Bundestrainer Löw: „In Brasilien herrscht eine Urkraft und Energie“


Heute ab 17.00 Uhr wird die Auslosung für die kommende Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien stattfinden. Auch Bundestrainer Joachim Löw zeigt sich vor der Selection in Costa do Sauípe etwas angespannt. Neben den sportlichen Gegnern könnte vor allem auch das Klima eine ganz entscheidende Rolle spielen. Dies hat Löw auch im Gespräch mit dem „Sport-Informations-Dienst (SID)“ zum Ausdruck gebracht, wo er sich konkrete Gedanken auch um diese Thematik gemacht hat.

Bundestrainer Löw: „In Brasilien herrscht eine Urkraft und Energie“
Bild: dfb.de
„Es kann in der Gruppe für uns ganz schwere Gegner geben“

Seine Gefühle vor dieser zweiten WM-Auslosung als DFB-Cheftrainer sind besonders intensiv. Er hat sogar eine Steigerung der Begeisterungsfähigkeit des Gastgebers im Vergleich zur Heim-WM 2006 erkennen können: „ Die Anspannung wächst, wenn ich im Saal sitze. Ich bin auf jeden Fall mit großer Freude in Brasilien. Das ist das Fußball-Land schlechthin. Ich habe das schon im Sommer erlebt. Es war ein großes Erlebnis zu beobachten, wie eine ganze Nation hinter einer Mannschaft steht, sich freut, mitfiebert und leidet. Diese Begeisterung, diese Intensität habe ich so noch nie erlebt. Bei der Heim-WM 2006 haben wir auch eine große Euphorie gespürt, aber Brasilien ist noch fußballverrückter. Das ist für uns nicht vorstellbar. Das wird eine sehr emotionale WM werden.“ Die sportliche Qualität wird bei diesem Turnier ganz gewiss enorm sein. Löw macht jedoch kein Geheimnis daraus, dass auch eine so genannte „Hammergruppe“ auf das deutsche Team warten kann: „Nein, schlaflose Nächte bereitet mir das nicht. Aber es kann in der Gruppe für uns natürlich ganz schwere Gegner geben.“

„Das Niveau ist unglaublich hoch“

Es gibt zahlreiche interessante Konstellationen für die in Gruppe 1 gesetzten deutschen Fußballer. Die neue Qualität im Weltfußball hat Löw dazu veranlasst, dass er von einer schwierigen Gruppe ausgeht: „Ich denke, dass wir uns davon verabschieden müssen, dass es wie vor acht oder zwölf Jahren noch Gruppen mit zwei oder vielleicht sogar drei vermeintlich einfacheren Gegnern gibt. Angesichts der Leistungsdichte wird jede Gruppe relativ schwierig. Jede Nation muss schon in der Gruppenphase mit gewissen Hindernissen rechnen. Das Niveau ist unglaublich hoch. Wenn man die Lostöpfe drei oder vier sieht, weiß man, dass es schwer wird.“

„Konzentration, Anspannung und Ehrgeiz sind bei einer WM nicht zu überbieten“

Beim letzten Kontinentalturnier in Polen und der Ukraine hat Deutschland mit den Niederlanden, Portugal und Dänemark eine sehr komplizierte Gruppe erwischt. Der Bundestrainer macht nun deutlich, dass er keinerlei Einfluss auf die Auslosung hat: „Man wünscht sich dies natürlich nicht unbedingt in diesem Maße. Andererseits nehmen wir die Auslosung so, wie sie kommt. Die Spieler gehen ohnehin sehr fokussiert in so ein Turnier. Sie wissen, auf was es ankommt. Sie wissen, wie wichtig es ist, mit einem Sieg in ein Turnier zu starten. Die Konzentration, die Anspannung, der Ehrgeiz sind bei einer WM nicht zu überbieten. Das spürt man.“

„Wir werden mit Unwägbarkeiten leben und sie annehmen“

Wie bereits eingangs erwähnt, sind die klimatischen Bedingungen in Brasilien aufgrund der enormen Temperaturunterschiede sehr stark ausgeprägt. Auch dies könnte sich im Turnierverlauf als ein echtes Problem darstellen: „ Von den Europäern ist es keiner gewohnt, in Südamerika Fußball zu spielen - in diesen Stadien, bei diesem speziellen Klima. Die Südamerikaner sind darauf eingestellt. Wir werden uns anpassen müssen, für uns ist das ein großer Unterschied, ob wir bei 15 Grad, möglicherweise aber auch bei 35 Grad spielen. Die Bedingungen können ständig wechseln, von Spielort zu Spielort, die Luftfeuchtigkeit kann extrem hoch sein. Die Reisezeiten, die Entfernungen, die Organisation sind ganz anders als in Europa.“ Löw kann seine gemachten Erfahrungen als Zuschauer deutlich machen: „Ja, wir haben dies bei unserem Besuch beim Confed-Cup selbst erfahren. Aber wer beginnt, mit diesen Dingen zu hadern und zu lamentieren, der hat schon verloren, der vergeudet zu viel Energie. Wir wissen, dass es Unwägbarkeiten geben wird, aber mit diesen werden wir leben müssen - und wir werden sie annehmen.“

„Die Spielweise der Südamerikaner ist anders“

Es gibt einige maßgebliche Unterschiede im Vergleich zu den Turnieren in Europa. Besonders die Atmosphäre in den Stadien hat es dem gebürtigen Lörracher sichtlich angetan: „Die Spielweise der Südamerikaner ist anders, auch die Stimmung in den Stadien. In diesem Land herrscht eine Urkraft, eine Energie für Fußball, die ich so noch nicht erlebt habe. Das hat mich beim Confed-Cup mitgezogen.“

„Wir müssen uns schnell den Bedingungen anpassen“

Den kompletten Fokus auf den Fußball zu legen, wird eine ganz besondere Stärke des zukünftigen Weltmeisters sein, der auch die äußeren Störfaktoren bewusst ausblenden muss, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Löw zeigt sich in Bezug auf sein Team jedoch optimistisch: „Wichtig wird sein, dass wir die Spieler vor allem auf die Dinge vorbereiten, die nicht so sein werden wie bei uns. Wir müssen uns schnell den Bedingungen anpassen. Jeder muss sich auf den Fußball konzentrieren und alles andere komplett ausblenden. Die Uhren ticken dort anders. Da ist es laut, da ist es heiß. Aber wer Weltmeister werden will, muss das alles verdrängen. Ich bin mir aber sicher, dass wir das bewältigen.“ Auf die Frage, ob schon zwei Tage vor dem Spiel die Reise vom Basisquartier zum jeweiligen Spielort stattfinden wird, kann Löw noch keine dezidierte Antwort geben: „Das machen wir auch von der Auslosung abhängig. Das ist denkbar, aber darüber haben wir noch keine Entscheidung getroffen.“ Klar scheint er hingegen in der Vorstellung zu sein, dass diesmal im Vergleich zu anderen Turnieren eine frühere Anreise erfolgen wird: „ Ich denke, dass es dabei bleiben wird, schon Anfang Juni nach Südamerika zu fliegen, um uns möglichst gut anpassen zu können.“

„Vor dem 6. Dezember fallen keine Entscheidungen“

Am heutigen Freitag werden einige Entscheidungen fallen. Auch die Gegnerauswahl wird von der Gruppenauslosung abhängig gemacht. Dazu kann Löw berichten: „Da haben wir verschiedene Alternativen, die Wahl hängt aber auch davon ab, wer in unserer Gruppe ist. Wir spielen mehrere Möglichkeiten durch. Vor dem 6. Dezember fallen keine Entscheidungen.“

Quartierauswahl in enger Kooperation mit der Gruppenauslosung

Auch die Quartierauswahl muss in enger Abhängigkeit zur Gruppenauslosung getroffen werden. Die höchste Priorität genießt auch in diesem Fall der sportliche Wert: „Wir haben bis zum 18. Dezember Zeit. Wir werden uns das noch einmal anschauen und dann in Ruhe eine Entscheidung treffen. Die hängt davon ab: Wo spielen wir, wie sind die die Anstoßzeiten? Danach werden wir uns auch mit den Gegnern in der Vorbereitung und mit dem Start der Vorbereitung konkret auseinandersetzen.“

„Mit dem Favoritenstatus können wir gut leben“

Bei den letzten Turnieren hat man stets mindestens das Halbfinale erreichen können. Bei der WM 2006 und 2010 konnte man sich jeweils den dritten Platz sichern, während bei der Europameisterschaft 2008 sogar der Finaleinzug gegen Spanien und bei der EM 2012 die Halbfinalteilnahme gegen Italien zu Buche stand. Nach den zuletzt gezeigten Leistungen und neun Siegen in zehn WM-Qualifikationsspielen ist es daher nur allzu verständlich, dass Deutschland in den engen Favoritenkreis erhoben wird. Auf die Frage, ob dieser Druck sich auch hemmend auswirken könnte, kann Löw folgende Meinung: „Die Mannschaft gehörte auch in den letzten Turnieren immer zu den Favoriten, damit können wir gut leben. Ich denke nicht, dass uns dies in irgendeiner Form beeinträchtigt oder lähmt. Realistisch gesehen ist Brasilien der Topfavorit. Sie gehen die Aufgabe mit einer ungeheuren Disziplin und Ordnung an, sie haben eine große individuelle Klasse und eine riesige Unterstützung. Sie kennen auch die Bedingungen. Argentinien und Kolumbien sind in Südamerika auch ganz hoch einzuschätzen. Und aus Europa gehören Italien, natürlich Spanien, Deutschland oder auch die Niederlande zum Favoritenkreis.“

Löw zeigt sich optimistisch bei Khedira und Gündogan-Genesung

Die Verletzungsprobleme im DFB-Team sind derzeit wahrlich von frappierender Natur. Auch wenn der Kader quantitativ und qualitativ äußerst hochwertig daherkommt, so ist der mögliche Ausfall von einigen Leistungsträgern nicht allzu leicht zu verkraften. Bundestrainer Löw zeigt sich jedoch optimistisch: „Natürlich sehe ich es mit einiger Sorge, dass Sami Khedira mit einem Kreuzbandriss länger ausfällt. Da muss man abwarten, aber ich würde ihm zutrauen, dass er es bis zur WM noch schafft, weil er sehr ehrgeizig und positiv ist. Bei Bastian Schweinsteiger oder Ilkay Gündogan denke ich, genauso wie bei Miroslav Klose und Mario Gomez, dass sie spätestens im Januar wieder in einem normalen Rhythmus sind. Als Bundestrainer fürchtet man schon eher, dass sich noch ein Spieler kurz vor dem Turnier verletzt.“

Löw muss sich zwischen 30 Spielern entscheiden

Im Laufe der letzten Jahre hat sich ein fester Stamm des DFB-Teams bilden können. Aus diesem Pool wird das Trainerteam seine 23 Spieler schließlich für das Weltturnier auswählen können. Auf die Frage, ob der WM-Kader bereits feststehen würde, kann Löw folgendes antworten: „Wir haben insgesamt rund 30 Spieler. Es gibt natürlich Spieler, die stehen außer Frage, aber einige Plätze sind schon noch hart umkämpft. Wir haben bewusst Alternativen geschaffen. Aber ich hoffe natürlich inständig, dass unsere Leistungsträger nicht verletzt sein werden. Das ist schon eine wichtige Voraussetzung, wenn man die WM gewinnen will. Es ist das allerschwierigste überhaupt, Weltmeister zu werden. Da muss alles passen, gerade in Brasilien. Es darf keiner verletzt sein, es müssen alle in Topform sein und man braucht das Quäntchen Glück.“

„Bis zum Finale ist es noch ein sehr, sehr weiter Weg“

Eine perfekte Konstellation und sicherlich auch eine Wunschvorstellung wäre ganz gewiss, wenn das 112. Länderspiel in der Ägide von Löw in Brasilien stattfinden wird. Findige Zahlenfreunde haben nämlich herausgefunden, dass an diesem Tag das Endspiel um den WM-Titel stattfinden wird. Löw weiß das, aber sagt auch, dass der Weg dorthin enorm schwierig werden wird: „Natürlich wäre es ein Traum, wenn dieses in Rio stattfinden würde. Und wenn wir dann schon im Finale stehen, dann wollen wir es natürlich auch gewinnen. Aber bis dahin ist es noch ein sehr, sehr weiter Weg.“

Quelle: dfb.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: Joachim Löw, Deutschland, WM 2014,
Datum: 06.12.2013 10:31 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-bundestrainer-loew--%84in-brasilien-herrscht-eine-urkraft-und-energie%93-9331.html


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