Klefisch-Klartext: Löws Eigenwilligkeit führt zu Deutschlands Titellosigkeit


Wäre unser Bundestrainer Joachim Löw ein Fußball-Verein würde er Bayer Leverkusen oder Schalke 04 sein. Vielleicht auch Greuther Fürth vor dem Jahr 2012. Oft nah dran, aber letztlich reicht es nicht für das Erreichen des großen Ziels. Seit 2006 führt Löw die deutsche Fußball-Nationalmannschaft nun schon zu den verschiedenen Turnieren. Die Halbfinalteilnahme gab es zweimal. Ein Mal war sogar das Endspiel dabei. Gewonnen haben die DFB-Kicker schon seit 1996 nichts, als Helmut Kohl noch Bundeskanzler gewesen ist und „Bundes-Berti“ mit einer fußballerisch limitierten Mannschaft sich den EM-Titel sichern konnte. Im Schönreden ist der gebürtige Schwarzwälder ein ganz großer Meister.

Klefisch-Klartext: Löws Eigenwilligkeit führt zu Deutschlands Titellosigkeit
Ein Kommentar von Sportjournalist Henning Klefisch

54 Jahre alt ist Joachim Löw nun. Graue Haare sucht man vergeblich im pechschwarzen Schopf. Färbemittel sind eine besondere Leidenschaft des stets gut frisierten und gut gekleideten Löw. Es gab Bundestrainer wie eben Vogts oder auch Rudi Völler, die haben keine Probleme mit wenig Haaren (Vogts) oder grauen Haaren (Völler) gehabt. Sie waren authentisch und führten die spielerisch zumeist schwachen Kicker immerhin zum Titelgewinn 1996 und zum WM-Finale 2002. Löw hat in seiner Amtszeit stets eine gute Qualifikation absolviert, wo Hoffnungen auf mehr genährt worden sind. Nach dem EM-Finale bei der Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz, wo das deutsche Team gegen Spanien erschreckend unterlegen war und mit dem 0:1 durch Torres noch gut bedient, gab es zwei Jahre später im Halbfinale der WM 2010 in Südkorea das gleiche Duell. Auch hier haben die Bundesadler nichts gelernt und nach einer mutlosen und spielerisch schwachen Vorstellung ebenfalls hochverdient verloren, wieder 0:1 durch einen Kopfballtreffer von Puyol. Bei der letzten EM 2010 in Polen und der Ukraine war diesmal Italien zu stark. Löw konzentrierte sich nicht auf seine eigenen Stärken, sondern richtete sich nach dem Gegner. So musste etwa Feingeist Toni Kroos den „Kettenhund“ für Andrea Pirlo geben, wodurch das eigene Spiel seiner Stärke beraubt worden ist. Balotelli schoss zwei Treffer und brachte den deutschen Angstgegner damit ins Endspiel gegen Italien, wo es eine 4:0-Demütigung gegeben hat. Fußball ist bekanntlich ein Ergebnissport. An solchen muss sich auch Löw messen lassen.

Schwächen auf der Außenverteidigerposition

Beim Blick auf den vorläufigen WM-Kader muss einiges beachtet werden. Die Qualität des Kaders ist sehr ansprechend. Noch nie hat ein Bundestrainer solch eine hohe Qualität an technisch hervorragend ausgebildeten Profis zur Verfügung gehabt. Besonders im offensiven Mittelfeld wird Deutschland weltweit beneidet. Auf den Außenverteidigerpositionen haben wir unsere Schwächen, wenn Spieler wie Jansen, Schmelzer und Höwedes eine realistische WM-Chance haben dürfen. Warum Zieler für ter Stegen, Leno oder Baumann mitgenommen worden ist, erschließt sich den meisten Beobachtern. Mario Gomez ist auch nicht dabei.

Warum ohne Max Kruse?

Keine ganz falsche Entscheidung, denn der Angreifer des AC Florenz ist immerhin sieben Monate lang verletzt gewesen. Nicht verständlich ist hingegen die Entscheidung gänzlich auf Max Kruse von Borussia Mönchengladbach zu verzichten, der in 33 Spielen zwölfmal traf, zuletzt eine klare Formsteigerung erkennen ließ und auch bei seinen vorherigen Teams in Freiburg und St. Pauli starke Vorstellungen geboten hat. Stattdessen werden Spieler wie Leon Goretzka und Max Meyer mitgenommen, die auf Schalke eine gute Entwicklung hingelegt haben, aber noch nicht die Klasse eines Kruse verkörpern. Auch wenn Löw hinter jedem nominierten Spieler mit einem klaren „JA“ antwortet, muss Kritik erlaubt sein. Auf einen Volland zu setzen, ist eine spannende Entscheidung. Sicherlich müssen noch sieben Spieler aus dem Kader gestrichen werden. Dennoch war die Kritik von Fans wie Medien nach einer Kadernominierung noch nie so massiv.

Löw-Rücktritt nach WM wahrscheinlich

Es fällt auf, dass Löw ein echtes Faible für jüngere Spieler hat. Ein Risiko, da bei einem Weltturnier, wo für das DFB-Team der vierte WM-Titel stehen soll, auch Erfahrung ein echter Trumpf sein könnte. Joachim Löw hat sich mit diesem Kader verzockt. Es fehlt die mentale Stärke, um auf den globalen Fußballthron zu steigen. Auch wenn der ehemalige Fußball-Profi erst vor einem halben Jahr seinen Vertrag bis 2016 verlängert hat, so wird er wahrscheinlich nach der Weltmeisterschaft in Brasilien aufhören. Wenn er vorzeitig scheitert, hat er sein Ziel nicht erreicht und muss gehen. Falls er tatsächlich den WM-Titel holen sollte, wird er gewiss auf dem Höhepunkt seiner Trainerkarriere aufhören, die gerade einmal den DFB-Pokalsieg 1997 mit dem VfB Stuttgart als Beleg hatte. Spannend werden die kommenden Wochen auf jeden Fall werden. Vielleicht hat sich der Autor dieser Zeilen auch nur geirrt und Löw hat alles richtig gemacht.

Quelle: Klefisch-Exklusiv
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: Joachim Löw, Deutschland, Schmelzer, Jansen, Max Kruse, Italien, Spanien, Zieler
Datum: 10.05.2014 14:22 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-klefisch-klartext--loews-eigenwilligkeit-fuehrt-zu-deutschlands-titellosigkeit-12657.html


Kommentare

Die Kommentar-Funktion wird momentan überarbeitet und ist in Kürze wieder verfügbar!

Für diese News ist leider noch kein Kommentar vorhanden.

Für den Inhalt des Kommentars ist der Autor verantwortlich. Die Kommentare spiegeln nicht die Meinung von 3-liga.com wieder.



Diese 3. Liga News könnten Sie ebenfalls interessieren


Demnächst bekommen Sie die News auch als Homepagetool für Ihre eigene Webseite.
Sie möchten auch News für 3-liga.com schreiben? Dann werden Sie Fan-News-Schreiber. Mehr Informationen dazu bekommen Sie hier.