Götze möchte einfach nur spielen


Deutschland war im Götze-Fieber. Auch europaweit sprach man voller Hochachtung von dem kleinen Dortmunder Mittelfeldspieler, der alle Fähigkeiten mitbringt, um sich auch international durchzusetzen. Besonders kreative Journalisten schufen nach dem Länderspiel gegen Brasilien den Begriff „Gözil“ oder „Götzinho“, was das perfekte Zusammenspiel mit Mesut Özil honorierte und die enormen technischen Fähigkeiten des Youngsters beschreibt. Gegen den Rekordweltmeister aus Südamerika demonstrierte der zweimalige Deutsche Meister mit Borussia Dortmund seine enormen technischen Fähigkeiten.

Großklubs wie Arsenal London zeigten großes Interesse, auch Bayern München, Real Madrid und der FC Barcelona nahmen Notiz von dem Hochbegabten. Leider ist von all diesen Lobeshymnen nicht mehr viel übrig geblieben. Bei der EM 2012 in Polen und der Ukraine hat er derzeit nur einen Stammplatz auf der Reservebank einnehmen dürfen. Er ist fit, zeigt sehr gute Trainingsleistungen, aber kann nicht demonstrieren, welch große Fähigkeiten er hat. Noch keine einzige Minute wurde er eingesetzt. Viele Experten national und international, wundern sich, dass der 20-Jährige nicht spielt. Die Frage bleibt warum, weil er alle Fähigkeiten mitbringt. Vor allem technisch ist er absolut überragend und sticht Offensivkonkurrenten wie Lukas Podolski und Thomas Müller aus. Vielleicht kommt gegen die defensiv eingestellten Griechen nun sein erster Einsatz. Im Gespräch mit „dfb.de“ äußert er sich dazu.
Zuschauen musste er bisher in der deutschen Nationalmannschaft. Von der Bank aus. Doch allgemein schaut er sich gerne in Ruhe die Spiele der Europameisterschaft an, wie er gegenüber „team.dfb.de“ erklärt hat: „Ich habe im Grunde alles gesehen, was für uns zeitlich drin war. Immer, wenn es irgendwie ging, habe ich die Möglichkeit wahr genommen, mir die Spiele anzuschauen. Ich schaue gerne Fußball, zumal bei einer EM, die besten Mannschaften mit den besten Spielern aufeinander treffen.“
Auf das Reservistendasein angesprochen äußert er sich über die Zuschauerrolle und die Unzufriedenheit, die ihn plagt: „Nein, dann nicht. Gerade, wenn man weiß, dass man auch spielen könnte. Das nagt an mir. Ich bin mit dieser Situation unzufrieden, ich zweifle an mir, wenn ich nicht spielen darf. Aber, das gehört dazu. Ich muss mit dieser Situation umgehen können, muss mich im Training reinhängen und dem Trainer zeigen, dass er keinen Fehler machen würde, wenn er mir eine Chance gibt.“
Fast ein halbes Jahr war Götze verletzt. Wegen einer langwierigen Schambeinverletzung konnte er für seinen Verein Borussia Dortmund nicht auflaufen und musste fast die komplette Rückrunde von der Tribüne aus verfolgen. Diese Situation beschreibt er wie folgt: „Auch das war nicht einfach, aber die Situation war anders. Es gab mit der Verletzung einen Grund dafür, warum ich nicht auf dem Platz sein konnte. Ich wusste, dass ich wieder angreifen werde, wenn ich fit bin. Das hat es leichter gemacht.“
Götze gilt als fußballverrückt, da er es schon als Kind geliebt hat, sich seiner Leidenschaft hinzugeben. Man sieht ihm an seiner ausgefeilten Technik an, dass er enorm viel trainiert hat, um so zu sein, wie er nun ist. Er drückt auch seinen großen Wunsch aus, dass er wieder Spielpraxis sammeln möchte. Am besten sofort: „Training und Spiel ist etwas anderes. Natürlich freue ich mich auf jedes Training, das ist doch klar. Aber ich habe mein letztes Spiel über 90 Minuten Anfang Dezember gemacht. Ich will endlich wieder viel und regelmäßig spielen, die Sehnsucht danach ist immens.“
Ganz Fußball-Deutschland hat sich intensiv Gedanken gemacht, warum Mario Götze nicht spielt. Einige warfen ihm sogar ein Fitnessproblem vor. Auf die Frage, ob er auch körperlich einsatzbereit wäre, antwortet er: „Definitiv. Ich bin total fit.“
Uneigennützig zeigt er sich. Sein Fokus liegt auf dem Mannschaftserfolg, auch wenn er natürlich nicht verhehlen kann, dass er liebend gerne spielen möchte. Götze ist ein Realist, kein Träumer. Er möchte nicht als der Mann der Zukunft wahrgenommen werden. Für seine körperliche Robustheit kann er auch Gründe nennen. „Ich kann ganz gut einschätzen, was sinnvoll ist. Ich habe in der Reha zugelegt, in der Zeit, in der ich nur im Bereich des Oberkörpers etwas machen konnte. Ich wollte einfach noch besser, noch stärker zurückkommen. Ich wollte robuster werden. Das ist gelungen. Was mir jetzt fehlt, ist die Spielpraxis. Ich möchte spielen, ich will Spaß haben. Gerade bei so einem Turnier, gerade auf dieser großen Bühne. Ich würde wirklich gerne zeigen, was ich kann. Viele sagen jetzt zu mir, dass ich noch jung bin und meine Zukunft noch vor mir habe. Aber kein Spieler, der auf der Ersatzbank sitzt, kann damit zufrieden sein, das wäre ja schlimm. Ich versuche jedoch, aus der Situation das Beste zu machen. Auch das ist ein Lernprozess. Es gibt für mich nur die Chance, mich im Training anzubieten, das tue ich, den Rest entscheidet der Trainer. Am Wichtigsten ist jedoch, dass wir dreimal gewonnen haben - wir alle sind ein Team und verfolgen ein gemeinsames Ziel. Es geht hier nicht um den Spieler X oder Y.“

Auf das Wesentliche konzentrieren. Das ist sein klarer Fokus, denn für ihn ist es das erste große Turnier in der A-Nationalmannschaft. Seine Eindrücke schildert er bei „team.dfb.de“: „Es ist alles sehr intensiv. Es ist spannend, die Abläufe zu sehen, wie alles organisiert ist. Allein schon das viele Fliegen. Für mich ist es auch toll, mit der Mannschaft über einen so langen Zeitraum zusammen zu sein. Es ist alles auf dem höchsten Standard. Schon in der Vorbereitung. Die Hotels, das Essen, die Trainingsplätze. Aber: Fußball bleibt Fußball. Das ist der Kern, das ist hier nicht anders als bei anderen Wettbewerben und Turnieren.“

Besonders die Südländer sieht er enorm stark. Dabei haben ihn die beiden Auswahlteams von der iberischen Halbinsel beeindruckt: „Die Portugiesen sind insbesondere offensiv stark. Und es hat sich wieder bestätigt, dass die Spanier eine tolle Mannschaft haben und attraktiv Fußball spielen.“

Götze zeichnet es aus, dass er immer das Maximum anstrebt. Egal, in welchem Bereich. Viele DFB-Kicker hätten sich vielleicht gefreut, wenn der potentielle Hauptkonkurrent um den EM-Titel, Spanien, schon in der Vorrunde ausgeschieden wäre. Götze sieht dies hingegen völlig anders, denn er möchte sich mit den Stärksten duellieren. „Es wäre eine Sensation gewesen, wenn sie ausgeschieden wären. Im Endeffekt hat sich Qualität durchgesetzt. Ich finde das auch gut, weil wir so die Möglichkeit haben, noch gegen Spanien zu spielen. Mich reizt es immer, gegen die Besten zu spielen.“

Es ist bekannt, dass die Unruhe besonders groß ist, wenn man einem Fußballspiel nur von der Bank aus zusehen kann. Dies musste Götze miterleben. Alle drei Vorrundenspiele der deutschen Mannschaft waren extrem eng. Besonders nervenaufreibend waren zweifellos die Spiele gegen Dänemark und Portugal. Das letzte Gruppenspiel gegen die Dänen bleibt Götze besonders in Erinnerung: „Es war eine Situation, in der ich überlegt habe, was passiert, wenn die Dänen noch ein Tor erzielen. Und sie hatten ja die Chance dazu, als Jakob Poulsen den Außenpfosten getroffen hat. Es hätte ruckzuck vorbei sein können, das war schon krass. Zum Glück ist es anders gekommen...“

Nun wartet bekanntlich Griechenland im Viertelfinale auf das deutsche Team. Götze schätzt den Gegner ein: „Es wird ein schwieriges Spiel. Sie sind defensiv definitiv sehr ordentlich organisiert. Sie haben überraschend gegen Russland gewonnen. Aber natürlich sollten wir in der Lage sein, uns gegen Griechenland durchzusetzen. Wie haben drei Siege geholt, wir sind selbstbewusst.“

Wenn man die Worte von Bundestrainer Löw richtig interpretiert hat, dann wird deutlich, dass es vielleicht eine Veränderung geben könnte. Die bundesweite Mehrheit wünscht sich einen Wechsel auf den Flügelpositionen, auch im Angriff könnte der wendige Miroslav Klose erfolgreicher agieren, als Gomez. Die Chance auf Spielzeit hätten Götze und Co. definitiv verdient.

Quelle: team.dfb.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: Deutschland; Götze; Löw; Viertelfinale; Griechenland
Datum: 20.06.2012 20:10 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-goetze-moechte-einfach-nur-spielen-1760.html


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