Dieter Hoeneß: „Was in Hoffenheim passiert, ist einfach nicht gut für den Fußball“


Sein Bruder Uli ist derzeit wegen angeblicher Schwarzgeldzahlungen in den bundesweiten Negativmeldungen. Dieter Hoeneß hat sich aus dem täglichen Fußballgeschäft derzeit ein wenig zurückgezogen. 14 Jahre lang arbeitete der jüngere der beiden Hoeneß-Brüder als Manager für Vereine wie den VfB Stuttgart, Hertha BSC und den VfL Wolfsburg in der Bundesliga. Er hat sich seit geraumer Zeit ein wenig auf andere Sachen konzentriert und beobachtet den deutschen Profifußball aus der Entfernung. Nun gibt der Ex-Profi bereitwillig Auskunft zu den aktuellen Ligathemen.

Dieter Hoeneß: „Was in Hoffenheim passiert, ist einfach nicht gut für den Fußball“
Bild: dfb.de
„Bei Werder Bremen ist der Druck gewaltig“

An seinen Antworten wird beim ehemaligen deutschen Nationalspieler schnell deutlich, dass er sich weiterhin als einen echten Insider in der höchsten, deutschen Spielklasse bezeichnen kann. Am letzten Wochenende ist für die Bundesligisten die Pflichtspielsaison mit der DFB-Pokalhauptrunde losgegangen. Dort erwischte es mit Borussia Mönchengladbach, dem 1. FC Nürnberg, Werder Bremen und Eintracht Braunschweig gleich vier Bundesligisten, die schon in der ersten Runde ausgeschieden sind. Zu der möglichen neuen Drucksituation kann Hoeneß nun folgendes berichten: „Ich denke bei Werder Bremen, denn die haben auch keine gute Vorbereitung gespielt. Bei Gladbach zum Beispiel war die Vorbereitung in Ordnung, da war das Pokal-Aus ein Ausrutscher - ein sehr ärgerlicher Ausrutscher. Bei Bremen hat man das Gefühl, dass sie noch sehr weit von dem entfernt sind, was sie sich vorstellen. Allerdings hat sich schon oft gezeigt, dass die Vorbereitung nicht immer Aufschluss auf die Saison gibt.“

Glaube an den VfL Wolfsburg als Überraschungsmannschaft

Seinem letzten Verein traut er eine mögliche Überraschung im Tabellenbild zu, wobei dies anhand der finanziellen Möglichkeiten der „Wölfe“ ganz gewiss mit Vorsicht zu genießen sein sollte, wie er gegenüber „Sport1.de deutlich gemacht hat: „Das könnte der VfL Wolfsburg sein. Sie haben eine relativ homogene Mannschaft und die Erwartungen sind nicht zu hoch gesteckt. Wenn sie einigermaßen vernünftig starten, könnte Wolfsburg vorne ein bisschen mitmischen.“ Mit Stars wie Diego, Naldo oder auch Vierinha besitzt die Mannschaft von Trainer Dieter Hecking eine ausgeprochen hohe Qualität im Kader. Wenn diese Spieler ihr Können auf den Rasen umsetzen können, dann ist zumindest die Qualifikation für die Europa League wahrlich keine Utopie: „ Mit den direkten Einnahmen aus der Champions League und den damit verbundenen Steigerungen zum Beispiel in den Bereichen Sponsoring und Merchandising, haben beide Teams natürlich enorme wirtschaftliche Vorteile. Dieses Geld kann dann im Optimalfall in die Qualität der Mannschaft investiert werden. Die anderen Teams tun sich sicherlich etwas schwerer, aber ich glaube nicht, dass Leverkusen und Schalke so weit von Dortmund weg sind.“

Befürchtung vor spanischen Verhältnissen durch Bayern und Dortmund

Sein Bruder Uli hat bekanntlich vor einigen Monaten von so genannten spanischen Verhältnissen gesprochen, die existieren könnten, da Bayern München und Borussia Dortmund der Konkurrenz in der Bundesliga weit überlegen seien. Diese Meinung teilt Bruder Dieter ähnlich, da er Bayern und Dortmund derzeit etwas enteilt sieht: „ Ich befürchte, dass es ganz wenige Mannschaften geben wird, die ganz nach vorne durchstoßen können. Es müsste schon sehr viel passieren, dass ein Team wie Wolfsburg oder Stuttgart noch einmal überraschend Meister wird. In naher Zukunft sehe ich diese Möglichkeit nicht.“

Problempunkte bei Bayern und Guardiola

Ohne jeglichen Zweifel hat der FC Bayern München den nominell und qualitativ stärksten Kader in der gesamten Bundesliga. Zudem wurde mit der ehemaligen Barcelona-Legende Pep Guardiola ein absoluter Fachmann für die Trainerposition verpflichtet. Hoeneß sieht mehrere mögliche Problemfelder, die ein erfolgreiches Arbeiten gefährden könnten: „Da gibt es mehrere Punkte. Zunächst einmal ist die Erwartung riesig und damit die Fallhöhe für Guardiola extrem hoch. Die Mannschaft ist übermäßig gut besetzt, gerade im Mittelfeld. Das wird ein Hauen und Stechen, Nationalspieler und Weltklassespieler werden teilweise auf der Tribüne sitzen. Das auf Dauer zu managen wird die große Herausforderung. Eine weitere Unwägbarkeit ist das System. Sollte die Taktik ohne echten Stürmer nicht funktionieren, muss er rechtzeitig umdenken. In Barcelona hatte er Lionel Messi, der gut 60 Tore als offensiver Mittelfeldspieler erzielte. So etwas gibt es in Deutschland nicht. Ich bin davon überzeugt, dass Pep Guardiola genau der Richtige ist, diese Herausforderungen zu meistern.“ Die Ausstiegsklauseln sind in diesem Jahr besonders stark in den Medien vertreten gewesen. Wie im Fall von Mario Götze und Adam Szalai. Auch um Dortmunds Sturmführer Robert Lewandowski gab es ein echtes Transferhickhack. Hoeneß ist in diesem Gebiet ein absoluter Fachmann, da er sich jahrelang mit solchen Themen intensivst beschäftigt hat. Über die Bedeutung von Verträgen in der Bundesliga kann Hoeneß nun folgendes mitteilen: „Das ist relativ einfach. Ist eine Klausel im Vertrag verankert, dann wird der Kontrakt eingehalten. Drängt der Spieler ohne eine Ausstiegsklausel auf einen Wechsel, dann in der Regel weil er eine neue Sprache kennenlernen will.“ Und er führt weiter aus: „Nein im Ernst, zum Fall Lewandowski. Das Gerücht, dass es eine Zusage für einen Wechsel bei einer bestimmten Summe gab, hält sich sehr konsequent. Diese Zusage wurde dann insofern revidiert, dass ein Transfer zu Bayern nicht möglich ist. Das dürfte zu Lewandowskis Unzufriedenheit geführt haben. Ich bin prinzipiell dafür, Verträge einzuhalten.“

Hoeneß-Kritik an Hoffenheimer Vorgehen

Eine sehr komplizierte Situation gibt es bei der TSG 1899 Hoffenheim, wo einige Spieler trotz laufenden Vertrages suspendiert worden sind und nicht mehr mit der Mannschaft trainieren dürfen. Sogar ein Honorartrainer wurde von dem Kraichgauklub engagiert, um die Spieler weiterhin fit zu halten. Zu dieser etwas ungewöhnlich erscheinenden Methode kann Hoeneß folgendes sagen: „Die Situation ist schwierig zu beurteilen, da es nur eine Ferndiagnose ist. Was in Hoffenheim passiert, ist einfach nicht gut für den Fußball. Möglicherweise weiß 1899 sich nicht mehr anders zu helfen. Aber auch hier gilt: Vertrag ist Vertrag. Hoffenheim hat sicher Gründe für sein Vorgehen, aber ob die Maßnahmen richtig sind, dahinter steht zumindest ein Fragezeichen. In einer kleinen Trainingsgruppe zu arbeiten, ist kurzfristig sicherlich eine Maßnahme, aber auf Dauer entspricht das nicht den Pflichten des Vereins aus dem Lizenzspielervertrag und die notwendige Spielpraxis durch Trainingsspiele und Spielformen wie 11:11 fehlen einfach.“

Hoeneß` Shootingstar Geheimtipp heißt Mahmoud Dahoud

In der abgelaufenen Spielzeit gab es einige echte Shootingstars in der Bundesliga. Ob die Freiburger-Fraktion oder auch Spieler vom FSV Mainz 05 oder sogar vom FC Augsburg haben sich talentierte Youngsters in den Vordergrund spielen können. Der Experte Dieter Hoeneß hat einen ganz besonderen Spieler beobachtet, der nach seiner Meinung ein sehr großes Potential besitzt: „Bei Borussia Mönchengladbach habe ich einen hochinteressanten jungen Spieler gesehen: Mahmoud Dahoud. 17 Jahre alt, Deutscher mit syrischen Wurzeln. Was ich von dem gesehen habe, hat mich richtig begeistert.“

Gladbach mit klugen Investitionen

Als einer der erfolgreichsten Manager der letzten 20 Jahre hat Dieter Hoeneß die Kenntnis, um sich über die Transferpolitik der Bundesligisten ein gutes Urteil bilden zu können. Dazu hat er folgende Meinung: „ Ich würde sagen Gladbach. Max Kruse ist ein sehr guter Spieler mit enormem Potenzial. Rafael ist auch ein hervorragender Spieler, dazu kommen noch ein paar gute junge Spieler. Das passt bei Gladbach alles sehr gut zusammen. Bei Bayern weiß man zum Beispiel nicht, ob es nicht sogar zu viel des Guten war. Bei Leverkusen bin ich mir ziemlich sicher, dass noch etwas passieren wird.“

Quelle: sport1.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: Dieter Hoeneß, VfL Wolfsburg, VfB Stuttgart, Uli Hoeneß, Bayern München, Borussia Dortmund
Datum: 09.08.2013 17:24 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-dieter-hoeness--„was-in-hoffenheim-passiert--ist-einfach-nicht-gut-fuer-den-fussball“-6837.html


Kommentare

Die Kommentar-Funktion wird momentan überarbeitet und ist in Kürze wieder verfügbar!

Für diese News ist leider noch kein Kommentar vorhanden.

Für den Inhalt des Kommentars ist der Autor verantwortlich. Die Kommentare spiegeln nicht die Meinung von 3-liga.com wieder.



Diese 3. Liga News könnten Sie ebenfalls interessieren


Demnächst bekommen Sie die News auch als Homepagetool für Ihre eigene Webseite.
Sie möchten auch News für 3-liga.com schreiben? Dann werden Sie Fan-News-Schreiber. Mehr Informationen dazu bekommen Sie hier.