Ein polnischer Traum ist ausgeträumt


Die Hoffnung stirbt zuletzt. Dieses Sprichwort ist auch im EM-Gastgeberland Polen allgegenwärtig. Nach dem tragisch anmutenden 0:1 gegen Tschechien muss Aufbauarbeit geliefert werden. Selten zuvor hat man soviele weinende Polen gesehen. Eine wahre Gefühlsachterbahn für unsere östlichen Nachbarn. Während in den Vergangenheit, der in der Historie arg gebeutelte Staat, eine riesengroße Party gewesen ist, ist der Schock allgegenwärtig. Nationaltrainer Frantisek Smuda versucht sich mit Durchhalteparolen.

Wenn man nach dem Spiel auf den Straßen von Breslau die Leute beobachtet hat, dann waren die verschmierten rot-weißen Gesichter der polnischen Fans ein perfektes Spiegelbild für den Seelenzustand. Auch die Gedanken waren durcheinander. Einige Anhänger konnten aus Schock nicht weinen. Die Zuversicht war nämlich vor dem Spiel riesig. So wurde publik, dass über 80 Prozent der polnischen Bevölkerung sicher von einem Sieg gegen Tschechien ausgegangen ist. Nun ist wieder einmal Aufbauarbeit gefragt. Diesmal auf sportlicher Ebene.
Selten war die Hoffnung so groß, dass dieses Team um die Dortmunder Robert Lewandowski, Lukas Pisczek und Jakub Blacszykowski realistische Chancen hatte, zumindest für eine Überraschung zu sorgen. In der abgelaufenen Spielzeit war dieses Trio zu Meisterehren gekommen. Nun liegt Polen sportlich und mental am Boden. Gegen die bisher biederen Tschechen hatte man fest mit einem Weiterkommen gerechnet. Einige sprachen schon vom „Jahrhundertspiel“ gegen den Erzrivalen aus Deutschland. Nun ist Wunden lecken angesagt und Trainer Smuda rückt öffentlich in die Kritik.
Widersprüche prägten die Aussagen von Smuda, der auf der anschließenden Pressekonferenz erklärte: „Ich muss meine Position nicht aufgeben. Mein Vertrag war nur gültig bis zum Ende der EM.“ Nur wenige Augenblicke später hingegen zeigte er Zuversicht und machte deutlich, dass er großes Interesse hat, auch in Zukunft die Mannschaft zu führen. So erklärte er den überraschten Medienvertretern: „Wir haben eine Mannschaft entwickelt, auf die wir in Zukunft zählen können. Wir haben bald schon wieder das erste Qualifikationsspiel zur WM, und ich glaube wirklich, dass wir uns für die WM qualifizieren können.“ Unterstützung dabei erhielt er von seinem Spieler Eugen Polanski, der mit seinen Worten eine große Portion Anerkennung für den Trainer ausdrückte: „Wir haben eine Mannschaft mit viel Potential, mit der in Zukunft einiges möglich ist.“
Die Verwunderung über solche Aussagen, die für einen Verbleib von Smuda gesprochen haben, war groß, weil dieser zuvor im polnischen Fernsehen noch erklärt hat: „Das ist hundertprozentig das Ende meines Abenteuers mit der Mannschaft. Was weiter sein wird? Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht, weil ich dachte, dass wir aus der Gruppe weiterkommen.“ Die Spieler konnten ihre große Enttäuschung nicht verbergen. Wie gelähmt agierten sie, denn besonders in der zweiten Hälfte fehlte die Zielstrebigkeit im Angriff. Unkonzentriertheiten in der Defensive, wie vor dem Siegtor durch Jiracek komplettierten eine schlechte polnische Mannschaft. Der große Hoffnungsträger und Volksheld Robert Lewandowski sagte traurig nach dem Schlusspfiff: „Ich weiß im Moment wirklich nicht, was ich sagen soll.“
Auch Polens Regierungschef Donald Tusk hatte nicht als Prophet dienlich sein können. Vor dem wichtigen Duell mit Nachbar Tschechien hatte er noch optimistisch auf einen 2:0 Sieg für sein Land getippt. Seine Begründung: „Die Tschechen haben bisher nicht Außergewöhnliches gezeigt.“ Vorher träumte er laut von einem Viertelfinale gegen Deutschland und bezeichnete diese Möglichkeit als „Match des Jahrhunderts.“

Quelle: www.welt.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: Polen; Tschechien; Smuda; Lewandowski; Pisczek; Blacszykowski
Datum: 17.06.2012 17:54 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-ein-polnischer-traum-ist-ausgetraeumt-1736.html
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