Die deutschen Europa-League-Vertreter und die bittere Realität


Europaweit wurden wahre Lobeshymnen auf den deutschen Vereinsfußball geschwungen, der seine kompletten sieben Vertreter durch die europäische Gruppenphase bringen konnte. Die drei deutschen Champions-League-Teams sogar auf dem ersten Tabellenplatz, was einen gewissen Vorteil für die K.O.-Phase mitbringen kann. Nun sind jedoch die vier Vertreter in der Europa-League auf dem harten Boden der Realität angekommen und es wäre keine gewaltige Überraschung, wenn ab dem Achtelfinale dieser Wettbewerb gänzlich ohne deutsche Beteiligung stattfinden würde.

Sicherlich müssen erst einmal die Rückspiele in knapp einer Woche abgewartet werden. Dennoch verleiten die Hinspiele nicht gerade zu übermäßigem Optimismus, wenn es um die allgemeine Bewertung der deutschen Erfolgsaussichten geht. So hat etwa Hannover 96 sein Auswärtsspiel trotz einer scheinbar beruhigenden 1:0-Führung noch mit 1:3 beim schwerreichen aber durchaus verwundbaren Team Anschi Machatschkala verloren. Im Rückspiel in der heimischen AWD-Arena ist nun zumindest ein 2:0-Sieg notwendig, um die Mannschaft von Startrainer Guus Hiddink auszuschalten.

Der Bundesliga-Dritte Bayer Leverkusen hat sogar sein Heimspiel gegen Benfica Lissabon mit 1:0 verloren und muss im Rückspiel im Estadio da Luz nun unbedingt einen Auswärtssieg landen, um den hohen Ansprüchen von einem Europa-League-Sieg tatsächlich noch gerecht zu werden. Noch vor dem Duell mit dem portugiesischen Traditionsverein hat Bayer-Angreifer Stefan Kießling getönt, dass er den Europa-League-Titel als klares Ziel erkennt.

Arg enttäuschend gestaltete sich hingegen der Auftritt des Bundesliga-Krisenklubs VfB Stuttgart, der sein Heimspiel gegen den KRC Genk durch ein Last-Minute-Gegentor nur 1:1 Unentschieden gestaltete. Genk präsentierte sich dabei als spielstärker und vor allem selbstbewusster als der Traditionsverein aus Schwaben. Realistisch gesehen droht auch dem Team von Trainer Bruno Labbadia ein frühzeitiges Ausscheiden im Kontinentalwettbewerb.

Ebenfalls einen Last-Minute-Ausgleich musste Borussia Mönchengladbach hinnehmen. Gegen den italienischen Spitzenverein Lazio Rom wurde in der 94. Spielminute noch der 3:3-Ausgleichstreffer kassiert. Nun muss die „Elf vom Niederrhein“ unbedingt in der „ewigen Stadt“ gewinnen, damit auch in der nächsten Runde der Publikumsmagnet vertreten ist. Diesen Status untermauern auch die über 10.000 VfL-Fans, die das Olympiastadion von Rom zu einem Heimspiel mutieren lassen.

Alles in allem muss ehrlich konstatiert werden, dass schon in der Gruppenphase Teams wie Mönchengladbach oder vor allem Stuttgart ein Bündnis mit der Glücksgöttin Fortuna zu haben schienen. Durch die Fehler der Konkurrenz und vielen glücklichen Faktoren ist das Bundesliga-Duo letztlich weitergekommen. Besonders der VfB Stuttgart bekleckerte sich bei der peinlichen Heimniederlage gegen Molde FK nicht gerade mit Ruhm. Die Gegner gehörten in der ersten Runde auch nicht unbedingt dem europäischen Hochadel an, sodass auch schwächere Leistungen gegen finanziell teilweise schlechter ausgestattete Mannschaften ausreichten. Ein wenig mehr Realismus sollte auch in diesem Fall an den Tag gelegt werden. Dass die vollwertige Ausbeute von 100 Prozent Bundesliga-Mannschaft auch in der nächsten K.O.-Runde stattfinden wird, ist nahezu utopisch. Dafür sind die Voraussetzungen zu schlecht, denn drei Auswärtsspiele mit ungünstigen Ergebnissen und ein Heimspiel mit einem schwerlich aufzuholenden Resultat sind Faktoren, die eher für ein schnelles Ausscheiden sprechen. Der geneigte Fußballfan würde sich jedoch mächtig freuen, wenn tatsächlich das „Fußball-Wunder“ stattfinden würde und alle deutschen Teams auch diese Runde überstehen werden. Deutsche Aufholjagden hat es definitiv schon häufiger in der Vergangenheit gegeben.

Ein weniger anders gestaltet sich die Ausgangsposition in der Champions-League für den deutschen Vertreter Borussia Dortmund. Beim 2:2-Hinspiel bei Schachtjor Donezk hat der BVB eine richtig gute Perspektive für das Rückspiel herausspielen können. Treffer durch Goalgetter Robert Lewandowski und Abwehrchef Mats Hummels haben für eine glänzende Ausgangsposition gesorgt. Nun genügt ein torarmes Unentschieden, um ins Viertelfinale einzuziehen. Donezk benötigt einen Auswärtssieg in der stimmungsvollen Dortmunder-Arena. Ein Vorrücken vom Klopp-Team in die Runde der letzten Acht scheint jedoch durchaus realistisch zu sein.

Noch gar nicht präsentiert haben sich die deutschen Königsklassen-Starter FC Bayern München und der FC Schalke 04. Während der deutsche Rekordmeister mit dem FC Arsenal London einen durchaus schlagbaren Gegner zu überwinden hat, sieht die Situation beim FC Schalke 04 nicht ganz so grandios aus.
Der vielfach kritisierte S04-Trainer Jens Keller muss beim Auswärtsspiel kommenden Mittwoch gegen Galatasaray Istanbul unbedingt ein gutes Ergebnis mit seinem Team erzielen, damit für das Rückspiel in der heimischen Arena eine gute Ausgangsposition geschaffen werden kann. Schlagbar sind jedoch sowohl Arsenal als auch Galatasaray, denn die beiden Bundesligisten haben in der Gruppenphase ihr großartiges Leistungsvermögen eindrucksvoll demonstrieren können.

Wenn man sich die Perspektiven der sieben Bundesliga-Vertreter anschaut, dann fällt auf, dass vielleicht zuviel „Honig um den Bart“ geschmiert worden ist. Ein wenig mehr Realismus hätte gut getan. Besonders die Medien sollten sich kritisch hinterfragen, ob nach einer guten Vorrunde der deutschen Kontinental-Starter denn auch tatsächlich soviel Euphorie notwendig gewesen ist. Sicherlich konnten besonders die deutschen Champions-League-Teilnehmer eindrucksvolle Leistungen bieten. Wobei Borussia Dortmund in diesem Fall ausdrücklich hervorzuheben ist. Dennoch muss nicht nach einem gutem Halbjahr direkt von der „stärksten Liga der Welt“ gesprochen werden. Konstanz bis in die entscheidende Phase zu zeigen, ist diesbezüglich ein gutes Stichwort. Bekanntlich müssen jedoch zuerst einmal die Rückspiele abgewartet werden, sodass erst dann ein realistisches Fazit über das Leistungsvermögen der Bundesliga-Vereine gezogen werden kann.

Quelle: www.bild.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: BVB; VfB Stuttgart; Europa-League; Borussia Mönchengladbach; Hannover 96; Bayer 04 Leverkusen: FC Schalke 04; FC Bayern München; Champions-League
Datum: 15.02.2013 12:09 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-die-deutschen-europa-league-vertreter-und-die-bittere-realitaet-4170.html


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