Lattek fordert: Guardiola muss sich zusammenreißen und Deutsch lernen


Udo Lattek ist zweifelsfrei ein überaus erfahrener Trainer, der eine Gemeinsamkeit mit Bayerns neuem Trainer Pep Guardiola offenbart. Er hat sowohl den FC Bayern München als auch den FC Barcelona trainiert und konnte mit beiden internationalen Spitzenvereinen große Erfolge erzielen. Im Gespräch mit der „Abendzeitung München“ erklärt der meinungsfreudige, ehemalige Sport1-Experte, was für Chancen und Risiken diese Personalie für den spanischen Trainer und auch dem FC Bayern bringen kann.

So beurteilt er die Verpflichtung des spanischen Star-Trainers durchaus positiv: „Ich freue mich, auch wenn ich ihn persönlich nur vom ,Guten Tag' sagen kenne. Erstmal muss ich sagen: Von der Optik macht er doch einen guten Eindruck – das ist doch für die Damenwelt in München auch nicht so unwichtig.“ Jedoch sind für Lattek nicht nur die optischen Reize des Trainers von einer großen Bedeutung. Auch fußballfachlich besitzt der 42-Jährige große Fähigkeiten, die sich eindrucksvoll mit 14 Titeln in vier Jahren beim FC Barcelona dokumentieren lassen: „Um Ihnen klarzumachen, was dieser Transfer bedeutet: Als mich meine Tochter letzte Woche angerufen und mir das erzählt hat, konnte ich das erst nicht glauben. Eine große Überraschung!“

Die Einzigartigkeit dieses besten Trainers der Welt hat den 78-jährigen Lattek tief beeindruckt, wie er auch gegenüber der „Abendzeitung“ erklären kann: „Wenn man als Verein wie der FC Bayern so einen Trainer mit solchen fachlichen Voraussetzungen bekommen kann, muss man das machen. In Deutschland gibt es auch sehr gute Trainer, aber keinen wie ihn. Ein exzellenter Mann, der das Niveau der gesamten Mannschaft heben wird. Ein weiteres Plus: Guardiola trägt das gesamte Wissen der Barça-Schule in sich. Davon wird der FC Bayern bis in den Jugendbereich hinein noch Jahre profitieren. Dennoch sehe ich auch Risiken.“

Die Gefahr oder die Risiken sind in den letzten Tagen von vielen so genannten Experten auch nur allzu häufig thematisiert worden. Besonders häufig ist erwähnt worden, dass Guardiola bis auf die Zeit beim katalanischen Spitzenverein bei keinem anderen Klub aktiv gewesen ist: „Erstens: Guardiola hat noch nie bei einem anderen Verein als Barça gearbeitet – das wird also schon mal interessant. Zweitens bei der Zusammenstellung des Stabes, den er mitbringen möchte, könnte es Ärger geben – siehe Klinsmann oder van Gaal, die ja eine ganze Kompanie mitbrachten. Ansonsten denke ich, dass die Sprache der Schlüssel ist. Das birgt ein Risiko. Ich habe gehört, er spricht Spanisch, also Katalanisch, Italienisch und Englisch. Und Deutsch als Sprache ist nicht so einfach zu lernen. Ich hoffe, er hängt sich da richtig rein.“

Auch die Tatsache, dass der ehrgeizige Trainer offensichtlich schon seit einem halben Jahr die Sprache lernt, kann Lattek nicht richtig beruhigen, denn er weiß welche Eigenschaften Katalanen besitzen. Auch Beherrschung der deutschen Sprache stellt für den erfahrenen Trainer ein ganz wichtiges Kriterium dar. Seine Erfahrung kann Lattek realistisch einschätzen, denn er hat zwischen 1981 und 1983 immerhin zwei Jahre beim spanischen Weltklub trainieren lassen. Deshalb sieht er besonders die Sprachbarriere als eine Problematik an: „Die Katalanen sind sture Leute, das kann ich Ihnen sagen. Ich hatte Mühe, meine Ideen und Konzepte zu vermitteln, da ich anfangs kein Spanisch beherrschte. Wenigstens hatte ich in der Schule sechs Jahre Latein und konnte einiges ableiten. Ich wollte damals nicht mit einem Dolmetscher arbeiten und habe denen gesagt: in ein paar Wochen kann ich Spanisch. Da waren die ganz baff, als ich meine erste Ansprache im Camp Nou auf Spanisch gehalten habe.“

Ähnlich verlief dies auch bei Giovanni Trapattoni, der in seiner ersten Zeit beim FC Bayern München zuviel Defizite mit der deutschen Sprache hatte als tatsächlich seine großartigen Fähigkeiten als Trainer anwenden zu lassen: „Damals habe ich Trap getroffen, er sagte mir: 'Udo, ich werde schon mit der Sprache zurechtkommen.' Leider ein Trugschluss. Es hat nicht funktioniert. Für einen Trainer ist es wichtig, die Scheu abzulegen. Man muss mit den Spielern unter vier Augen sprechen können, Inhalte und Anweisungen erklären können.“

Lattek gilt als ehrlich und knallhart. Deshalb ist es auch nur allzu verständlich, wenn er gegenüber der „Abendzeitung“ eine klare Forderung an den neuen Hoffnungsträger des FC Bayern München stellt und klarstellt: „Guardiola muss sich zusammenreißen und Deutsch pauken! Es gibt viel Arbeit. Man kann sich auch mit einem Mann seiner Klasse die Finger verbrennen. Am Ende geht es wie bei jedem Bayern-Trainer nur um den Erfolg. Wenn der ausbleibt, droht selbst ihm Ärger. Aber sie werden gemeinsam viel erreichen.“

Besonders schwierig ist die Personalie vom derzeitigen Bayern-Trainer Jupp Heynckes zu bewerten, der von einigen Kritikern schon als „lame duck“ gesehen wird. Eine völlig falsche Einschätzung wie Lattek findet, der vor allem auch den enormen Erfahrungsschatz vom 67-jährigen Trainer rühmt und dies als klaren Vorteil ansieht: „Jupp hat so viel Erfahrung, er wird das schaukeln. Wir waren nicht immer einer Meinung, haben sie uns aber dann auch gesagt. Das war wichtig. Ich drücke den Bayern und dem Jupp die Daumen für den Rest der Saison.“ Bei der möglichen Titelvergabe äußert sich Lattek eher verhalten, denn einzig die Meisterschaft traut er seinem Freund zu. In der Champions League und im DFB-Pokal möchte er keinen Titel versprechen. Vielleicht versucht der clevere Lattek auch dadurch den Druck ein wenig rauszunehmen, da er weiß, dass die Erwartungen an Heynckes in seiner letzten Saison außerordentlich sein werden: „Mit mindestens einem. Die Meisterschaft lassen sie sich nicht mehr nehmen. Der Rest wäre Zugabe.“

Quelle: abendzeitung-muenchen.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: FC Bayern München; FC Barcelona; Lattek; Guardiola; Heynckes
Datum: 23.01.2013 21:07 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-lattek-fordert--guardiola-muss-sich-zusammenreissen-und-deutsch-lernen-3772.html


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