Freiburg-Trainer Streich: „Wir sind ein Ausbildungsverein“


In diesen Tagen erlebt SC Freiburg-Trainer Christian Streich zum ersten Mal etwas Gegenwind seit er Ende 2011 neuer Trainer bei den Breisgauern geworden ist. Mit elf Punkten nach 16 Partien steht er mit seinem Team auf Relegationsplatz 16. Auch im DFB-Pokal und in der Europa League ist er bereits ausgeschieden. Kontrovers wird über den emotionalen Fußball-Lehrer diskutiert. Die einen schätzen genau diese Eigenschaft, während andere dies als kritisch und überdreht erkannt haben wollen. In der letzten Spielzeit ist er sensationell auf den ersten Tabellenplatz gelandet, während er nun im Abstiegskampf steckt. Nun unterhält er sich im Gespräch mit „Sport1.de“ über diese Achterbahnfahrt und nennt die Probleme beim SC Freiburg.

Freiburg-Trainer Streich: „Wir sind ein Ausbildungsverein“
Bild: dfb.de
„Diese Saison war die größte Herausforderung, die es in Freiburg je gab“

In allen Wettbewerben hat der Sportclub nicht das erreichen können, was vielleicht möglich gewesen wäre. Trotz dieser bisher so bescheidenen Spielzeit zweifelt Streich jedoch keineswegs an seiner Arbeit: „ Man überlegt immer, was man hätte anders machen können. Aber ich weiß ja, woher es kommt. Wir hatten im Sommer einen enormen Aderlass und es war schwierig, das adäquat aufzufüllen. Wir hatten damals ohnehin eine für Freiburger Verhältnisse unglaubliche Qualität im Team. Durch die vielen Verletzungen und Spiele war diese Saison von vornherein eine unglaubliche Herausforderung, vielleicht die größte, die es in Freiburg je gab.“

„Für mich ging es nicht um Euphorie“

Im Sommer war die Euphorie beim SC Freiburg scheinbar grenzenlos. Nach dem fünften Tabellenplatz mussten einige Leistungsträger verkauft werden. Bis auf Mike Hanke wurden meist ausländische Spieler dazu geholt, die sich erst noch ein wenig integrieren mussten. Auch deshalb war Streich realistisch und hat vor einer schwierigen Saison gemahnt. Nun kann er dazu folgendes sagen: „ Für mich ging es nicht um Euphorie. Ich habe geschaut, welche Spieler ich habe und wie viele Spiele auf uns zukommen bis in den Dezember. Das war keine Intelligente Weitsicht, sondern ein völlig rationaler und klarer Blick auf die Dinge.“

„Ich habe im Sommer nie gesagt, dass wir die Größten sind“

Auch in Bezug auf die abgelaufene Spielzeit hat sich Streich durch einen gesunden Realismus ausgezeichnet. Er wusste auch die Europa League-Qualifikation richtig einzuschätzen: „ Es war ein sehr intensives und extremes Jahr. Aber ich war vorbereitet. Ich habe völlig reflektiert auf die Dinge geschaut und im Sommer nie gesagt, dass wir die Größten sind. Eine Saison wie die letzte, das gibt es in Freiburg nur, wenn alles zusammenkommt. Dann kann es auch mal passieren, dass der Sportclub Fünfter wird. Aber wir können keine Wunder vollbringen.“

„Wir müssen rational bleiben“

An einen möglichen Abstieg möchte er sich jedoch in dieser Saison keine allzu intensiven Gedanken machen. Vielmehr glaubt er an die Fähigkeiten seiner Mannschaft: „Wir beschäftigen uns ganz rational mit diesem Szenario. Wir haben schließlich eine Verantwortung gegenüber unserer Fußballschule und vielen Mitarbeitern. Das machen wir immer - für Freiburg. Bayern München muss sich nicht mit der zweiten Liga beschäftigen, wir aber schon. Wir wollen alles tun, um weiter in der Bundesliga zu spielen, müssen aber rational bleiben.“

„Wir sind extrem auf das Training angewiesen“

Enttäuschend waren ganz gewiss die Spiele in der Europa League, denn in einer schwachen Gruppe mit dem FC Sevilla, Slovan Liberec und Estoril Praia reichte es nur zu einem völlig enttäuschenden dritten Tabelleplatz, was das Ausscheiden zur bitteren Konsequenz hatte. Streich hat eine Schwierigkeit erkannt, dass die wenigen Trainingseinheiten für eine Problematik im erfolgreichen europäischen Fußball gesorgt haben: „Das ist kein Widerspruch. Eine Mannschaft wie Freiburg, die völlig neu zusammengestellt ist, muss in der Lage sein, sich die ganze Woche auf ein Spiel vorzubereiten. Nur dann können wir unseren Gegnern Paroli bieten. Wir sind extrem auf das Training angewiesen. Andere Mannschaften brauchen dieses weniger, weil sie viel mehr individuelle Klasse haben.“

„Wir spielen in der Bundesliga immer an der Kante“

Nach dem Ausscheiden aus den Pokalwettbewerben kann sich Streich nun voll und ganz auf den Abstiegskampf in der Bundesliga konzentrieren. Zahlreiche junge Spieler stehen im Freiburger Kader. Diese müssen nun auf das Saisonziel eingeschworen werden: „Wir sind ein Ausbildungsverein. Unsere Jungs brauchen Regenerationsmöglichkeiten. Sie spielen in der Bundesliga immer an der Kante. Das sind keine Wunderspieler, da muss alles passen. Und wenn man dann unter der Woche spielt, kann man fast gar nichts mehr üben, weil du nur noch am Regenerieren bist.“ Viele Jahre hat Streich bei den Breisgauern erfolgreich im Nachwuchsbereich gearbeitet. Nun macht er deutlich, was sein Erfolgsrezept darstellt: „ Es geht darum, seine Emotionen im Griff zu haben und auf ein ordentliches Maß zu bringen. Während dem Training kann man vieles vergessen. Ich versuche Spiele einzubauen, die ihnen Freude bereiten.“

„Die Freiburger kennen die Gründe dafür“

Mit bescheidenen, finanziellen Mitteln versucht der SC Freiburg Jahr für Jahr sich gegen die scheinbar übermächtige Konkurrenz durchzusetzen. Streich ist ein scharfer Kritiker der Kommerzialisierung, wie er auch gegenüber „sport1.de“ deutlich macht: „Wir holen auch Spieler von anderen Vereinen. Der Sportclub sitzt mit im Boot, rudert aber mit einem kleineren Paddel. Aber wir rudern auch, wir gehören dazu. Ich prangere nicht die Kommerzialisierung im Allgemeinen an. Es kommt auf die Art und Weise an: Interessieren sich die Leute, ob die Spieler in ihrem fußballerischen Werdegang weiterkommen oder geht es nur ums Geld?“ Die Fans in Freiburg sind traditionell geduldig, weil sie auch um die schwierige Situation wissen. Über den Kontakt zu den Fans kann er nun folgendes sagen: „ Sie sind nach wie vor freundlich zu mir und ich hoffe, dass ich freundlich zu ihnen bin. Wir tun Ihnen so viel Gutes wie möglich, weil wir fighten. Wir sind aber im Moment nicht in der Lage, Spiele zu gewinnen. Die Freiburger kennen die Gründe dafür.“

Quelle: sport1.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: Christian Streich, SC Freiburg, Bundesliga, FC Sevilla, FC Bayern München, Europa League
Datum: 19.12.2013 13:06 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-freiburg-trainer-streich--%84wir-sind-ein-ausbildungsverein%93-9606.html


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