Hermann Gerland: „Ich arbeite mit den besten Spielern der Welt zusammen“


Hermann Gerland gilt als eines der weniger verbliebenen Originale in der deutschen Fußball-Bundesliga. Der 60-Jährige arbeitet seit 2001 in verschiedenen Stellen als Trainer beim FC Bayern München und hat sich nun im ausführlichen Interview mit dem „fcbayern.de“ auch intensiv über das Vorbereitungsspiel bei seinem Ex-Verein VfL Bochum geäußert. Dazu nimmt der ehemalige Bundesligaspieler auch Stellung zur aktuellen Vorbereitung und verrät die möglichen Erfolgsfaktoren des aktuell vielleicht bestens Teams der Welt.

Hermann Gerland: „Ich arbeite mit den besten Spielern der Welt zusammen“
Keine Umstellungsprobleme von Doha auf München

Nach dem Trainingslager bei angenehmen Temperaturen in Doha soll seit dem vergangenen Montag wieder an der Säbener Straße in München die Basis für eine nicht minder erfolgreiche Rückrunde gelegt werden. Für Gerland hat die Umstellung vom warmen Doha ins deutlich kältere Bayern keine Problematik zur Konsequenz gehabt, wie der Trainer-Routinier auch klar und deutlich zum Ausdruck bringen konnte: „Damit hatte ich kein Problem. Es war nicht so warm wie sonst in Doha. Aber: Das Trainingslager war sehr harmonisch, das Essen überragend, die Trainingsbedingungen und das Hotel ebenfalls. Die Mannschaft hat sehr gut mitgearbeitet. Und wir sind ohne große Verletzungen nach Hause gekommen. Wir sind gut gerüstet.“

Rückkehr der Leistungsträger Alaba, Badstuber und Benatia

Die Personalsituation für den unangefochtenen Tabellenführer der Fußball-Bundesliga gestaltet sich äußerst angenehm, da etatmäßige Stammspieler auch wieder zeitnah zurückkehren können. Neben den langjährigen Stammspielern wie David Alaba und Holger Badstuber sind dies etwa auch der marokkanische Neuzugang Medhi Benatia, der seit dem gestrigen Mittwoch das Mannschaftstraining wieder aufgenommen hat. Gerland urteilt darüber: „Holger war länger verletzt und braucht noch ein bisschen, um reinzukommen. Aber er ist auf einem sehr guten Weg. Er spielt schon wieder fantastische Pässe. David ist eine Maschine. Der gibt jeden Tag 100 Prozent. Und Medhi hat fast das ganze Trainingslager nicht mitgemacht. Er wird etwas Zeit brauchen,“ so konstatiert der „Tiger“. Der ehemalige Bundesliga-Trainer vom DSC Arminia Bielefeld hat extrem hohe Sympathiewerte innerhalb des Vereins, während die Presse Hermann Gerland eher als strengen Trainer betrachtet. Der langjährige Coach weiß zu berichten, dass bei ihm die Tugend ein wesentlicher Faktor für seine Beliebtheit gewesen ist: „Das Verhältnis zu den Jungs ist sehr gut. Sie hören auf mich und wissen: Was ich sage, hat Hand und Fuß. Ich erzähle den Spielern keine Märchen. Wenn mir etwas auffällt, dann sage ich es.“

„Weiser ist auf einem guten Weg“

Das 21-jährige Talent Mitchell Weiser hat sich im bisherigen Saisonverlauf noch nicht so richtig durchsetzen können. Das Trainingslager in Doha schien, der beim 1. FC Köln ausgebildete Kicker, für Eigenwerbung effektiv genutzt zu haben. Gerland hat klare Worte gewählt und zudem die Entwicklung auch maßgeblich gelobt: „Ich habe erst kürzlich zu ihm gesagt: Mitch, du hast hier zwei Jahre verschlafen. Aber seit einem halben Jahr gibst du Gas und zeigst, warum der FC Bayern dich als Jugendspieler geholt hat. Er ist auf einem guten Weg.“ Noch etwas jünger ist Gianluca Gaudino, der in der Hinrunde im Starensemble des FC Bayern München überraschen konnte. Gerland bringt klar zum Ausdruck, dass solche Spielertypen klar nach dem Gusto von Cheftrainer Pep Guardiola sind: „Vor fünf oder sechs Jahren. Meine Frau hat mit seiner Mutter zusammengearbeitet. Sie sagte zu mir: Hermann, lass uns mal gucken, wie der kleine Gaudino spielt. Nach dem Spiel habe ich gesagt: Der wird Bundesliga-Spieler. Die Leute lächelten milde und meinten, ich hätte keine Ahnung. Auf einmal feiert der Junge sein Debüt – mit 17 Jahren, und das beim FC Bayern! Klar, körperlich muss er noch ein bisschen zulegen. Aber er hat Qualitäten, die Pep Guardiola haben will.“

Gerland sieht Lahms-Leistungen nicht gewürdigt

Kapitän und Führungsspieler Philipp Lahm fehlt den Bayern aktuell wegen eines komplizierten Sprunggelenksbruchs. Gerland macht überhaupt kein Geheimnis daraus, dass dieser Ausfall schwer wiegt: „Er ist einer der besten Spieler der Welt. Seit 12 Jahren spielt der auf einem unglaublichen Niveau. Trotzdem ist er noch nie Fußballer des Jahres geworden. Eine Katastrophe! Von 60 Spielen pro Saison macht er 55 überragend. Das wird überhaupt nicht gewürdigt. Er spielt nicht spektakulär. Aber du kannst ihn hinstellen, wo du willst. Er macht keine Fehler,“ findet der „Tiger“ zudem noch lobende Worte für den 31-Jährigen übrig.

Reise in die Bochumer-Vergangenheit

Für Hermann Gerland gibt es nun eine Reise in die Vergangenheit, denn am morgigen Freitag wartet das Gastspiel beim Zweitligisten VfL Bochum. Dort ist er 15 Jahre als Spieler und Trainer tätig gewesen. Gerland macht deutlich, dass vor allem auch seine Initiative dafür verantwortlich gewesen ist, dass der FC Bayern im Ruhrpott gastieren wird: „Natürlich. Ich wusste, der VfL hat finanzielle Probleme. Deshalb bin ich zu Karl-Heinz Rummenigge und Matthias Sammer gegangen und habe gefragt, ob sie mir einen Gefallen tun können. Der FC Bayern hat in der Vergangenheit vielen Vereinen geholfen. Und auch diesmal war schnell klar, dass wir in Bochum spielen. Das hat mich natürlich gefreut.“ Klar bringt er auch seine Sehnsucht zum Ausdruck, dass er seine alten Heimat doch vermisst: „Ich bin gerne in der Region, habe dort noch viele ehemalige Kollegen, die ich wiedertreffen werde. Bochum ist meine Heimat. Auf das Spiel freue ich mich. Aber noch schöner wäre es, wenn wir bald mal wieder in der Bundesliga um Punkte gegeneinander spielen würden.“

„Tiger“ im Überlebenskampf“

Wie bereits angedeutet, hat Gerland in seiner Profikarriere nur für den VfL 1846 Bochum gespielt. Eine Beziehung, die es so in der heutigen Zeit nicht mehr gibt, wie er zugibt: „Natürlich hätte ich wechseln können. Es gab Anfragen, etwa aus Kaiserslautern oder Frankfurt. Vielleicht hätte ich woanders brutto 10.000 Mark mehr verdienen können. Aber ich habe mich in Bochum immer wohl gefühlt. Dort hatte ich meine Kumpels und habe mein Hobby zum Beruf gemacht.“ Gerland hat sich in seiner aktiven Fußball-Karriere den Ruf als „beinharter Verteidiger“ erarbeiten können. Meist war der Kampf um den Klassenerhalt das klare Ziel für ihn. Für ihn war klar und deutlich, dass er unter keinen Umständen als Absteiger abgestempelt werden möchte: „Ein damaliger Mitspieler kam mal zu mir und sagte: 'Tiger, wenn wir absteigen, gehe ich halt woanders hin!' Ich meinte zu ihm: Junge, bist du bescheuert? Ich bin in Bochum geboren! Wenn ich absteige, zeigen die Leute mit dem Finger auf mich und sagen: 'Guck mal, da ist der Absteiger'. Ich wollte nicht absteigen. Ich wollte in Bochum bleiben, und ich wollte nur in der 1. Bundesliga spielen. Und das ist uns immer gelungen.“

„Jedes Training ist ein purer Genuss“

Auch deshalb ist die Beziehung zu den einst „Unabsteigbaren“ sehr innig. Hier verrät Gerland, dass vor knapp zwei Jahren die Bochumer an ihn herangetreten sind, um ihn von einer Rückkehr zu überzeugen. Für ihn stellte ein möglicher Wechsel an die Castroper Straße jedoch keinen exorbitanten Reiz da, weil er beim FC Bayern München die beste Zeit seiner Schaffenszeit erleben darf. „Am Tag, als wir durch den 1:0-Sieg in Frankfurt 2013 Meister geworden sind, rief mich Martin Kree (Aufsichtsratsmitglied des VfL und langjähriger Bundesliga-Profi, Anm. d. Red.) an. Ich sagte ihm: Martin, es gab Zeiten, da hätte ich mich gefreut, in Bochum arbeiten zu können. Aber jetzt bin ich beim besten Verein der Welt. Ich habe jeden Tag Freude. Ich arbeite mit den besten Spielern der Welt zusammen. Jedes Training ist ein purer Genuss, darauf freue ich mich jeden Morgen. Das würde alles wegfallen.“ Aktuell erscheint für ihn noch gänzlich unklar zu sein, ob er nach dem Ende als Fußballtrainer in seine Heimatstadt zurückkehren wird: „Ich kann es noch nicht sagen. Ich fühle mich beim FC Bayern wohl. So lange ich hier tätig bleiben darf, werde ich dem Verein dienen und natürlich auch hier wohnen.“

„Die Leistung unserer Abteilung kommt mir oft zu kurz“

Hermann Gerland will keine Spekulationen abgeben, wie die Rückrunde verlaufen wird, an deren Ende sogar ein Titel-Hattrick in Bundesliga, Champions League und DFB-Pokal stehen könnte. Er kann dies mit einem Beispiel aus seinem Privatleben auch mit einer gehörigen Portion Ironie erklären: „Bei jedem meiner drei Kinder hatte ich das Gefühl, einen Sohn gezeugt zu haben. Bekommen habe ich drei Töchter, deshalb lasse ich mich von Gefühlen nicht mehr leiten. Wir haben eine unglaublich gute Mannschaft, eine erstklassige Stimmung, ein erstklassiges Management, ein Genie als Trainer. Wenn ich uns spielen sehe, bin ich begeistert, habe Tränen in den Augen vor Freude. Eines möchte ich noch sagen.Wir sind Weltmeister geworden. Unsere Nachwuchsabteilung hat fünf Weltmeister ausgebildet. Hätte sich Holger nicht verletzt, wären es sechs gewesen – und zwar wichtige Leistungsträger! Diese Leistung unserer Abteilung kommt mir oft zu kurz.“

Gerlands-Rat an Alaba

Auch macht Gerland deutlich, dass er schon dem jungen David Alaba geraten hat, dass er in der A-Nationalmannschaft für Deutschland spielen soll. Letztlich haben seine Worte den gebürtigen Österreicher jedoch nicht überzeugen können: „Als er B-Jugend-Spieler war, habe ich ihm gesagt: David, tu mir einen Gefallen und spiele nicht für Österreich! Da gewinnst du nichts. Wenn du fünf Jahre hier bist und nicht für Österreich aufläufst, können wir dich vielleicht hier einbauen. Das hat leider nicht geklappt.“ Und zu dieser Thematik kann er hinzufügen: „Naja. Wenn mir damals jemand gesagt hätte, dass ich für Österreich spielen sollte – dem hätte ich was erzählt. Was ich sagen will: Es war früh zu erkennen, dass David Alaba eine großartige Karriere vor sich hat.“

Quelle: fcbayern.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: Hermann Gerland, FC Bayern München, Benatia, Alaba, Badstuber
Datum: 22.01.2015 16:20 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-hermann-gerland--%84ich-arbeite-mit-den-besten-spielern-der-welt-zusammen%93-18223.html


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