira sah dies auch so.

Gänsehaut, absolute Emotionen packten auch den unsensibelsten Zeitgenossen, wenn er den mit Inbrunst gesungenen Melodien zuhören durfte. Nicht nur die uneingeschränkte Textsicherheit, sondern auch die ohrenbetäubende Lautstärke war einfach nur beeindruckend. Auch wenn die Mannschaft sich nicht als tauglich bewiesen hat, bei dieser EM eine entscheidende Rolle zu spielen, so gehören die irischen Fans mit ihrer Leidenschaft definitiv zu den Besten des Turniers. Für alle sollte jedoch das olympische Motto gelten: Dabei sein ist alles. Zumindest Shakira applaudierte mächtig Beifall. Ein anerkennender Beifall für eine tolle gesangliche Performance. Und die Kolumbianerin muss es schließlich wissen, denn sie ist seit Jahren schon eine erfolgreiche Sängerin.
Im sportlichen Sektor sah alles nicht ganz so positiv aus. An Kampfgeist und Engagement konnte man den Spielern keinen Vorwurf machen. Das Problem war, dass die größten Unterschiede bei diesem Turnier aufeinandergetroffen sind. Auf der einen Seite die spielerisch und technisch hervorragenden Spanier, die Iren gegenüberstanden, die vor allem kampf- und kopfballstark gewesen sind. Letztlich war die Passqualität und die Kombinationsfreudigkeit der Iberer für die Iren nicht zu verhindern, sodass ein einseitiges Spiel dabei herauskam. Trotzdem muss man den „Green Boys“ ein Kompliment machen, denn sie behielten durch ihren aufopferungsvollen Einsatz ihre Würde. Sie hatten die klare Absicht, dass sie einen ehrlichen Wettkampf bekamen, den sie mit einer aufrechten Haltung eindeutig verloren hatten.
Schon vor dem Spiel wurde in der Heimat gemunkelt, dass eine Niederlage klar einkalkuliert gewesen sei. So sagte etwa Carl O`Malley, ein Sportreporter der „Irish Times“ in seinem Live-Ticker: „Das spanische Team ist im Stadion angekommen. Unsere Chancen schwinden.“ Die Spieler dachten gewiss nicht so pessimistisch, denn sie suchten ihre Chance mit hohen Bällen.
Für ein Novum sorgte Giovanni Trapattoni, der die Startaufstellung bis kurz vor dem Spiel geheimgehalten hat. Bisher war es Usus in seiner vierjährigen Amtszeit gewesen, dass er diese schon am Vorabend des Spiels verraten hat. Der Trainer-Fuchs hat vor dem Spiel auch auf ein einseitig verlaufenes Champions-League-Finale 2012 gesetzt, wo der favorisierte Gastgeber nach klarer Überlegenheit letztlich doch noch verloren hat.
Lustig, wie die Iren nun mal eben so sind, versuchte O`Malley die Chancen auf einen Überraschungssieg möglichst humoristisch zu beziffern. So bloggte er: „Die Gründe für Optimismus finden locker auf einer Briefmarke Platz.“ Turniertradition scheint hingegen der abermals frühe Gegentreffer zu haben. Diesmal traf Torres bereits nach vier Minuten.
Immerhin konnte der parteiisch wirkende irische Sportreporter auch Gefallen am Spiel seiner Landsleute finden, denn er textete: „Irland kämpft. Aber so, wie es ein schwer getroffener Boxer tut, bevor er zu Boden geht.“ Über die berühmt-berüchtigte Spielweise der Spanier schreibt er von einem „Tiki-Taka-Albtraum rund um den irischen Strafraum.“ Einen richtigen Vorwurf kann man den Iren definitiv nicht machen, vielmehr mutierten die Spieler zu „Gefangenen unserer völlig übersteigerten Erwartungen.“
Besonders beeindruckend war eine Situation nach Spielende, als sich Maestro Trapattoni vor den Spaniern verbal verneigte. Er war sichtlich beeindruckt vom Spiel des Welt- und Europameisters. Davor konnte er ab der 88. Minute auch ein bereits erwähntes anderes Schauspiel miterleben. Fast alle irischen Fans erwiesen sich, der Niederlage zum Trotz, als extrem sangesfreudig und stimmten die Fields of Athenry an, die von einem Getreidedieb in Hungerszeiten geht. Auch Erfolgscoach Vicente del Bosque zeigte sich wirklich beeindruckt von dieser hochemotionalen Aktion, als er dazu sagte: „Damit haben uns die Iren gezeigt, worum es im Sport wirklich geht.“ Die „Irish Times“ bewies auch nach dieser Lobpreisung extreme Zurückhaltung, indem sie bilanzierte: „Das Lied war ein Salut an sie – die Anerkennung dessen, dass in einem Stierkampf der Torero gewinnt.“ Womit irgendwie auch alles gesagt worden wäre, zu diesen beeindruckenden Iren, die uns noch lange in Erinnerung bleiben werden.

Quelle: zeit.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: EM 2012; Trapattoni; Irland; O'Malley; del Bosque
Datum: 17.06.2012 19:06 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-nach-0-4-gegen-spanien--aus-shakiras-sicht-ist-irland-der-sieger-1739.html
Vorheriger Artikel:
» Die großen Ziele des Mario Gomez


Kommentare

Die Kommentar-Funktion wird momentan überarbeitet und ist in Kürze wieder verfügbar!

Für diese News ist leider noch kein Kommentar vorhanden.

Für den Inhalt des Kommentars ist der Autor verantwortlich. Die Kommentare spiegeln nicht die Meinung von 3-liga.com wieder.



Diese 3. Liga News könnten Sie ebenfalls interessieren


Demnächst bekommen Sie die News auch als Homepagetool für Ihre eigene Webseite.
Sie möchten auch News für 3-liga.com schreiben? Dann werden Sie Fan-News-Schreiber. Mehr Informationen dazu bekommen Sie hier.