BVB-Boss Watzke sieht eine Gefahr durch die Werksklubs


Die deutsche Bundesliga ist deshalb so stark, da die Ausgeglichenheit und die Unterschiedlichkeit der teilnehmenden Vereine besonders stark ausgeprägt ist. Für Fans, Medien und Manager sind Traditionsvereine in der Bundesliga aus vielerlei Hinsicht deutlich interessanter. Nun hat sich mit Hans-Joachim Watzke auch der Vorstandsboss von Borussia Dortmund zu Wort gemeldet, der Mannschaften ohne Fans und mit einem großen Finanzvolumen ausgestattet nicht unbedingt förderlich für die allgemeine Entwicklung der Bundesliga sieht.

So hat der Vorsitzende der BVB-Geschäftsführung zuletzt bei einer Podiumsdiskussion des SpoBiS erklärt: „Wir können nicht noch drei Mannschaften gebrauchen, die vor 25.000 Zuschauern spielen und auswärts nur 500 Zuschauer mitbringen. Da kollabiert das System, da ist es vorbei mit der Roadshow im Ausland.“ Angesprochen dürften sich Vereine wie Wolfsburg, Leverkusen, Hoffenheim und Augsburg fühlen, die durch das großzügige Investment von Firmen oder Privatperson sichtlich profitiert haben. Die Diskussionsrunde ist vor Vertretern von Marketing-, Medien- und Sportexperten sowie Sponsoren abgehalten worden.

Das Motto der Diskussionsrunde lieferte schon reichlich Konfliktpotential. So wurde unter der Überschrift: „Clash der Kulturen: Was Werksclubs und Traditionsvereine eint und was sie auseinander bringt“ mit Vereinsvertretern von Borussia Dortmund, Eintracht Frankfurt, Bayer Leverkusen und dem VfL Wolfsburg zum Teil sehr ausführlich und vor allem auch hitzig diskutiert. Die Meinungen waren völlig unterschiedlich, sodass bei der Gesprächsführung teils auch die Lautstärke die wichtigste Tugend gewesen ist. Frankfurts Vorstandsboss Heribert Bruchhagen prangerte an, dass große Traditionsvereine wie der 1. FC Kaiserslautern oder der 1. FC Köln, die über ein großes Zuschauerpotential verfügen, „durch die Werksclubs um drei Plätze zurückgeschoben würden- bis in die 2. Liga.“ Womit er durchaus Recht hat, denn ein Wettbewerbsnachteil ist durchaus gegeben, wenn etwa ein „neureicher“ Verein wie 1899 Hoffenheim allein durch das großzügige Investment von SAP-Gründer und Mäzen Dietmar Hopp finanziell über die Runden kommt. Sicherlich hat Watzke auch dieses kontrovers diskutieren wollen und den Verein angesprochen, als er über 500 Auswärtsfans gesprochen hat. Richtig ist, dass Vereine, die durch ein Werk oder private Gönner finanziert werden nicht die Akzeptanz in der Gesellschaft besitzen. Die Tradition und folglich auch die Identifikation fehlt. Auch auswärts kann ein Verein wie Bayer Leverkusen, der schon seit mehr als 30 Jahren in der Bundesliga mitspielt nicht die Fans mobilisieren, die selbst in der 2. Bundesliga der rheinische Rivale 1. FC Köln mitbringen kann.

Bruchhagen ist ein cleverer Mann, der sicherlich primär die Interessen seines Vereins Eintracht Frankfurt im Fokus hat, jedoch auch an die Gesamtentwicklung im deutschen Fußball denkt, wenn er offen anspricht, dass er mit großem Interesse verfolgt, wie der Automobilhersteller Audi sein Investment in Ingolstadt verstärken könnte oder auch der Energie-Brausehersteller Red Bull in Leipzig sich zukünftig finanziell engagiert. Dadurch besteht die Gefahr, dass auch andere Traditionsmannschaften in die Zweitklassigkeit abrutschen könnten. Und er stellt die Frage in den Raum: „Wollen wir das?“ Vereine wie Bayer Leverkusen und der VfL Wolfsburg gehören gewiss nicht zu den Lieblingsvereinen von BVB-Boss Watzke, der besonders die Zuschüsse durch ihre Mütter-Unternehmen kritisch betrachtet und die rhetorische Frage stellt: „Ich warne davor, die Reihe noch auszuweiten.“ Der Geschäftsführer des VfL Wolfsburg Thomas Röttgermann sieht auch die positiven Aspekte solch einer Thematik, da das Investment auch mit einer vernünftigen Leistung in Verbindung gesetzt wird. Röttgermann fügt hinzu: „Der Deal mit dem VfL ist für VW ein genialer Deal.“

Auch setzt sich mit Wolfgang Holzhäuser der Sprecher der Geschäftsführung von Bayer 04 Leverkusen zur Wehr, wenn er erklärt, dass die kolportierten 25,2 Millionen Euro im Jahr weniger sein würden als manch anderer Verein von seinem Hauptsponsor erhalten würde. Und er stellt klar, dass der Finanzetat von Bayer Leverkusen nur auf Platz fünf oder sechs in der Bundesliga angesiedelt sein würde, „wir machen mit den 25,2 Millionen einen guten Job“, so Holzhäuser, der jedoch auch ehrlich einräumen muss: „Ich bezweifle gar nicht, dass es Neider gibt.“ Vielmehr geht der Bayer 04-Boss auch in die verbale Offensive, wenn er offen anspricht, dass Eintracht Frankfurt schon seit mehreren Jahren über Sponsorengelder vom Flughafenbetreiber Fraport profitiert, wo auch die Stadt Frankfurt und das Land Hessen Anteile besitzen würden. Und er stellt klar: „Das ist auch eine Art Finanzdoping durch die öffentliche Hand.“

Dieses Thema wird häufig emotional geführt. Irgendwie jedoch auch verständlich, denn auch die Verteilung der TV-Gelder ist zu einem echten Politikum mutiert. So hat erneut Watzke angeregt, dass diese Haupteinnahmequelle der Vereine über einen anderen Schlüssel verteilt werden sollte. Zumindest die Hälfte soll sich nach dem sportlichen Erfolg richten, während jedoch auch andere Werte wie Zuschauerzahl, TV-Quoten und landesweite Popularität Berücksichtigung finden sollten. In den Niederlanden wird nach diesem Prinzip verfahren. Röttgermann sieht dies jedoch erfahrungsgemäß völlig anders, da er erkannt hat, dass „immer eine Gefahr“ besteht dies „festzulegen“, wie gut oder schlecht ein Verein sein würde. Ein mögliches Regelwerk daraus herzuleiten, wäre „völlig unmöglich.“

Fakt ist, dass die Zuschauerzahlen zukünftig weiter sinken werden, wenn noch mehr Vereine ohne Tradition und einem hohen Attraktivitätspotential in die Bundesliga strömen würden. Auch die Auslandsvermarktung und das Interesse der Medien würde rapide sinken, denn Vereine wie Köln, Kaiserslautern und Hertha tun der Bundesliga offensichtlich deutlich besser als Hoffenheim, Wolfsburg oder Leverkusen. Zugleich gibt es dieses Gerücht des ungleichen Wettbewerbs, da diese kontrovers diskutierten Vereine häufig über größere Finanzmittel wie Traditionsvereine verfügen, die anders wirtschaften müssen. Sicherlich wird dieses Thema die Fußballwelt auch in Zukunft beschäftigen.

Quelle: www.rp-online.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: BVB; Watzke; Borussia Dortmund; 1. FC Köln; 1. FC Kaiserslautern; TSG 1899 Hoffenheim; Bayer 04 Leverkusen; VfL Wolfsburg; Röttgermann; Eintracht Frankfurt
Datum: 19.02.2013 11:48 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-bvb-boss-watzke-sieht-eine-gefahr-durch-die-werksklubs-4228.html


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