DFB-Keeper Adler: „Der schönste Moment war der Abpfiff“


Dieser 2:1 Testspielsieg der deutschen Nationalmannschaft über Frankreich hat international und selbstverständlich auch national großen Respekt eingebracht, denn gegen eine internationale Spitzenmannschaft konnte mit einem beeindruckenden Fußball verdient gewonnen werden. Im Mittelpunkt des Interesses stand dabei auch Torwart Rene Adler, der nach 812 Tagen sein Comeback im Kasten des DFB-Teams gegeben hat. 80.000 Zuschauer waren Zeuge eines geglückten Comebacks. Im Gespräch mit „DFB.de“ gibt der 27-jährige
Leverkusener Auskunft über seine Befindlichkeiten vor, während und nach dem Spiel.

Publik wurde, dass sich die Rückreise nach Hamburg äußerst schwerlich gestaltete. Über die konkreten Probleme berichtete der eloquente Adler: „Es stimmt, die Rückreise war ein bisschen chaotisch. Es gab zwei Flüge nach Hamburg, der erste ging schon um neun, ich wollte ursprünglich um kurz vor elf fliegen. Meine Freundin war mit in Paris, mit ihr wollte ich noch in Ruhe frühstücken. Als wir dann zum Flughafen gekommen sind, waren die aus der ersten Maschine noch da: Heiko Westermann und Uwe Seeler. Ihr Flug wurde gestrichen. Sie sollten dann auch auf unserem Flug mitkommen. Aber falsch gedacht. Wir saßen schon im Auto auf dem Rollfeld und wollten zu unserem Flieger – nur war der Flieger nicht mehr da. Wir haben dann schon geflachst, dass die Franzosen das mit Absicht gemacht haben, um sich für die Niederlage zu rächen.“ Eine vernünftige Alternative wurde mit einem Zwischenstop in München eingelegt, wie Adler „DFB.de“ verraten hat: „Wir sind kurzerhand mit den Spielern der Bayern von Paris nach München geflogen, um von dort aus nach Hamburg zu kommen. Es war wirklich ein langer und beschwerlicher Tag, auch, weil ich mit einem dicken Pferdekuss von Benzema aus dem Spiel gegangen bin. Dafür war die viele Fliegerei nicht wirklich gut.“
Richtig zum Schlafen kam der Rückkehrer jedoch nicht, denn zuvor mussten erst noch private Angelegenheiten geregelt werden: „Wir sind dann zu Marcell Jansen gefahren, weil er unseren Hund gehütet hat, da meine Freundin ja auch in Paris war. Jansens haben einen großen Rottweiler, für unseren Hund ist es gut, wenn er einen Spielgefährten hat. Wir haben dort noch ein bisschen Karnevalsmusik gehört, es war ja schließlich Weiberfastnacht. Erst dann sind wir nach Hause, und ich war sehr froh, als ich um kurz vor zehn endlich todmüde ins Bett fallen konnte.“
Im Rückblick auf die sportlichen Gesichtspunkte fällt das Feedback sehr positiv aus, denn der Wettkampf im Team ist enorm. Die Konzentration muss ständig hochgehalten werden und auch der Gegner gehört zur besten Kategorie des europäischen Fußballs. Letztlich überwiegt jedoch die Freude über diese Begegnung: „Im Nachhinein ist die Freude sehr groß. Ich bin glücklich und erleichtert, dass es für uns als Mannschaft so gut gelaufen ist. Endlich haben wir mal wieder in Frankreich gewonnen. Es war wichtig, gut in das Länderspieljahr zu starten. 2013 ist ein Jahr der Konzentration, auch ein Jahr des Konkurrenzkampfes. Insofern war klar, dass ein gewisser Druck auf uns lastet. Es waren 80.000 Zuschauer im Stadion. Für mich hat das bedeutet, dass eine gewisse Nervosität und Anspannung vorhanden war. Auf diesem Niveau hatte ich mehr als zwei Jahre lang nicht gespielt. Und gedanklich war ich ziemlich lange ziemlich weit weg von einer solchen Situation. Ich müsste also lügen, um zu sagen, dass ich wirklich jeden Moment genossen habe. Dafür war die Anspannung einfach zu groß.“
Seine Verletzungspause ist hart und schmerzhaft gewesen, aber hat auch dazu geführt, dass Geduld bei ihm besonders stark ausgeprägt ist. In seinem Alter hat er mittlerweile auch eine gewisse Routine entwickeln können, mit der er auch komplizierte Situationen regeln kann: „Das hat sie auch. Aber es ist nicht so, dass ich deswegen nicht mehr ehrgeizig wäre. Und einen gewissen Druck braucht man einfach, auch eine gewisse Nervosität und Anspannung. Vielleicht sogar eine gewisse Angst. Das ist gut, das fördert, das schärft die Sinne und fördert damit die Reaktion. Es darf nur nicht so sein, dass man durch die Nervosität gehemmt wird. Man darf keine Angst haben, Fehler zu machen. Und das war bei mir nicht der Fall. Ich hatte eine gute Mischung zwischen Anspannung und Lockerheit.“ Über den schönsten Moment in diesem Spiel hat er auch schon eine klare Meinung entwickeln können: „Es war auch der Abpfiff, aber nicht nur. Und daran merke ich, dass ich in meiner Entwicklung weiter bin als 2008. Ich habe den Gang aufs Spielfeld, die vielen Flaggen, die Stimmung bei der Marseillaise und natürlich die deutsche Nationalhymne sehr wohl wahrgenommen und als schön empfunden. Ich war weniger "im Tunnel" als das bei meinen ersten Länderspielen der Fall war.“
Seit er im Juli 2012 zum Hamburger SV gewechselt ist, hat er seine langwierige Verletzungsproblematik hinter sich lassen können. Nun liegt sein klarer Fokus auf seine sportlichen Leistungen, die in der Hinrunde dieser Spielzeit absolut länderspielwürdig gewesen sind. Dennoch zeigt er sich bei Verkündung seiner Startelfnominierung reichlich verwundert, wie er „DFB.de“ verraten hat: „Ja, ich war schon überrascht, als mir Andi Köpke mitgeteilt hat, dass ich von Beginn an spiele. Schließlich ist die Rollenverteilung geklärt. Aber der Bundestrainer muss auch sehen, dass der zweite Anzug passt. Dass die Spieler, die momentan hinten dran stehen, auch in Drucksituationen funktionieren und ihren Job gut machen. Um das zu testen, sind Testspiele gegen gute Gegner prädestiniert. Und natürlich habe ich mich wahnsinnig gefreut, dass ich nach so langer Zeit ein Spiel gegen einen so großen Namen machen konnte.“
Adler ist nun schon lange genug dabei, um zu wissen, dass Einzelschicksale keine große Rolle spielen. Deshalb hat er auch kein besonders starkes Mitgefühl für die letztlich nicht nominierten Konkurrenten Marc-Andre ter Stegen und Ron-Robert Zieler aufbauen können. Adler hat die Mechanismen des Fußballgeschäfts erkannt und möchte dieser Situation nicht zuviel Bedeutung beimessen: „Nein, Kontakt aufgenommen habe ich nicht. Für die Fußballbranche gilt nun mal, dass das Glück des einen das Leid des anderen ist. Ich habe das umgekehrt oft genug am eigenen Leibe erfahren. Ich habe auf diese Weise die Nummer eins verloren und eine ganze WM verpasst. Als Fußballer muss man ein Stück weit auch Egoist sein, und außerdem wir reden hier von einer Momentaufnahme.“ Es ist schon lange Tradition beim DFB, dass nach jedem Länderspiel die Nationalspieler eine Medaille überreicht bekommen. Sehr freudig nahm Adler diese Auszeichnung aus den Händen von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach entgegen. Seine Begründung dafür: „Das war auch der erste Gedanke, den ich hatte, dass das eine doch sehr spezielle Medaille ist. Die Medaille wird mein Vater bekommen, er sammelt die ganzen Erinnerungstücke aus meiner Karriere. Ich bin sicher, dass er einen würdigen Platz für sie finden wird.“
Die Anerkennung seiner Teamkollegen ist wirklich beachtlich, auch weil die Verletzungsproblematik und dieses grandiose Comeback bekannt sind. Adler demonstriert auch, dass er sich in diesem Umfeld sehr wohlfühlt, auch weil er bestimmte Eigenschaften demonstriert hat, die ihn auch in diesem Umfeld zu einem echten Publikumsliebling mutieren lassen, wie der klarstellt: „Das kam ja auch, weil Poldi natürlich irgendeinen Spaß gemacht hat. Ich kenne die Jungs schon lange. Und die Jungs kennen mich schon lange. Mich freut am meisten der Respekt, der mir aus dem Kreis der Nationalmannschaft als Spieler und als Person entgegengebracht wird. Natürlich haben die Jungs wahrgenommen, dass ich mich nie habe hängen lasse und dass ich nach einer schweren Verletzung den Weg zurück gekämpft habe. Unter Sportlern wird das honoriert. Das freut mich, und das macht mich auch ein bisschen stolz.“
Nun muss der Fokus jedoch auf die Bundesliga gelegt werden, wo der Hamburger SV beim amtierenden Doublesieger Borussia Dortmund antreten muss. Mit Ilkay Gündogan und Mats Hummels gab es zwei BVB-Spieler, die ebenfalls im Kreis der Nationalmannschaft zugegen waren. Es gab eine kurze Kommunikation über diese Begegnung, wie Adler erzählt hat: „Mats und ich saßen an einem Tisch, da haben wir kurz über das Spiel geredet. Er hat mir gesagt, dass die Dortmunder einiges wieder gut machen wollen. In der Hinrunde haben wir zuhause gegen den BVB gewonnen, für Dortmund war es der Ausgangspunkt einer negativen Serie und einer nicht ganz zufriedenstellenden Hinrunde. Das ist bei ihnen noch im Hinterkopf.“ Und ein mögliches Siegrezept für einen überraschenden Auswärtssieg im Signal-Iduna-Park hat er ebenfalls parat, wenn er sagt: „Wir müssen als Mannschaft komplett funktionieren. Jeder unserer Spieler muss nahezu an sein Optimum kommen, wenn wir in Dortmund eine Chance haben wollen. Wir müssen gut gegen den Ball arbeiten, wir müssen kompakt stehen. Aber wir haben im Hinspiel gezeigt, dass wir gegen den BVB bestehen können, wenn wir uns gegenseitig helfen und unser Potenzial abrufen. Das fängt bei den Stürmern an und hört hinten beim Torwart auf.“

Quelle: dfb.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: DFB-Keeper; Adler; Frankreich; Nationalmannschaft; Gündogan; Hummels; ter Stegen; Ziegler
Datum: 09.02.2013 17:03 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-dfb-keeper-adler--„der-schoenste-moment-war-der-abpfiff“-4076.html


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