Lothar Matthäus: „Für mich ist die Bundesliga die stärkste Liga der Welt“

Es besteht ganz gewiss überhaupt kein Zweifel, dass Lothar Matthäus ein absoluter Fußball-Fachmann ist. Der 52-jährige Rekordnationalspieler hat stattliche 464 Partien in der deutschen Bundesliga absolviert und ist darüberhinaus mit beeindruckenden 150 Länderspielen für Deutschland Rekordnationalspieler. Sicherlich hat er auch wegen seines teils polarisierenden Privatlebens mit jüngeren und wechselnden Partnerinnen für etwas Unruhe gesorgt. Dies war ganz gewiss auch ein entscheidender Grund, warum er trotz seiner beeindruckenden Spielervita noch keinen Trainerjob in Deutschland erhalten hat. Heute beginnt bekanntlich die UEFA-Champions League auch für zwei deutsche Teams. Grund genug, damit Matthäus sich über die Chancen der Bundesligisten im wichtigsten Vereinswettbewerb der Welt umfassend äußert. Im Gespräch mit „Sport1.de“ tut er dies ausreichend.

„Die Champions-League hat ihren besonderen Reiz“

Am heutigen Dienstag beginnt die Champions League. Aus Deutschland sind Bayer Leverkusen und Bayern München mit von der Partie. Während sein Ex-Verein FC Bayern ein Heimspiel gegen den russischen Vertreter ZSKA Moskau zu bestreiten hat, bekommt es Bayer Leverkusen mit einem Auswärtsspiel bei Manchester United zu tun. Zwischen 1994 und 2000 hat Matthäus für den FC Bayern in diesem Wettbewerb seine Erfahrungen machen dürfen und lobt diesen einzigartigen Wettbewerb: „Die Champions League hat ihren besonderen Reiz, da wird die beste Mannschaft der Welt gesucht und das ist Ansporn genug. Richtig kribbeln tut es für mich aber erst, wenn es in die K.o.-Spiele geht. In der Gruppenphase kann man jedes Spiel immer noch ausgleichen. Die K.o.-Runde ist das Prickelnde in der Königsklasse. Wenn es so Spiele gibt wie letztes Jahr das Halbfinale Barcelona gegen Bayern, dann ist das für mich die richtige Champions League.“

„Der deutsche Fußball wird den internationalen überholen“

In der abgelaufenen Champions-League-Saison gab es bekanntlich zum ersten Mal in der Historie mit dem Duell zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München ein rein deutsches Endspiel im Londoner Wembleystadion. Nun bewertet er die Machtverhältnisse wie folgt: „Wir machen es uns zu einfach, wenn wir von einer Machtverschiebung sprechen. Von der habe ich schon vor fünf Jahren gesprochen. Ich verfolge den internationalen Fußball und damals habe ich schon gesagt, dass der deutsche Fußball den internationalen überholen wird. Für mich ist die Bundesliga die stärkste Liga der Welt, stärker noch als die englische, weil sie ausgeglichener und reizvoller ist. Der deutsche Fußball ist aufgrund der Arbeit in den letzten Jahrzehnten ganz oben und da gehört er auch hin - und das nicht nur aufgrund des Finales im letzten Jahr.“ Allerdings macht Matthäus auch deutlich, dass diese starken Leistungen nun auch weiterhin bestätigt werden müssen: „Wir sehen immer nur das deutsche Finale, ich sehe generell das Gesamtpaket Bundesliga. Das Finale war eine Momentaufnahme, die nun bestätigt werden muss. Ich sehe die Qualität unserer Mannschaften, wie professionell gearbeitet wird und deswegen bin ich überzeugt, dass die Bundesliga international wieder da ist, wo wir vor langer Zeit mal waren. Auch, wenn es diese Saison nicht zu einem Titel reichen sollte.“

„Im deutschen Fußball stimmt es gerade generell“

Auch wenn sich der gebürtige Franke grundsätzlich von der beachtlichen Entwicklung der deutschen Mannschaft überzeugt ist, so kann er sich ein rein deutsches Finale nur äußerst schwer vorstellen, wie er wie folgt begründet: „Möglich ist alles, aber wir sind jetzt nicht so weit oben, dass keiner an uns heran kommt. Im deutschen Fußball stimmt es aber gerade generell, jedoch wird es schwer wieder ein rein deutsches Endspiel zu haben. Die anderen Vereine in England, Spanien und Italien schlafen nicht. Die dortigen Klubs haben viel investiert, es ist eine starke Konkurrenz da und man braucht auch etwas Glück wie es letztes Jahr der BVB gegen Malaga oder gegen Madrid in den letzten Minuten hatte. Es wäre vermessen zu sagen, dass zwei deutsche Mannschaften wieder ins Finale kommen.“

„Die Bayern haben die Messlatte extrem hoch gelegt“

Mit den Titeln in der Champions League, in der Meisterschaft und im DFB-Pokal konnte Bayern als erster deutscher Triple-Sieger in der ruhmreichen Geschichte des Vereins glänzen. In der bisherigen Spielzeit konnte das Team unter dem neuen Trainer Pep Guardiola noch keine Glanzleistungen zeigen. Besonders das 1:1-Unentschieden beim SC Freiburg vor drei Wochen stört ein wenig. Matthäus hat gewisse Umstellungsprobleme unter dem neuen Trainer bereits erkennen können: „Die nackten Zahlen mit 13 Punkten zeigen einen guten Start. Bei Dortmund lief es mit 15 Punkten ideal. Aber die Bayern haben die Messlatte auch extrem hoch gelegt und die Erwartungshaltung bei den Fans war riesengroß, nicht nur die Spiele zu gewinnen, sondern auch Galas zu sehen. Das ist zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht möglich, weil mit Pep Guardiola ein neuer Trainer aus einer anderen Fußball-Kultur kam.“

Barcelona-Stil kann man nicht ein zu eins verpflanzen

Zugleich weiß Matthäus ebenso, dass die Spielweise des FC Barcelona auch nicht ohne größere Probleme zum FC Bayern München transportiert werden kann. Er nennt Gründe dafür: „Er hat einen Fußball im Barcelona-Stil mitgebracht, der in Spanien von Kindesbeinen gespielt wird. Mittlerweile hat Guardiola sehr viel Barca nach München gebracht, doch das kann man nicht eins zu eins verpflanzen. Es ist normal, dass er seinen zukunftsorientierten Weg gehen will, aber das braucht seine Zeit. Das hat in Barcelona Jahre gedauert. Natürlich strahlt der FC Bayern nach fünf Spielen noch nicht diese Souveränität und Sicherheit aus, aber wer das erwartet hat, der versteht nichts vom Fußball.“

„Man kann sich auf einen spannende Meisterschaft freuen“

Borussia Dortmund hat fünf Siege am Stück hinlegen können und grüßt mit nunmehr 15 Punkten von der Tabellenspitze. Besonders der jüngste 6:2-Sieg über den Hamburger SV war eine Demonstration vom modernen Fußball. Matthäus möchte die Situation jedoch ein wenig relativieren, denn auch er weiß, dass Dortmund nur ein wirklich überzeugendes Spiel bisher absolviert hat: „Auch Dortmund sollte man jetzt nicht überbewerten. Die haben in den ersten vier Spielen auch nicht überragend gespielt, erst gegen Hamburg gab es das erste Highlight. Was aber für die Bayern gefährlich ist: Der BVB gewinnt jetzt die Spiele, wo sie letztes Jahr Punkte gelassen haben. Der Gala-Auftritt gegen Hamburg ist natürlich nicht schlecht für das Selbstvertrauen, weil da wieder diese BVB-Offensiv-Maschine da war. Das fasziniert uns Fußballfans. Man kann sich auf eine spannende Meisterschaft freuen. Dortmund ist auf Augenhöhe mit den Bayern, weil man sich auch in der Breite verstärkt hat.“

„Dortmund hat top eingekauft“

Ende April ging ein großer Aufschrei durch Fußball-Deutschland im Allgemeinen und durch Dortmund im Speziellen. Durch den Weggang von Mario Götze, der für die festgeschriebene Ablösesumme von 37 Millionen Euro zum Erzrivalen Bayern München gewechselt ist, sahen viele den BVB enorm geschwächt. Nun spricht von diesem Weggang jedoch kaum noch jemand, da die Qualität durch die drei Neuzugänge enorm gesteigert worden ist, was auch Matthäus so sieht: „Sie haben top eingekauft und die Neuzugänge wurden sehr schnell integriert und sie werden noch besser. Gegen Hamburg fehlten mit Ilkay Gündogan, Lukasz Piszczek und Jakub Blaszczykowski drei wichtige Spieler der letzten Jahre und daran sieht man die neue Qualität der Dortmunder. Diesen qualitativ breiteren Kader hatte letztes Jahr der FC Bayern und da hat Dortmund jetzt aufgeholt. Deswegen traue ich dem BVB dauerhaft auf hohem Niveau zu spielen - in der Meisterschaft und in der Champions League.“

„Es bestehen gute Chancen, dass alle vier deutschen Vereine weiterkommen“

Bayer Leverkusen und Schalke 04 haben auch schon einmal in der Champions League für echte Furore sorgen können. Beide Mannschaften besitzen jedoch nach Ansicht des Sky-Experten definitiv die Möglichkeit, sich für das Achtelfinale qualifizieren zu können: „Leverkusen spielt seit Jahren auf einem hohen Niveau. Ihnen wird nicht der ganz große Wurf gelingen, denn sie haben eine starke Gruppe erwischt. Schalke hat es da leichter auf dem Weg in die nächste Runde. Leverkusen muss sich aufgrund der Qualität nicht verstecken und ist vor allem zu Hause eine Macht, das müssen sie in den Gruppenspielen beweisen. Es bestehen gute Chancen, dass alle vier deutschen Vereine weiterkommen.“

„Es wird eine Champions League zwischen der englischen, der deutschen und spanischen Liga“

Lothar Matthäus hat ebenso eine genaue Vorstellung über die Titelkandidaten für den Champions-League-Titel 2014, der in Lissabon ausgespielt wird: „Es sind ja immer wieder die gleichen Namen. Es wird eine Champions League zwischen der englischen, der deutschen und spanischen Liga. Bayern und Dortmund, Manchester United, Chelsea, Real Madrid und Barcelona sowie Juventus sind top, aber auch bei einigen anderen Teams muss man aufpassen. Da denke ich an Paris Saint Germain, Atletico Madrid oder den SSC Neapel. Eine Überraschung könnte der FC Porto sein. Ich freue mich, dass es wieder losgeht.“

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