Lothar Matthäus: „Spanien als Weltmeister würde mich überraschen“


Mit seinen 150 Länderspielen ist Lothar Matthäus Rekordhalter in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Mittlerweile ist der letzte deutsche Weltfußballer 52 Jahre alt und arbeitet als Experte für den TV-Sender Sky. Am kommenden Samstag tritt er mit einer Weltauswahl im Kölner RheinEnergieStadion an. Vor wenigen Wochen hat der gebürtige Franke einen Legenden-Klub gegründet. Mit dem „Express“ sprach er über verschiedene private und auch sportliche Themen.

Lothar Matthäus: „Spanien als Weltmeister würde mich überraschen“
Bild: dfb.de
Gründe für seine Beliebtheit im Ausland

So kann er die Entwicklung zur Fußball-Legende wie folgt beziffern: „Eine Legende wirst du durch besondere Leistungen, die du auf dem Platz – über die Grenzen hinaus – gebracht hast. Indem du Titel gewinnst.“ Auffällig ist sicherlich auch die Tatsache, dass sein Ansehen im Ausland deutlich größer ist, als in seinem Heimatland Deutschland. Den möglichen Grund dafür nennt er wie folgt: „Wenn Ihr türkischer Freund vor dem Treffen mit mir zu Ihnen sagt: Schöne Grüße an Matthäus, er war unser bester Spieler, dann freut mich das sehr. In Deutschland sind Privatgeschichten, die im Ausland niemanden interessieren, für die Öffentlichkeit wichtiger als das Geleistete in der Vergangenheit.“

„Ehrgeiz und Emotionen sind bei allen da“

Besonders gegen die Erzrivalen gibt es stets hochinteressante Legendenspiele. So berichtet der Initiator des samstäglichen Spiels zwischen einer Auswahl von ehemaligen Nationalspielern aus Deutschland gegen ein Team mit ehemaligen Bundesliga-Legionären folgende Reaktionen von ähnlichen Partien in der Vergangenheit: „Alle sind begeistert. Wir hatten schon tolle Spiele gegen Italien und Holland. Da ging es richtig ab. Der Ehrgeiz und die Emotionen sind bei allen da. Gegen Holland musste ich die deutschen Spieler zurückhalten, sonst wären sie dem Schiri an den Kragen gegangen. Die Spiele haben auch noch Tempo! Das ist nicht wie das Spiel Deutschland gegen Italien 1970. Die zwei Spiele haben uns gezeigt, dass die Idee ankommt. Nun sind wir in Köln. Ich freue mich!“

„Das Trikot hat etwas Besonderes“

Viel Kritik gab es für das neue, deutsche WM-Trikot. Matthäus macht deutlich, dass er sich von diesem neuen Exemplar durchaus begeistert zeigt, wenn er sagt: „Mir gefällt das deutsche Trikot. Es ist eben zeitgemäß. Meine Eltern würden es sich nicht kaufen, mein Sohn schon. Es hat etwas Besonderes.“

Die sinkende Wichtigkeit der Rückennummer 10

In seiner mehr als zwei Jahrzehnten langen Karriere hat Matthäus stets das Trikot mit der Nummer 10 getragen. Der ehemalige Trainer erinnert sich: „Bevor ich zu Inter Mailand wechselte, habe ich mit der 8 gespielt. Dann bekam ich die 10 von Trapattoni. Es war im ersten Trainingslager. Die 8 gehörte Nicola Berti, die 6 war auch vergeben. Da gab er mir die 10. Ich sagte: Nein, Maestro. Ich bin kein Overath, Netzer, Maradona, Platini. Er sagte: Du bist genauso wichtig für mich. Heute gibt es Spieler, die die Nummer 58 auf dem Rücken tragen...Das ist heute anders. Du hast nun mal bis zu 30 Spieler im Kader. Felix Magath hat vielleicht 50. Da braucht ja jeder seine Nummer.“

„Auf Poldis Position ist ein harter Kampf“

Derzeit hat Kölns großes „Fußball-Idol“ Lukas Podolski in der deutschen Nationalmannschaft das Trikot mit der Rückennummer 10. Matthäus macht deutlich, dass die Bedeutung dieses Trikots abgenommen hat: „Ich glaube, ein Özil oder Götze sind gar nicht heiß drauf. Die Nummer hat auch an Bedeutung verloren. Wenn früher einer die 10 hatte, war das was Spezielles. Und das ist jetzt eben Podolskis Trikot. Die Nummern sind vergeben. Diejenigen, die länger dabei sind, behalten sie. Sonst würde ja nur Unruhe geschaffen. Aber gerade auf Poldis Position ist es ein harter Kampf: Schürrle hat überragend gespielt, Reus ist einer der Besten, die wir haben. Draxler gehört die Zukunft. Und Götze kann auch dort spielen. Aber Löw steht zu Podolski. Das hat er auch in Zeiten gemacht, als er nicht seine Form hatte. Löw weiß: Er hat im Nationalteam immer seine Tore gemacht. Das ist sein großes Plus.“

„Heutzutage braucht jeder Spieler einen eigenen Zeugwart“

In den letzten Jahren hat der extreme Torjubel wahrlich Überhand genommen, wo immer wieder neue kreative Ideen verwirklicht werden. Matthäus hat keine allzu hohe Meinung von solchen Gesten, wie er dem „Express“ verraten hat: „Ich komme aus einer Generation, bei der mit schwarz-weißen Schuhen gespielt wurde. Heutzutage braucht jeder Spieler einen eigenen Zeugwart. Wenn man ein Tor macht, soll man sich freuen. Aber heute habe ich das Gefühl, dass die Jungs mehr daran interessiert sind: Wo sitzt mein Schatz jetzt da oben?“

„Im Verhältnis zu früher sind die Jungs brav“

Die deutsche Mannschaft hat seit der WM 2006 stets das Halbfinale eines großen Turniers erreichen können. Bei der EM 2008 gelang sogar der sensationelle Einzug ins Finale, was gegen überlegene Spanier jedoch verloren gegangen ist. Seit 1996 wartet das DFB-Team auf einen Titel. Matthäus hat erkannt, dass ein Spieler im deutschen Team gefehlt hat, der auch dem Gegner Respekt einflössen kann und Grenzen aufzeigt. Zu seiner Zeit war dies anders, wie er gegenüber dem „Express“ deutlich macht, wenn er sagt: „Nehmen wir das EM-Halbfinale Deutschland gegen Italien in Warschau 2012. Gegen Italien hat jeder erwartet, dass einer auf dem Platz was tut. Aber es ist von keinem was gekommen. Einer hätte dem Balotelli zeigen müssen: Jetzt hast du uns zweimal verarscht, jetzt ist es vorbei! Das haben wir uns aber irgendwo gefallen lassen. Das haben wir früher, nicht nur ich, auch Typen wie Rudi Völler, anders gehandhabt. Da waren einige Sauhunde drin. Da musst Du dir eine Gelbe Karte einhandeln, um ein Zeichen zu setzen! Im Verhältnis zu früher sind die Jungs brav. Aber von der Breite des Kaders her gibt es keine bessere Mannschaft. Auch Brasilien nicht. Auch Spanien nicht. Die sind über ihrem Zenit. Ich glaube, dass die Wachablösung da ist. Spanien als Weltmeister würde mich überraschen. Ich hoffe, dass unsere Mannschaft aus den Niederlagen der letzten großen Turniere gelernt hat.“

„Wenn eine gute Perspektive als Trainer kommt, würde ich auf die Bank gehen“

Nach seinem Karriereende 2000 war er in Belgrad, Wien, Paranaense, Salzburg und zuletzt Netanya als Vereinstrainer aktiv. Auch die Nationalmannschaften von Ungarn und Bulgarien hat er trainieren können. Derzeit scheint er mit seinem Job als Experte hochzufrieden zu sein. Allerdings will er mit einer Rückkehr ins Trainergeschäft keineswegs völlig abschließen; „Ich bin zufrieden mit meinem Job als Sky-Experte im TV. Wenn eine gute Perspektive als Trainer kommt, würde ich auf die Bank gehen. Aber die gab es in den letzten Jahren einfach nicht. Natürlich hat man im Leben ein paar Fehler gemacht, natürlich sagt man sich im Nachhinein: Musste ich diesen Job machen, musste ich diese Ehe führen? Was ich mir dabei vielleicht vorwerfen muss: Ich habe zu schnell Ja gesagt. Aber ich schaue nach vorne. Und ich merke, dass mir die Leute, wohin ich auch komme, freundlich gegenübertreten.“

Quelle: express.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: Lothar Matthäus, Deutschland, Lukas Podolski, Mesut Özil, Mario Götze
Datum: 14.11.2013 10:55 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-lothar-matthaeus--%84spanien-als-weltmeister-wuerde-mich-ueberraschen%93-8908.html


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