Klefisch-Klartext: Hitzlsperger ist schwul – Na und?


Thomas Hitzlsperger packt den „medialen“ Hammer aus. Der 31-jährige Ex-Nationalspieler hat nun in einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ als erster bekannter Fußballer seine Homosexualität offen zugegeben. Während seiner aktiven Karriere hat er jahrelang mit seinem Geheimnis leben. Zuletzt kickte er für den englischen Traditionsverein FC Everton. Seit Sommer 2013 hat er seine Karriere im Profifußball beendet.

Klefisch-Klartext: Hitzlsperger ist schwul – Na und?
Bild: dfb.de
Viele schwule Gerüchte in der Fußballbranche

Es gibt wahrlich zahlreiche Gerüchte um „schwule Fußballer“. Bundestrainer Joachim Löw soll seine Ehefrau Daniela nur als Schein haben. Die Gerüchte nehmen nicht ab, wenn man sich die gemeinsamen Bilder anschaut. Auch DFB-Spielführer Philipp Lahm hat Nicola angeblich nur als Fassade. Ex-Nationalspieler Arne Friedrich soll sogar ein Verhältnis mit Moderator Marco Schreyl gepflegt haben. Auch der ehemalige Kölner-Spieler Paul Steiner soll ein Doppelleben geführt haben. Sehr tragisch auch das angebliche Verhältnis zwischen Schiedsrichter Michael Kempter hat offenbar eine Affäre mit Refereeboss Manfred Amerell gehabt, der mittlerweile verstorben ist. Bis auf die letzten beiden Geschichten sind die anderen Gerüchte nicht mehr als bloße Spekulationen. Offen seine Liebe zum gleichen Geschlecht zu gestehen, ist im harten Machosport Fußball wahrlich nicht allzu leicht. Wenn auch die Mitspieler einigermaßen tolerant sein würden, so scheint klar zu sein, dass die gegnerischen Anhänger den geouteten Fußballer niedermachen würden. Mitgefühl oder Respekt scheint im unerbitterlichen Profifußball keinen Platz zu finden. Realistisch gesehen eine völlig lächerliche Annahme, da die fußballerischen Fähigkeiten rein gar nichts mit der sexuellen Ausrichtung zu tun haben. Es ist wahrlich traurig, dass man sich für seine private Ausrichtung solche Gedanken machen muss. Dieses Schubladendenken ist veraltet, weil die Sexualität allein die Intimität eines jeden Menschen betrifft. Sicherlich ist der Fußball eine Leistungsgesellschaft, wo keine Schwäche geduldet. Weder auf dem Spielfeld noch außerhalb. Die Beobachtung ist deutlich intensiver und kritischer. Der geneigte Beobachter ist der Ansicht, dass bei den Gehältern im heutigen Profifußball dies auszuhalten ist. Der Respekt vor dem Menschen bleibt leider allzu häufig auf der Strecke. Vielleicht sollten wir ein Umdenken einleiten, denn sein Outing kann ganz neue Wege einleiten. Nun hat also der wegen seiner Schusskraft auf dem Spielfeld „Hitz the Hammer“ genannte Thomas Hitzlsperger den Anfang gemacht. Es wird interessant bleiben, ob weitere schwule Fußballer nachziehen werden. Die ersten medialen Gerüchte kamen auf, als er im Sommer 2007 rund vier Wochen vor der geplanten Hochzeit nach acht Jahren Beziehung zu seiner Jugendliebe Inga diese Verbindung beendet hat. Vielleicht hat er damals schon merken können, dass er dem weiblichen Geschlecht nicht gerade zugetan ist. Wenn Inga es auch damals schon gewusst haben sollte, dann muss man ihr Respekt zollen, dass sie nicht aus gekränkter Eifersucht oder Geltungssucht in den Boulevardmedien dieses kleine Geheimnis ausgeplaudert hat. Alle Medien stürzen sich gierig auf dieses Thema, was eigentlich absolut menschlich erscheint. Vielleicht werden sich andere Fußballer nun auch outen, damit dieses Doppelleben ein Ende hat. Die Berater und Freunde werden diesen leider wenig öffentlichkeitswirksamen Weg aber eher abraten. Ein Umdenken bei allen Beteiligten wird aber wahrscheinlich eher Wunschtraum bleiben. Die Realität sieht im Profifußball völlig anders aus. Fußball ist Tradition und hat immer noch ein Stück weit spießbürgerlichen Charakter. Viele einfache Zeitgenossen stehen auf den Tribünen und würden jede sportliche Schwäche des geouteten Spielers mit seiner Sexualität in Zusammenhang bringen. Noch ist Fußball-Deutschland nicht soweit trotz eines Wowereit oder Westerwelle. Löw und DFB-Sportdirektor Oliver Bierhoff wussten von Hitzlspergers Homosexualität und rieten ihm davon ab, dass er das Outing während seiner aktiven Karriere betreibt. Nun hat er sich also in einem Interview offenbart.

52 DFB-Länderspiele zwischen 2004 und 2010

Zuletzt ist der Blondschopf in der englischen Premier League für den FC Everton tätig gewesen. In der Jugend hat er für den Deutschen Rekordmeister FC Bayern München gespielte, ehe er 2000 in die erste englischen Spielklasse zu Aston Villa gewechselt ist. Dort hat er auch seinen Spitznamen „Hitz the Hammer“ erhalten. Zwischen 2005 und 2010 hat er beim VfB Stuttgart gespielt und dort die Deutsche Meisterschaft 2007 gewonnen. Seitdem ist er nirgendwo mehr richtig glücklich geworden, denn innerhalb kurzer Zeit hatte er die Stationen Lazio Rom, West Ham United und den VfL Wolfsburg bevor er 2012 zum FC Everton transferiert worden ist. Zwischen 2004 und 2010 hat er für die deutsche Nationalmannschaft 52 Partien absolviert.

Schwulsein nicht vereinbar mit Profisporttugenden

So hat er gegenüber der „Zeit“ deutlich gemacht, dass es „ein langwieriger und schwieriger Prozess" für ihn gewesen ist. So hat er bewusst erst in den letzten Jahren merken können, „dass ich lieber mit einem Mann zusammenleben möchte.“ Scham oder Enttäuschung seien aber keine Wegbegleiter für ihn gewesen. Auch ist während seiner aktiven Fußballkarriere das Schwulsein nie ein offenes Thema gewesen. Er hat es wohl in sich gespürt. Letztlich wollte er es zu seiner aktiven Karriere aus Angst vor möglichen Konsequenzen nicht publizieren. Ein Grund für dieses Geheimnis ist ganz gewiss auch gewesen, dass der Profisport ein richtig harter Leistungssport gewesen ist: „Kampf, Leidenschaft und Siegeswille sind untrennbar miteinander verknüpft.“ Das Vorurteil über Schwule, dass sie Weicheier sind, passt nicht so ganz in die Meinung von vielen Fans. Der Geoutete hat nun verraten: „Da sitzen zwanzig junge Männer an den Tischen und trinken. Da lässt man die Mehrheit gewähren, solange die Witze halbwegs witzig sind und das Gequatsche über Homosexuelle nicht massiv beleidigend wird."Nun fühlt er sich frei. Er hat sein Geheimnis verraten, damit es ihm besser geht. Interessant wird zu beobachten sein, wie die Reaktionen in den kommenden Wochen ausfallen werden. Die berufliche Perspektive soll von seiner sexuellen Ausrichtung nicht tangiert werden.

Quelle: zeit.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: Thomas Hitzlsperger, VfB Stuttgart, DFB-Team, Jogi Löw, Oliver Bierhoff
Datum: 08.01.2014 14:27 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-klefisch-klartext--hitzlsperger-ist-schwul-%96-na-und--9901.html


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