Kann sich Geschichte für Italien wiederholen?


Italien scheint wieder einmal im Chaos zu versinken. Diesmal ist es der Calcio, der Fußball, der in einer großen Sinnkrise steckt, denn man weiß nicht, wie es weitergehen soll. Der Wettsumpf im Land des viermaligen Weltmeister ist schmutzig und morastig. Ein Befreiungsschlag wäre ohne Frage ein sportlicher Erfolg bei der Euro.

Viele Tifosi haben den Glauben an ihre Squadra Azzurra aufgegeben. Nicht nur die Gegner aus Spanien, Kroatien und Irland scheinen derzeit übermächtig zu sein für die Südländer. Vielmehr ist es schwierig geworden, dass man sich im Trainingslager im polnischen Krakau gewissenhaft auf das erste EM-Spiel gegen Welt- und Europameister Spanien vorbereiten konnte. Regen gab es häufig die letzten Tage. Irgendwie sinnbildlich für den Gefühlszustand des abgestürzten Fußballlandes.
Immerhin versucht Defensivspieler Giorio Chiellini ein wenig Selbstvertrauen im depressiv angehauchten Fußballland zu wecken, indem er erklärt: „Italien lebt. Er unterstreicht die einstige Stärke, die es auch in Zukunft sein soll. „Wir sind Italien und haben vor niemandem Angst.“
Man spürt es gewaltig, dass Wiedergutmachung Trumpf zu sein scheint bei den Mannen vom „Stiefel.“ Um dies auch verbal zu dokumentieren, sind alle Mittel und Wege Recht. So hat die Galionsfigur, Torwart und Spielführer Gianluigi Buffon auf seiner Facebook-Seite erklärt: „Das schönste Geschenk wäre, wenn die Leute wieder stolz auf die Nationalelf wären. Es gibt nur noch vier Weltmeister von 2006 im aktuellen Kader. Neben Buffon sind dies Spielmacher Andrea Pirlo, Kämpfer Daniele de Rossi und Abwehrspieler Andrea Barzagli.
In den vergangenen Wochen lief bei Italien so gut wie alles schief. Der Wettskandal störte die Vorbereitung massiv. Immer wieder musste Nationaltrainer Cesare Prandelli sich zu Thematiken äußern, die jenseits von sportlicher Bedeutung gewesen sind. Abwehrspieler Domenico Criscito wurde sogar vom konsequenten Trainer aus dem Kader gestrichen, obwohl er stets seine Unschuld beteuert hatte. Der ebenfalls an einer Spielmanipulation verdächtigte Leonardo Bonucci hingegen darf weiterhin von EM-Einsätzen hoffen. Die letzten Konsequenz zeigte Prandelli in diesem Fall nicht. Das einzig Positive in diesen Tagen ist, dass gegen Nationalkeeper Buffon immerhin kein Verfahren wegen Spielmanipulation angestrebt wurde.
Auch die täglichen Pressekonferenzen sind inhaltlich voll von Gerüchten rund um den Fußballwettskandal. Die Spieler müssen sich dazu äußern. Wie auch De Rossi, der offenherzig preisgibt: „Es wird alles vergessen sein“, so die Erklärung vom Mittelfeldspieler des AS Rom im Spiegel. Und: „Wer hier dabei ist, der hat nichts mit dem zu tun, was passiert ist.“ Die Sorgen scheinen vor dem wichtigen Spiel nicht unbedingt sportlicher Natur zu sein. Es scheint, als ob in diesen Tagen das Sportliche immer mehr zur Nebensache verkommt.
Verletzungen gibt es aus dem Lager zu vermelden. Körperliche. Einer der Weltmeister, Andrea Barzagli, hat sich an der Wade verletzt und kann voraussichtlich erst im letzten Gruppenspiel gegen Irland wieder mit von der Partie sein. Sein Vertreter Chiellini konnte seit Wochen kein Spiel mehr bestreiten. Auch er wurde vom Verletzungspech heimgesucht. Bei Außenverteidiger Christian Maggio sieht es auch nicht viel besser aus. Auch der Spieler des SSC Neapel ist angeschlagen.
Eine ganz besondere taktische Idee hat Prandelli sich im Duell mit den scheinbar übermächtigen Spaniern überlegt. Damit sein Team die fußballerische Übermacht der Iberer besiegen kann, wird man dem Gegner mit fünf Spielern im Mittelfeld begegnen. De Rossi, der als Spielmacher gilt, wird das Abwehrzentrum delegieren. Die italienische Sporttageszeitung „Gazzetta dello Sport“ kommentierte dies süffisant: „Wie Beckenbauer“.
Hoffnung für die Zukunft bringt derzeit allein die Vergangenheit der wenig glorreichen Manipulationsskandale, denn auch bei den WM-Triumphen 1982 in Spanien und 2006 in Deutschland gab es einen massiven Wettskandal in der Serie A, der für gewaltige Unruhen jenseits des Vesuv sorgte.
Für Kapitän Buffon ist diese Situation beileibe keine Einfache. Gegenüber der versammelten Journaille offenbart er: „Es ist, als ob wir uns nach zwei Jahren auf eine Prüfung vorbereiten. Ich habe ein bisschen Angst und neugierig bin ich auch.“ Um diese Angst sich ein wenig zu nehmen, nimmt er auch die Fans in die Pflicht, indem er sagt: „Eure Unterstützung und eure Zuneigung werden entscheidend sein.“ Vielleicht kann sich Geschichte wiederholen. In diesem Fall hätte sicherlich kein Tifosi etwas dagegen.

Quelle: spiegel.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: Spanien; Italien; Buffon; Barzagli; Pirlo; Prandelli; Chiellini; de Rossi; Villa
Datum: 10.06.2012 17:54 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-kann-sich-geschichte-fuer-italien-wiederholen--1694.html
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