Holger Badstuber: „Man realisiert, wie privilegiert das Leben als Fußballprofi ist“


Ganz Deutschland hat sich auf den Klassiker zwischen dem FC Bayern München und Borussia Dortmund im November letzten Jahres gefreut. Es kam zu einem letztlich unspektakulären 1:1 Unentschieden der derzeit besten deutschen Teams, welches gewiss nicht besonders einprägsam gewesen ist. Zumindest aus sportlicher Sicht, denn keiner der Kontrahenten konnte das Topniveau abliefern. Allerdings blieb diese Begegnung für Bayerns- Defensivspieler Holger Badstuber definitiv in Erinnerung, denn der 30-malige, deutsche Nationalspieler hat sich einen Kreuzbandriss zugezogen, welcher ihn für rund ein halbes Jahr außer Gefecht setzen wird.

Nach rund anderthalb Monaten ist der 23-Jährige nun wieder deutlich zuversichtlicher, was seine Zukunft angeht. Dies kann er im Gespräch mit „DFB.de“ verdeutlichen, wenn er über die Verletzung, aber vor allem über seine Zukunftspläne spricht. Über den derzeitigen Stand der Reha kann der Teilnehmer der WM 2010 und der EM 2012 folgendes berichten: „In den ersten vier bis sechs Wochen geht es darum, das Knie unter Kontrolle zu bekommen. Die Schwellung muss zurückgehen, und man muss versuchen, die Beweglichkeit des Knies zu erhöhen. Wir machen auch schon wieder "Gehschule" und Kräftigungsübungen und schauen von Tag zu Tag, wie das Knie reagiert. Wichtig ist, dass man es nicht übertreibt und wir das Knie nicht zu früh zu sehr belasten.“ Es ist klar davon auszugehen, dass der clevere Badstuber keine Überbelastung provozieren wird, da er relativ schnell wieder Höchstleistungen bringen möchte. Sein Ehrgeiz ist extrem und somit ist schnell ersichtlich, dass Badstuber versuchen möchte, noch in dieser Spielzeit zurückzukehren.
Deshalb ist es auch nicht allzu verwunderlich, wenn er ehrlich gegenüber „DFB.de“ zugeben muss: „Leicht ist es nicht. Vor allem bei Rückschritten, wenn das Knie wieder schlechter aussieht und ich deswegen noch weniger machen kann. Der Körper will halt nicht immer so, wie es der Kopf gerne hätte. Das Knie braucht seine Zeit, das muss ich akzeptieren. Natürlich würde ich viel lieber sehr viel mehr machen. Aber ich weiß, dass dies nicht sinnvoll wäre. Und zum Glück bin ich hier in guten Händen, bei den Ärzten, bei den Physiotherapeuten. Da muss ich mir keine Sorgen machen, dass in der Belastungssteigerung Fehler passieren.“
Für solch, schwere Verletzungen ist Bayern- und Nationalteamarzt Dr. Müller-Wolfahrt auf jeden Fall der richtige Mediziner, da sich der routinierte Arzt durch seine langjährige Erfahrung damit bestens auskennt. Deshalb ist es auch als ein realistisches Kompliment anzusehen, wenn er von einem „starken“ Knie spricht. Badstuber versucht dafür eine Erklärung zu finden: „Dass das Knie gut aufgebaut ist, dass die Sehnen und die Bänder bei mir in einer guten Verfassung sind. Das spricht dafür, dass auch der Heilprozess am Kreuzband gut verläuft - und vor allem, dass es vollständig regeneriert. Ich bin jung, habe gutes "Heilfleisch", all das stimmt mich optimistisch. Auch wenn es nicht einfach ist: Ich habe die Verletzung akzeptiert und versuche, das Beste aus der Situation zu machen.“
Das Teamwork ist beim FC Bayern München in dieser Spielzeit ganz besonders ausgeprägt, wie auch beim Champions League-Spiel gegen den weißrussischen Vertreter Bate Borissow deutlich geworden ist, als einige Bayern-Kicker ein Trikot mit Badstubers Rückennummer 28 in die Höhe gehalten haben, um auch die kollektive Anteilnahme auszudrücken. Badstuber hat sich über diese Geste mächtig gefreut: „Ich habe das Spiel im Krankenhaus gesehen und war sehr überrascht. Ich fand die Aktion imponierend, mir hat sie sehr gut getan. Ich bin stolz, dass ich in einer Mannschaft spiele, die so einen guten Charakter hat. Ich schätze das sehr.“
Während Badstuber im heimatlichen München seine Rehamaßnahmen durchführt, rackern die Mannschaftskameraden im fernen Doha, um die bestmöglichste, körperliche Verfassung für die Rückrunde. Über die Intensität des Kontaktes zu seinen Mitspielern weiß Badstuber folgendes zu berichten: „Hin und wieder schreibt man sich eine SMS oder telefoniert, und natürlich verfolge ich auch das, was über die Medien transportiert wird. Mich freut, dass die Jungs offensichtlich gut gearbeitet haben. Beim 5:0 im Testspiel gegen Schalke sah es ja schon ganz ordentlich aus.“ Auch zur deutschen Nationalmannschaft besteht Kontakt, da der technisch starke Badstuber im DFB-Team auch zukünftig eine wichtige Rolle in der Defensive übernehmen soll. Auch dazu kann Badstuber zuversichtlich erzählen: „Direkt nach der Verletzung und auch an Weihnachten haben wir miteinander gesprochen. Mich freut es sehr, dass der DFB auch in einer schwierigen Zeit an mich denkt und hinter mir steht. Mir gibt das Sicherheit und Zuversicht. Es zeigt auch, welch guten Zusammenhalt wir auch bei der Nationalmannschaft haben.“
Seit rund vier Jahren konnte das Bayern-Eigengewächs eine enorme sportliche Konstanz aufweisen und hat national mit die meisten Partien aller Spieler absolviert, da er sowohl bei Bayern München als auch in der Nationalmannschaft stets zur Stammkraft gezählt hat und viele, wichtige Begegnungen auf unterschiedlichen Bühnen bestreiten musste. Nun kann er sich ein wenig Ruhe gönnen und auch ein wenig auf seine bisherige Karriere zurückblicken, die sich durchaus kometenhaft entwickelt hat. Deshalb ist er dieser Verletzungspause auch durchaus dankbar: „Es stimmt schon, ich habe sehr viele Spiele gemacht, ich bin ja auch lange von Verletzungen verschont geblieben. Ich bin noch immer sehr jung, habe auch schon bei vielen wichtigen Spielen auf dem Platz Verantwortung gehabt. Im laufenden Betrieb realisiert man eher nicht, wie außergewöhnlich und toll das ist. Man ist immer auf die nächste Aufgabe konzentriert. Während der Verletzungspause habe ich die Zeit, darüber nachzudenken, und das tut manchmal ganz gut. Man realisiert mehr, wie privilegiert das Leben als Fußballprofi ist.“
Holger Badstuber ist sportlich von der Bildfläche nun fast völlig verschwunden. Stattdessen arbeitet er akribisch an seinem Comeback, welches derzeit noch nicht absehbar erscheint. „DFB.de“ hat er nun verraten, wie sich ein gewöhnlicher Tag bei ihm gestaltet: „Ich verbringe sehr viel Zeit an der Säbener Straße, ich kann den kurzen Weg zum Glück mittlerweile wieder selbst mit dem Auto fahren. Ich bin eigentlich jeden Tag dort, auch über Weihnachten und Silvester. Meistens ab morgens um neun. Ein Physiotherapeut ist immer da, und dann beginnt die Reha. Wie gesagt, da geht es vor allem darum, die Beweglichkeit des Knies zu erhöhen. Es wird ausgestrichen, wir arbeiten mit elektrischen Impulsen, mit Kühlung. Das ist nicht in ein, zwei Stunden getan. Meist bin ich so bis 13 Uhr in Behandlung. Am Nachmittag habe ich oft Termine bei Dr. Müller-Wohlfahrt. Er kontrolliert das Knie, zu Beginn hat er auch ab und zu die Flüssigkeit aus dem Knie entfernt. Und natürlich mache ich auch schon wieder Übungen zur Stabilisierung der Muskulatur im Oberköper, das ist überhaupt kein Problem. Ich muss nur aufpassen, dass ich Positionen einnehme, bei denen das Knie nicht belastet wird.“
Bei einer solch schweren Verletzung, wie es die Kreuzbandverletzung unweigerlich darstellt, ist es wie eingangs erwähnt, noch nicht klar definierbar, wann es denn tatsächlich zu einer möglichen Rückkehr kommen könnte. Auch der Spieler selbst kann deshalb keine klare zeitliche Einschätzung geben: „Dafür ist es jetzt zu früh. Erst ab dem zweiten Monat in der Reha lässt sich halbwegs seriös voraussagen, welche Schritte wann sinnvoll sind. Natürlich wäre es schön, noch in dieser Saison wieder dabei zu sein oder jedenfalls wieder mit 100 Prozent mit der Mannschaft trainieren zu können. Das ist mein großes Ziel. Aber ich muss vernünftig sein und werde darauf hören, was mir der Trainer und die Ärzte sagen. Es bringt niemandem etwas, wenn ich zu früh zu viel will.“

Quelle: dfb.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: FC Bayern München; Borussia Dortmund; Holger Badstuber; DFB-Team
Datum: 12.01.2013 17:11 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-holger-badstuber--„man-realisiert--wie-privilegiert-das-leben-als-fussballprofi-ist“-3599.html


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