DFB-Rückkehrer Westermann: „Will dem Trainer zeigen, dass ich eine Option bin“


Für viele Freunde und Beobachter kam diese Rückkehr etwas überraschend. Das Comeback von Hamburgs Heiko Westermann in der deutschen Nationalmannschaft kam auch durch glückliche Umstände zusammen, da Stammverteidiger Mats Hummels kurzfristig ausgefallen ist. Nun kann der 28-jährige Defensivallrounder zeigen, dass er zu Recht im DFB-Team für die WM-Qualifikationsspiele gegen Irland und Schweden steht.

Es gab sicherlich echte Wiedersehensfreude beim gebürtigen Franken. Es gab nicht wenige Beteiligte, die eine Rückkehr des nicht immer fehlerfreien Westermann gänzlich ausgeschlossen haben. Doch überragende Leistungen bei seinem Verein, dem Hamburger SV, haben dafür gesorgt, dass er sich diese Teilnahme bei den deutschen Auswahlkickern mehr als verdient hat. Im Gespräch mit „DFB.de“ betrachtet er seine ersten Stunden im DFB-Team nach seiner Wiederkehr und drückt seine große Zufriedenheit in Worten aus: „Es hat sich nicht viel geändert. Gefühlt war ich zwar eine Ewigkeit nicht dabei, tatsächlich waren es ja nur weniger als zwei Jahre. Ich freue mich sehr, wieder dabei zu sein, das ist doch klar. Ich wurde von allen offen und herzlich empfangen, so als wäre ich nie weg gewesen.“
Über die Art seiner Nominierung verrät er: „Ich war mit meiner Frau Essen und hatte mein Handy auf lautlos gestellt. Ich habe aber immer wieder aufs Telefon geschaut, deswegen habe ich gesehen, dass ich angerufen wurde. Und diesmal habe ich die Nummer erkannt…“ Und er fügt hinzu, dass keinesfalls zwei Jahre absolute Funkstille geherrscht hat: „Es ist aber nicht so, dass wir nach meinem letzten Länderspiel keinen Kontakt gehabt hätten. Wir haben hin und wieder telefoniert, auch mit Hansi Flick und Andy Köpke habe ich mich ab und zu ausgetauscht. Die Verbindung ist nie abgerissen.“
Richtig weit weg war der zweikampfstarke Abwehrmann aber keinesfalls. Vielmehr hat er sich immer als ein wichtiges Mitglied dieser Mannschaft gesehen, wie er „DFB.de“ anvertraut hat: „Ich war nicht dabei, das ist Fakt. Aber wenn man Spieler, Trainer und Betreuerstab gut kennt, dann fühlt man sich immer irgendwie zur Nationalmannschaft zugehörig. Und gehofft, dass ich eines Tages wieder dabei sein würde, habe ich immer.“ Dennoch muss konstatiert werden, dass auch seine Leistungen in der Vergangenheit keinesfalls so überzeugend gewesen sind, dass in grenzenlosen Optimismus hinsichtlich eines baldigen Comebacks ausgeartet werden sollte. Westermann zeichnet jedoch ein gewisser Grundoptimismus aus, weshalb er in einem Interview vor Saisonstart lautstark die WM 2014 als Ziel bekannt gegeben hat. Seine Überzeugungskraft waren ihm bei dieser Zielsetzung sicherlich ein wichtiger Begleiter. Dies kann er indirekt auch bestätigen: „Ich hatte einfach ein gutes Gefühl. Ich kenne meine Qualitäten, ich weiß was ich kann, weiß aber auch, was ich nicht kann. Ich habe das Fußballspielen nicht verlernt, deswegen hatte und habe ich den Anspruch, für die Nationalmannschaft eine Option zu sein. Außerdem sehe ich keinen Grund, mich zu verstecken. Ich habe immer daran geglaubt, dass mein Weg zurück zur Mannschaft führen kann.“
Vielfach wurde auch spekuliert, was die ausschlaggebenden Punkte für die Nominierung durch den Bundestrainer Joachim Löw gewesen sein könnten. Westermann gibt für dieses Rätsel Aufschluss, indem er sagt: „Dass ich mental stark bin. Dass ich zweikampfstark bin. Dass er mich braucht.“ Offen und ehrlich wie er nun einmal ist, gibt er auch einen kurzen Einblick in sein Seelenleben nach seiner erfolgten Nominierung: „Ich habe eine schwierige Zeit hinter mir, es gab zu letzt nur wenige Highlights für mich. Ich habe mich im vergangenen halben Jahr zwar stabilisiert, aber es ist richtig schön, dafür nun auch eine Bestätigung durch den Bundestrainer bekommen zu haben. Es ist toll, wieder bei der Nationalmannschaft zu sein, und es macht mich stolz, dass es mir gelungen ist, wieder den Anschluss zu schaffen.“
team.dfb.de: „Sie haben sich im vorletzten Testspiel vor der WM Südafrika schwer verletzt. Der Bundestrainer sagt, dass Sie in seinen Planungen für das Turnier eine große Rolle gespielt haben. Wie haben Sie danach die WM verfolgt – konnten Sie sich Spiele der deutschen Mannschaft angucken oder hat es zu sehr weh getan, nicht dabei sein zu können?“
Westermann: „Ich habe nur die deutschen Spiele geschaut, also unsere Spiele. Die Situation war extrem schwierig für mich. Ich wusste gar nicht, wie das ist: verletzt zu sein. Der Kahnbeinbruch war die erste Verletzung, die ich überhaupt hatte. Und dann auch noch zu so einem ungünstigen Zeitpunkt. Damit musste ich erstmal klarkommen. Für mich war es ungewohnt, untätig auf dem Sofa liegen zu müssen. Ich bin ein sehr ungeduldiger Mensch, für meine Mitmenschen war ich in dieser Zeit nicht immer ein angenehmer Zeitgenosse. Ich war sehr genervt, nach drei oder vier Wochen habe ich den Gips einfach weggerissen. Das war nicht unbedingt das, was mir die Ärzte geraten hätten, aber es hat der Heilung auch nicht geschadet.“
Fußballerkarrieren werden häufig auch von Verletzungen begleitet. Für Westermann trifft dies auch zu. Kurz vor der WM 2010 in Südafrika war der damalige Schalker eine wichtige Personalie und durfte von einer Nominierung für die Weltmeisterschaft ausgehen. Wie das Pech auch im Fußball so mitspielt, stoppte seine hervorragende Entwicklung ein Kahnbeinbruch, der ihm die Teilnahme an der WM letztlich verwehrte. Die hypothetische Frage von „DFB.de“, wie seine Laufbahn ohne diese Verletzung gelaufen wäre, beantwortet er: „Man weiß nie, vielleicht hätte ich damals eine gute WM gespielt, vielleicht wären dann einige Dinge anders gelaufen. Aber, dass ist alles hypothetisch. Es ist, wie es ist. Und es könnte schlechter sein. Ich habe versucht, mir realistische Ziele zu setzen. Die Vergangenheit lässt sich nicht mehr beeinflussen, die Zukunft schon.“
Es gibt verschiedene Spielertypen. Dies macht den Fußball auch so interessant. Westermann ist erfahrungsgemäß ein Spieler, der langfristig überzeugen kann und bei seinem ersten Einsatz nicht wirklich positiv auf sich aufmerksam machen konnte. Dies hat er sowohl bei seinen Vereinsstationen, als auch in der Nationalmannschaft oft hinlänglich bewiesen. Deshalb drückt er auch seine Zufriedenheit aus, dass es sich nur um eine Rückkehr handelt und daher von einer deutlich reiferen, sprich besseren Leistung ausgegangen werden kann. Zu seinen vergangenen Leistungen und zu seinem derzeitigen Niveau hat er auch eine ganz spezielle Meinung: „Es stimmt schon, dass meine persönliche Leistung bei Debüts oft steigerungsfähig war. Es ist aber eine Frage, wie man Erfolg definiert. Die Spiele, in denen ich debütiert habe, haben meine Mannschaften zumeist gewonnen. Die persönliche Leistung ist im Vergleich dazu eher zweitrangig.“
Ambitioniert und ehrgeizig ist Westermann bekanntlich. Deshalb nennt er auch seine persönlichen Ziele, die er mit dieser Rückkehr an sich selbst gestellt hat. Hier kommt seine enorme Motivation in Erscheinung: „Ich will mich anbieten, will im Training zeigen, was ich drauf habe und dem Bundestrainer beweisen, dass ich eine Option bin. Und mit der Mannschaft will ich die beiden Spiele gewinnen und damit der WM in Brasilien näher kommen. Deswegen bin ich hier, unabhängig davon, ob ich zum Einsatz komme oder nicht.“
Möglicherweise schließt sich ein Kreis für den Hamburger Spielführer. Wie der Zufall auch im Fußball häufig Pate steht, kommt es am kommenden Dienstag zu einem Wiedersehen mit der schwedischen Nationalmannschaft, die auch bei seinem letzten Länderspiel am 10. November 2010 der Kontrahent der deutschen Nationalmannschaft gewesen ist. Dazu sagt er: „Für mich könnte sich ein Kreis schließen, bzw. ein neuer öffnen. Das wäre natürlich super. Aber noch mal: Wichtig ist vor allem, dass wir beide Spiele gewinnen. Alles andere wäre eine Enttäuschung.“

Quelle: dfb.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: DFB-Team; Löw; Westermann; Köpke; Flick; Hummels
Datum: 10.10.2012 20:27 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-dfb-rueckkehrer-westermann--„will-dem-trainer-zeigen--dass-ich-eine-option-bin“-2462.html
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