Bundestrainer Löw: „Vom Pokal habe ich noch nicht geträumt“


Nun herrscht für Bundestrainer Joachim Löw in vielen Bereichen endlich einmal Klarheit, was die endgültige Kadernominierung betrifft. Mustafi (Sampdoria Genua), Schmelzer (Borussia Dortmund) und Volland (1899 Hoffenheim) mussten das DFB-Team verlassen. Nun steht der 23-Mann-Kader für das anstehende Weltturnier in Brasilien fest. Am kommenden Freitag gibt es noch ein Testspiel gegen Armenien, ehe am 16. Juni das erste Gruppenspiel ab 18.00 Uhr in Salvador gegen Portugal auf dem Programm stehen wird. Im Interview mit dem „Sport-Informations-Dienst (SID) hat sich Löw nun über die Weltmeisterschaft unterhalten.

Bundestrainer Löw: „Vom Pokal habe ich noch nicht geträumt“
Löw lebt und träumt den Fußball

Auch das letzte Testspiel (2:2 gegen Kamerun) war ein wenig enttäuschend. Die Defensivschwäche war gegen die spielstarken Afrikaner einmal mehr offensichtlich. Auch die Tatsache, dass Spielmacher Mesut Özil einmal mehr deutlich unter seiner Form blieb, muss zu Denken geben. Löw erklärt nun, bei welchem Turnierverlauf für ihn ein Zufriedenheitsstatus hergestellt sein wird: „2010 sind wir nicht Weltmeister geworden, aber die Art und Weise, wie die Mannschaft dort aufgetreten ist, hat in Deutschland viele Menschen begeistert. Wenn ich nur an die Bilder denke, welche Wahnsinnsstimmung nach den Spielen gegen England oder Argentinien herrschte. Wenn wir es schaffen, dieses Gefühl wieder aus der Ferne nach Hause zu schicken, dann werden wir uns alle freuen.“ Löw gilt als Taktikfuchs, der für den Fußball lebt und sogar träumt, wie er verraten hat: „Ich beschäftige mich nachts auch manchmal mit Aufstellungen, Verletzungen oder Spielen. Aber so richtig vom Pokal geträumt habe ich noch nicht.“

Löw glaubt nicht an Wiederholung von Spaniens-Erfolgen

Zuletzt hat Spanien die letzten beiden Europameisterschaften und das letzte Weltturnier gewinnen können. Solch eine erfolgreiche Mannschaft hat es auf Nationalmannschaftsebene überhaupt noch nicht gegeben. Löw zeigt großen Respekt vor den Iberern und weiß zugleich auch, dass eine Wiederholung solcher Erfolge nur schwerlich möglich erscheinen mag: „Das muss nicht die Regel sein. Es ist bei jedem Turnier wieder aufs Neue schwierig, sich zu behaupten. Die Spanier haben derzeit eine überragende Generation. Sie haben lange auf den Titel gewartet, aber sie hatten auch noch nie eine so gute Mannschaft wie seit 2008. Dass man drei Titel in Folge gewinnt, ist sehr ungewöhnlich, zumal es auch meist Veränderungen im Gefüge einer Mannschaft gibt. Die Spanier konnten bei allen Turnieren mit nahezu derselben Mannschaft antreten. Daran, dass das anderen Mannschaften gelingt, darf man deshalb berechtigte Zweifel haben.“

Letzte große Titelchance für langjährige Leistungsträger

Die Leistungsträger der deutschen Nationalmannschaft gehen auf die 30 zu oder haben sie schon längst erreicht, wie etwa Miroslav Klose, der schon 36 Jahre alt ist und sein letztes Turnier spielen wird. Den Gewinn der Weltmeisterschaft wäre ein Erfolg, der Lohn für all die Mühen der Vergangenheit bedeuten würde. Immerhin hat die Generation Lahm/Schweinsteiger/Podolski seit der Heim-Weltmeisterschaft stets das Halbfinale erreichen können und ist demnach nur jeweils knapp am großen Titel gescheitert. Löw gönnt es seinen Kickern, weiß aber auch um die Schwere dieser Aufgabe: „Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm haben die Champions League und viele nationale Titel gewonnen. Sie haben schon über 100 Länderspiele und so viel Positives für den deutschen Fußball getan. Miroslav Klose spielt bereits sein viertes Turnier, das schaffen nur ganz wenige. Sie alle haben jetzt schon phänomenale, großartige Karrieren hingelegt. Aber ein Weltmeistertitel wäre natürlich die Krönung, sozusagen das i-Tüpfelchen.“

Frühzeitige Anreise sorgt für Gewöhnung an die Umgebung

Die klimatischen Bedingungen werden bei der anstehenden Weltmeisterschaft so hart sein, wie nie zuvor. Besonders für Deutschland, die zwei Gruppenspiele im heißen Norden von Brasilien austragen müssen. Es werden jedoch nach Ansicht von Löw sämtliche Vorbereitungen getroffen, damit man sich etwas an die Gegebenheiten vor Ort gewöhnen kann: „Wir haben ihnen viele Informationen an die Hand gegeben. Aber sie müssen es erst einmal vor Ort spüren. Wir müssen Brasilien auch erleben, deshalb fliegen wir so frühzeitig hin. Vor Ort werden wir die Wettkampfsituation simulieren, indem wir mal in der Mittagshitze trainieren oder zu den Anstoßzeiten der Spiele. So können wir uns Stück für Stück an die Besonderheiten gewöhnen.“

Löw schätzt die Dortmunder und Bayer-Blockbildung

Die beiden deutschen Vereine Bayern München und Borussia Dortmund sind in den letzten Jahren zu echten europäischen Spitzenmannschaften mutiert. Insgesamt zwölf Kicker stehen von den beiden Vorzeigevereinen im Kader. Ähnlich ist dies beim Turnierfavorit Spanien der Fall, wo Kicker von Real Madrid und des FC Barcelona das Gerüst der Mannschaft bilden. Löw hat für den deutschen Kader durchaus einen Vorteil erkennen können, wie er dem „sid“ nun verraten hat: „Wenn man Blockbildung hat, ist das kein Nachteil für uns, sondern kann und wird gut sein. Aber es ist keine zwingende Voraussetzung. Für mich stehen die Qualitäten der einzelnen Spieler und das Anforderungsspiel für die jeweilige Position über der Blockbildung.“

„Ich kann mir bei mehreren vorstellen, dass sie eine Hauptrolle spielen“

Bewusst möchte er den Druck nicht auf einzelne Spieler erhöhen, weshalb er auch keinen Spieler aus seinem Team explizit nennen mag, der für ihn zum Star der kommenden Weltmeisterschaft mutieren kann. Deshalb äußert er sich eher allgemein, wenn er sagt: „Da gibt es nicht nur einen. Ich kann mir bei mehreren vorstellen, dass sie eine Hauptrolle spielen. Zuerst denkt man natürlich immer an offensive Spieler, aber es kann auch ein Defensivspieler zur ganz großen Entdeckung werden.“

Löw schätzt die Qualitäten von Reus und glaubt an Özil

Objektiv gesehen könnte Marco Reus einer der großen positiven Erscheinungen bei diesem Turnier werden. So kann der technisch starke Dortmunder alle Offensivpositionen bekleiden und trat zuletzt ausgesprochen stark in Erscheinung. Löw schätzt diesen Fußballer, der bei der letzten EM in Polen und der Ukraine noch eine Nebenrolle bekleidet hatte, enorm hoch ein und sagt über ihn: „Er kann beides. Bei uns hat er zumeist links gespielt, da waren wir immer sehr zufrieden. Ein Spieler mit seinen Fähigkeiten kann aber immer auch zentral spielen. Nur in aller vorderster Front kommt er meiner Einschätzung nach nicht so gut zur Geltung. Für ihn ist es besser, wenn er etwas aus der Tiefe kommen kann. Zentral ja, aber nicht als alleinige vorderste Spitze, sondern dahinter.“ Zuletzt hat einmal mehr Mesut Özil ein schwaches Testspiel absolviert. Auch bei seinem Verein, dem FC Arsenal London hat er sein großartiges Potential nicht mehr ausreichend auf dem Spielfeld zeigen können. Löw ist von der Qualität seines Spielmachers jedoch absolut überzeugt: „Sorgen habe ich mir gemacht, als er verletzt war. Aber nicht um seine Leistung, weil ich weiß, dass er Unglaubliches leisten kann. Das müssen wir rauskitzeln, dann ist er ein Spieler, der den Unterschied ausmachen und Spiele entscheiden kann.“

Quelle: dfb.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: Deutschland, Brasilien, WM 2014, Joachim Löw, Bayern München, Borussia Dortmund
Datum: 04.06.2014 18:36 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-bundestrainer-loew--%84vom-pokal-habe-ich-noch-nicht-getraeumt%93-13210.html


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