Das Outing von Ex-US-Nationalspieler Robbie Rogers und die Folgen


Robbie Rogers ist amerikanischer Nationalspieler gewesen. Ein Idol für viele Menschen und stets eine interessante Person für die Medien, die den Fußball immer mehr als ein Unterhaltungsprodukt erkannt haben. Doch der 27-Jährige fühlte sich trotz all der Annehmlichkeiten, die der Profifußball bietet nicht gut nicht richtig in seinem Körper, denn er machte sich und seinen Mitmenschen etwas vor, was ihn nicht authentisch macht. Jahrelang versteckte er ein Geheimnis, welches nicht zum Vorschein kommen sollte, da die Konsequenzen zu drastisch sein sollten. Nun hat er sich jedoch offenbart.

Viele Gefühlsschwankungen mit Angst, Selbstzweifeln und teilweise absurden Versteckspielen haben ihn zur Wahrheit regelrecht getrieben, denn dieses Leben wollte er so nicht mehr leben. Deshalb war sein offenes Bekenntnis zur Homosexualität absolut verständlich, denn nun hat er eine echte Welle der Solidarität erhalten. Sein Rücktritt als Fußballer ist konsequent wie mutig zugleich. Sogar FIFA-Präsident Joseph S. Blatter verfasste bei Twitter folgendes: „Das ist 2013. Danke. Mutigen Männern wie Ihnen ist es zu verdanken, dass solche Bekanntmachungen eines Tages nicht mehr notwendig sind.“ Ähnlich argumentierte der nationale Verband US Soccer: „Wir sind stolz auf Robbie.“
Bis zuletzt spielte Rogers beim englischen Zweitligisten Leeds United und hat sich nun auf seinem Blog auf seiner Homepage umfassend zu dieser Thematik geäußert: „Anders als meine Gleichaltrigen, sogar anders als meine Familie.“ Letztlich konnte er keinen Kompromiss finden, um als Fußballer und Mensch diese beiden Komponenten miteinander zu verbinden. Dazu meint er: „Ich hatte Angst zu zeigen, wer ich wirklich bin. Angst, dass Verurteilung und Ablehnung mir meine Träume und Ziele verbauen würden.“ Deshalb betont er, dass nun die Zeit angebrochen sei, dass er sein „Ich außerhalb des Fußballs zu entdecken.“ Und er fügte vielsagend hinzu: „Geheimnisse können so viel inneren Schaden anrichten.“
Rogers war ein erfolgreicher Fußballer, ein absolutes Vorbild. Insgesamt konnte er 18 Begegnungen für die Nationalmannschaft der USA absolvieren und konnte im Jahr 2011 unter Nationaltrainer Jürgen Klinsmann beim 1:1-Unentschieden gegen Mexiko sein erstes Länderspieltor erzielen. Sein vielleicht größter Erfolg war die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2008 in Peking. Trotz all der Erfolge war er leider nicht stark genug, um auch nach seinem Outing als homosexueller Fußballer tatsächlich seine Profikarriere weiter fortzuführen. Auch David Testo, der 2011 erst nach seinem Karriereende sein Outing betrieben hat, äußerte sich erfreut über die jüngste Offenbarung des 27-Jährigen Ex-Profis: „Das ist, worauf wir alle warten, auch ich hatte mir das erhofft.“
Bei den Frauen gibt es mehrere Beispiele, die eindrucksvoll demonstrieren, dass homosexuelle Sportlerinnen trotz ihres Outings auch weiterhin eine Profikarriere möglich erscheint. Leider ist dies bisher im Männersport und speziell im Männerfußball nur sehr schwer möglich, da in der machogeprägten Umwelt ganz offene Feindseligkeit dominant sein würde. Testo spekuliert daher auch ganz offen, dass Rogers bei einer möglichen Rückkehr auf den Fußballplatz mit einer „Zielscheibe auf dem Rücken“ herumlaufen würde. Und er führt weiter aus: „Der Fußball hat wie die gesamte Gesellschaft Fortschritte gemacht, aber er ist noch weit entfernt von einer universellen Akzeptanz der Homosexualität.“ Anders sieht dies hingegen der Ex-Torwart von Borussia Mönchengladbach, Kasey Keller: „Ich hoffe, er weiß, dass er nicht zurücktreten muss. Er wird mehr Unterstützung bekommen, als er ahnt.“ Und Rogers ehemaliger Nationalmannschaftskamerad Eddie Pope formulierte: „Mutige Männer wie Du werden dafür sorgen, dass es eines Tages keinen Grund mehr für solche Erklärungen mehr gibt.“
Fußballerisches Potential bewies der Mitzwanziger. Sehr erfreut zeigte er sich auf die vielen, netten Reaktionen von Ex-Kollegen und auch Fans. Auf Twitter sagte er dazu: „Danke an alle für die Unterstützung und Liebe. Hatte ich so nicht erwartet.“ Dennoch demonstrierte er jedoch auch Gelassenheit, als er erklärte: „In den vergangenen 25 Jahren hatte ich Angst - Angst zu zeigen, wer ich wirklich bin.“ Und weiter: „Mein Geheimnis ist weg, ich bin ein freier Mann.“ Und er sagte, dass es nun endlich Zeit sein würde mit der Fußballkarriere aufzuhören und „mich selbst zu entdecken, weg vom Fußball.“
Leider ist Schwulsein im Profisport immer noch gesellschaftlich verpönt. Es ist nur schwerlich vorstellbar, dass ein Profikicker nach seinem Outing noch tatsächlich ohne Anfeindungen seine Laufbahn weiter fortführen kann. So berichtet mit Gordon Taylor der Chef der englischen Spieler-Gewerkschaft zu diesem Thema: „Wir kennen Spieler, die gesagt haben, sie sind schwul, sich aber nicht wohlfühlen, damit an die Öffentlichkeit zu gehen.“ Die Unterstützung durch den Verband wird es jedoch auch in Zukunft geben: „Egal, ob Robbie weiter Fußball spielt oder eine Pause macht, er hat unsere volle Unterstützung.“
In Deutschland gab es auch zuletzt vermehrt Gesprächsthemen, die sich mit homosexuellen Fußballern beschäftigten. Die Sportreporter-Legende Rolf Töpperwien hatte davon Kenntnis und gab dies in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ auch offen zu. Namen wollte er jedoch explizit nicht nehmen. Die ehemalige Bachelor-Kandidatin Georgina berichtete gar von einem Angebot die Lebenspartnerin von einem schwulen Fußballer zu werden und dafür ein schönes „Taschengeld“ zu erhalten. Auch hier wurden keine Namen bekannt, wobei im Fall der polarisierenden Georgina auch das Wahrheitsgehalt überprüft werden muss.
Nun hat also der DFB reagiert und möchte bis Ende Februar ein Strategiepapier von homosexuellen Fußballern auf den Weg bringen, damit ein Bekenntnis zukünftig deutlich einfacher wird. Darin sollen Hinweise und Empfehlungen für Spieler, Vereine, Verbände, Fans und Medien erscheinen. Schon seit mehreren Monaten gibt es eine Arbeitsgruppe, die sich diesem Thema annimmt. Dazu meint der Leiter der Arbeitsgruppe, Gunter A. Pilz gegenüber „Stern.de“: „Diese bereitet einen internen Handlungsleitfaden vor, damit Vereine und Verbände auf ein mögliches Outing vorbereitet sind und bestenfalls Hilfestellung leisten können.“ Dennoch warnt er: „Das heißt aber nicht, dass wir bereits von einem Spieler wüssten, der sich outen möchte.“ Und er fordert die autonome Entscheidungsgewalt: „Ob sich ein Fußballprofi zu einem Outing entscheidet, bleibt weiterhin die private Entscheidung jedes Einzelnen.“ Der einzige Profi aus Deutschland, der sich bisher wahrlich geoutet hat, ist der frühere Zweitligaspieler Michael Urban gewesen, der sich offen zur Homosexualität bekannt hat.
Heutzutage dürfte es sehr schwer werden, dass im deutschen Fußball tatsächlich ein Outing ohne Probleme möglich sein würde. Besonders bei Auswärtsspielen würden die gegnerischen Anhänger den jeweiligen Spieler beileibe nicht nur auspfeifen, sondern mit Hohn und Spott überschütten. Auch der charakterstärkste und selbstbewussteste Spieler würde auf Dauer diesen Spießrutenlauf nicht überstehen. Auch der Vergleich, dass wir homosexuelle Politiker in den höchsten Ämtern sitzen haben hinkt, denn Fußball und Politik sind von den verschiedenen Gesichtspunkten nicht zu vergleichen.

Quelle: stern.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: Robbie Rogers; Jürgen Klinsmann; David Testo; Kasey Keller
Datum: 17.02.2013 20:46 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-das-outing-von-ex-us-nationalspieler-robbie-rogers-und-die-folgen-4207.html


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