Die großen Ziele des Mario Gomez


Mario Gomez hat bisher ganz eindrucksvoll Tore sprechen lassen. Mit drei Treffern in zwei Spielen liegt er gemeinsam mit Russlands Dzagoev und Kroatiens Mandzukic an der Spitze der EM-Torjägerliste. Die Kritik von vielen altinternationalen Experten hat er mit einer starken Leistung gegen die Niederlande abtropfen lassen. Viele Fragen bleiben dennoch offen. Im Interview mit „team.dfb.de“ erklärt er aber, dass sein Hunger nach Toren und Erfolgen noch längst nicht gestillt ist.

Die beiden Treffer, die den Sieg gegen den Erzrivalen erst ermöglicht haben, waren schön und wichtig zugleich. Auch für Bastian Schweinsteiger war es schier unbegreiflich, dass er mit solch einer Eleganz diese Treffer erzielen konnte. Gegenüber „team.dfb.de“ beschreibt er diese beiden Szenen mit seinen eigenen Worten: „Es waren jeweils genau die Situationen, auf die man als Stürmer lauert. Es ist heutzutage wahnsinnig schwierig für die zentralen Spitzen. Man hat meist zwei Gegenspieler und versucht, sich im Raum zwischen ihnen aufzuhalten, um in die Lücke gehen zu können. Gestern hat Bastian zwei Mal unglaublich gut und genau in diese Lücke gespielt. Beim ersten Tor habe ich den Ball mitgenommen, habe noch geschaut, was der Torwart macht und dann geschossen. Beim zweiten Treffer bekomme ich den Ball in die Gasse, der Winkel ist spitz. Beim Lauf zum Ball sehe ich das Tor, sehe, dass die lange Ecke möglich ist, wenn ich den Ball hoch schieße. So hab ich das dann gemacht. Und zum Glück ging es zwei Mal gut.“
Beide Tore wurden herausragend durch seinen Münchener Vereinskameraden Bastian Schweinsteiger vorgelegt. Gomez lobt seinen Freund und Mitspieler für diese Präzision und dessen großen Fähigkeiten: „Wir haben heute morgen schon darüber gescherzt. Es war so, wie es früher häufiger war. Er hat ein unheimlich gutes Auge und auch das Gefühl dafür, diese Bälle spielen zu können. Er ist ein Spieler mit viel Übersicht, wobei ich der Meinung bin, dass er noch häufiger die Bälle zu mir spielen könnte.“
Gomez hat in diesem Spiel einmal mehr bewiesen, dass er durchaus die Technik besitzt, um auch auf wenig Raum den Ball behaupten zu können. Er verrät, dass er noch mehr Bälle aus dem Mittelfeld erhalten möchte: „Ich weiß halt, dass er genial spielen kann. Deswegen sage ich ihm immer: 'Du weißt, dass ich da bin, zwischen den Verteidigern, wenn du durchspielst'. Es gibt häufig die Situation, dass Mittelfeldspieler auf die Abwehr zulaufen, zum Schuss ansetzen und sich die Verteidiger dann von mir lösen, weil sie den Schuss blocken wollen. Das sind die Momente, die ich meine, auf diese Augenblicke lauere ich als Stürmer. Und Bastian hat mich gestern zwei Mal fantastisch bedient.“
Immer wieder wurde in den Medien thematisiert und die Frage aufgeworfen, mit welchem Angreifer Löw denn beginnen sollte. Auch nach dem Siegtor gegen Portugal im Auftaktspiel konnte sich Gomez noch nicht sicher sein, dass er wieder in der Startelf stehen wird. Über den Moment seiner Spielgarantie gegen Holland sagt er zu „team.dfb.de“ folgendes: „Ich habe es bei der Mannschaftsbesprechung erfahren. Aber ich bin auch davor davon ausgegangen, dass ich spielen werde. Der Trainer hat nach dem Spiel gegen Portugal mit mir ein Gespräch geführt, in dem wir die Partie analysiert haben. Und er hat mir gesagt, dass ich mich - entgegen der öffentlichen Diskussion - sehr gut bewegt habe, dass ich viel nach hinten gearbeitet habe und dass ich im entscheidenden Moment da war. Deswegen gab es wohl auch für den Trainer keinen Grund, etwas zu wechseln.“
Die Medien spekulieren immer wieder, ob es vielleicht ein zwischenmenschliches Problem zwischen den beiden Kontrahenten geben könnte. Trotz der Konkurrenz verstehen sich die beiden gut, auch wenn Gomez zugibt, dass der Sturmplatz kein Thema der Gespräche ist: „Nein. Im Grunde sind wir seit dem Jahr 2007 in dieser Situation. Am Anfang haben wir noch zusammen gespielt, danach hat der Trainer das System auf 4-3-3 geändert. In diesem System kann nur ein zentraler Stürmer spielen, wir kennen das seit gut vier Jahren. Und ich kann Miros Situation gut nachempfinden, weil ich oft genug derjenige war, der draußen sitzen musste. Wir sind beide zu sehr Sportler und wir lieben zu sehr das Spiel, als dass wir uns mit der Reservebank zufrieden geben würden. Diese Situation ist aber gut für die Mannschaft und gut für uns beide. Die Konkurrenz treibt uns zu Höchstleitungen.“
Lobend äußert er sich auch über das Verhältnis. Auffällig ist, dass Klose auch von der Bank absoluten Teamgeist vorlebt und sich auch für die spielenden Akteure mitfreuen kann. Gomez versucht das Verhältnis zu seinem acht Jahre älteren Konkurrenten zu präzisieren: „Wenn ich spiele, hat Miro keinen Grund, sauer auf mich zu sein. Miro weiß, dass ich alles gebe. Ich weiß, dass er alles gibt. Wir sind beide Leistungssportler, wir bieten uns an - und der Trainer entscheidet sich. Wenn ich nicht spiele, unterstütze ich ihn, und wenn er nicht spielt, unterstützt er mich. Wir spielen in einer Mannschaft Fußball. Natürlich ist es schwierig, zu akzeptieren, wenn man nicht spielt. Und es ist einfach zu sagen, dass zu einer Mannschaft mehr als elf Spieler gehören, wenn man zu den elf Spielern gehört, die spielen. Aber letztendlich trifft das genau den Kern und unseren Teamgeist. Ich habe das bei der WM 2010 erlebt: Es gibt die Möglichkeit, zu resignieren und trotzig zu sein. Es gibt aber auch die Möglichkeit zu sagen, dass es bei diesem Turnier einzig und allein darum geht, dass die Mannschaft erfolgreich ist. Man muss sich einordnen. Dass heißt: Im Training Leistung zeigen, das Niveau hoch halten und die Mannschaft - und in dem Fall auch den Konkurrenten - so gut es geht unterstützen.“
Gomez gilt als ausgeprägter Teamplayer, der im vergangenen Spiel gegen die Niederlande unglaubliche 8,5 Kilometer gelaufen ist, um das Team zu unterstützen. Trotzdem muss man als Stürmer auch einen bestimmten Egoismus an den Tag legen, da man an Toren gemessen wird. Es wird im Gespräch mit „team.dfb.de“ klar, dass er seine persönlichen Ziele dem Team unterordnet, da er eine große Sehnsucht hat. „Nachdem ich erfahren habe, dass ich spielen werde, habe ich mir zum Ziel gesetzt, ein gutes Turnier zu spielen. Bei der EM 2008 hatte ich Pech, bei der WM 2010 hatte ich nicht die Möglichkeit und war auch nicht in der Verfassung zu zeigen, was ich kann. Jetzt wusste ich, dass ich in einer sehr guten Verfassung bin und zwei Jahre lang konstante Leistungen gezeigt habe. Das wollte ich bei der EM bestätigen. In den ersten beiden Spielen ist mir dies ganz gut gelungen. Aber: Wir haben noch gar nichts erreicht. Alles, was bisher war, ist ohne jede Relevanz, wenn wir nach dem Viertelfinale nach Hause fahren. Ich möchte Erfolg für das Team: Das heißt, so weit wie möglich kommen. Das ist mein Ziel. Alles andere ergibt sich dann von alleine.“
Besonders freut ihn auch, dass er es seinen Kritikern gezeigt hat, die ständig meckerten und ihm den Durchbruch nicht richtig zugetraut haben. Neben dem bekannten Kritikpunkt der Unbeweglichkeit wurde ihm auch das Schnöselimage angeheftet, was mit seinem attraktivem Äußerem zu tun haben könnte. So modelt der Halb-Spanier auch für das Modelabel Hugo Boss und zeigt sich gerne in einem schicken Outfit. Jetzt konnte er all die Zweifler auch mit Leistung auf dem Platz überzeugen. Ein wenig stolz ist er darüber schon: „Diese Diskussion dürfte schon länger nicht mehr gelten. Ich habe in den vergangenen zwölf Länderspielen zwölf Tore erzielt und gute Leistungen gezeigt. Anfang 2011 war ich an den Punkt mich zu fragen, was ich will, wenn ich zur Nationalmannschaft fahre: Soll es eine Last für mich sein oder will ich Spaß haben und mich auf die Spiele freuen, wie jeder andere Spieler auch. Ich habe mich dann freigemacht von allen Diskussionen und dem Gerede um meine Person. Mir ist es vor allem gelungen, mich von dem Gedanken freizumachen, dass ich in einem Spiel immer alle Leute voll von mir überzeugen und sie für mich vereinnahmen will. Ich habe mir gesagt: 'Spiel dein Spiel, versuche, alles aus dir herauszuholen. Dann wirst du erfolgreich sein und wichtige Tore in der Nationalmannschaft machen.' Nach diesem Motto bin ich zu Länderspielen gefahren. Und nach und nach habe ich den Spaß zurück bekommen, den man benötigt, um gut Fußball spielen zu können.“
Für viele ist eine EM deutlich höher einzuschätzen als eine WM. Zumindest aus sportlicher Sicht, denn bis auf Argentinien und Brasilien und mit Abstrichen Uruguay spielen die stärksten Mannschaften auf dem Kontinent in Europa. Deshalb ist auch die Leistungsdichte schon in der Gruppenphase besonders hoch. Die Spiele gegen die europäischen Spitzenmannschaften Portugal und die Niederlande sind besonders schwierig zu bestreiten, da diese Teams auch zum erweiterten Titelkreis gezählt wurden. Mit Glück gegen Portugal und einer starken Leistung gegen die Niederlande konnten beide Partien siegreich gestaltet werden. Trotzdem ist die DFB-Elf immer noch nicht sicher für das Viertelfinale qualifiziert, was Mario Gomez ein wenig verwundert. Der 26-Jährige bewertet das Niveau dieser Europameisterschaft: „Auch wenn man die beiden Spiele sieht. Portugal und die Niederlande sind Mitfavoriten auf den Titel. Beide Spiele waren unglaublich intensiv. Die Niederlande haben eine Mannschaft, bei der man immer das Gefühl hat, dass sie nach vorne noch etwas machen kann. Aber es ist schon verrückt. Wenn man die ersten beiden Spiele gegen solche Mannschaften gewinnt und dennoch nicht sicher weiter ist, dann spricht das für das Niveau der Mannschaften und die Ausgeglichenheit bei diesem Turnier.“
Einige hatten auch gehofft, dass es sehr gut sein würde, wenn das letzte Duell gegen Dänemark dazu genutzt werden könnte, um einige Stars zu schonen und hoffnungsvollen Reservisten wie Götze, Reus, Schürrle oder auch Gündogan eine Chance zu geben. Nun hat sich durch den späten Sieg der Portugiesen gegen Dänemark diese Situation nicht ergeben. Deutschland braucht noch mindestens einen Zähler für den sicheren Viertelfinaleinzug. Vielleicht könnte dies auch ein Vorteil sein, weil die Anspannung und Konzentration weiterhin hoch gehalten werden muss. Dazu hat Gomez auch eine eigene Meinung: „Wir wissen, dass wir noch einen Punkt brauchen. Diesen Punkt wollen wir uns unbedingt holen, wir wollen auch das letzte Spiel in der Gruppe gewinnen. Ich finde es gut, dass wir uns nicht ausruhen können. Wir spielen bei der EM maximal sechs Spiele, drei Mal in der Vorrunde und dann hoffentlich noch drei K.o.-Spiele inklusive Endspiel. Diese sechs Spiele kann man voll powern, das ist kein Problem. Der Urlaub danach kommt früh genug.“

Quelle: www.team.dfb.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: Mario Gomez; Deutschland; Klose
Datum: 17.06.2012 19:20 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-die-großen-ziele-des-mario-gomez-1740.html


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