Brasilien-Legende Cafu: „Die Bundesliga hat einen großen Sprung gemacht“


Cafu ist eine Legende im brasilianischen Fußball. 1994 und 2002 konnte er mit der Selecao den WM-Titel gewinnen, während er als Linksverteidiger einer der Besten weltweit gewesen ist. Nun steigt beim mittlerweile 38-Jährigen so ganz langsam die Vorfreude auf den Confederations Cup, der schon im Sommer 2013 in seiner Heimat Brasilien stattfinden wird. Bekanntlich ist diese Mini-WM eine Art Generalprobe vor der WM, die 2014 am Zuckerhut ausgetragen wird. Der Kapitän der WM 2010 hat sich mit „DFB.de“ neben der enormen Vorfreude auf das interkontinentale Turnier auch über die Chancen der deutschen Nationalmannschaft unterhalten.

Sicherlich ist das WM-Finale 2002 noch in bester Erinnerung, als die brasilianische Nationalmannschaft gegen Deutschland in einem spannenden Spiel Weltmeister werden konnte. Besonders im ersten Spielabschnitt war das DFB-Team von Bundestrainer Rudi Völler den technisch stärkeren Brasilianern jedoch zumindest ebenbürtig, wie sich auch Cafu erinnern kann: „Es war ein sehr hartes Stück Arbeit. Vor allem in der ersten Halbzeit war es eine ausgeglichene Partie. Wir hatten auch Glück mit einem Pfostentreffer bei einem deutschen Freistoß. Am Ende hat Ronaldo mit seinen beiden Toren dieses Spiel entschieden. Ich glaube, wir sind damals zu Recht Weltmeister geworden, weil wir die beste Mannschaft des Turniers waren. Aber Deutschland hatte es ebenfalls verdient, im Finale zu stehen. Wir hatten schon großen Respekt vor Oliver Kahn und seinen unglaublichen Paraden. Er hat ja damals ein großartiges Turnier gespielt. Für mich war es ein unbeschreibliches Gefühl, den Pokal hochhalten zu dürfen. Ich bekomme heute noch eine Gänsehaut, wenn ich die Bilder von damals sehe.“
Der Kreis schließt sich wieder, denn damals war schon Luiz Felipe Scolari Trainer vom Rekordweltmeister. Erst vor wenigen Wochen ist auch dieser Scolari erneut als Trainer installiert worden. Cafu hat die höchste Meinung über den Disziplinfanatiker: „Zu den Stärken Scolaris gehört sicherlich, genau einschätzen zu können, welche Qualitäten ein Spieler hat. Er macht sich ein genaues Bild von jedem Spieler, ist gut informiert. Er hat eine natürliche Autorität und seine faire Art kommt bei den Spielern gut an. Er kann hart sein, aber auch Vertrauen schenken. Er legt großen Wert auf Mannschaftsgeist und Zusammenhalt. Wir erwarten natürlich, dass er die Seleção zum gewünschten Ergebnis führt. Mit einem Trainer Luiz Felipe Scolari und einem Sportdirektor Carlos Alberto Parreira hat die Spitze der Nationalmannschaft eine sehr erfahrene Leitung. Das ist vor einer WM im eigenen Land sicher kein Nachteil. Ich hoffe, dass Scolari mit der Nationalmannschaft erneut bei einer WM brilliert. Ich wünsche ihm von ganzem Herzen Erfolg. Wie jeder Brasilianer.“
Deutschland ist über viele Jahre der Dauerrivale von Brasilien gewesen und trotz zahlreicher Turnierteilnahmen sind die beiden Kontrahenten erst bei der WM 2002 aufeinandergetroffen. Deutschland hat sich seitdem zu einer der stärksten Teams weltweit entwickelt. Die erfreuliche Entwicklung ist auch für Cafu nicht gänzlich unbemerkt geblieben: „Deutschland hatte ab Ende der 90er-Jahre eine kleine Schwächephase. Doch die Mannschaft hat sich gefangen und verbessert. Das Auftreten der deutschen Nationalmannschaft ist spielerischer geworden, und dieser neue deutsche Stil gefällt mir sehr. Trainer Joachim Löw hat eine Philosophie und diese Handschrift ist erkennbar. Und Deutschland hat jede Menge junger Talente, das ist gut für die Zukunft des Fußballs dort. Von ihnen darf man einiges erwarten.“
Vielen europäischen Fußballfachleuten ist aufgefallen, dass die Bundesliga in der jüngeren Vergangenheit deutlich stärker geworden ist. Auch der langjährige Spieler des italienischen Spitzenklubs AC Mailand ist dies beileibe nicht entgangen: „Der deutsche Fußball und auch die Bundesliga haben in den vergangenen Jahren einen großen Sprung nach vorne gemacht. So weit ich das verfolgen kann, hat die Bundesliga den Rückstand, den sie gegenüber anderen Top-Ligen in Europa hatte, aufgeholt – und manche sogar überholt. Bayern München ist natürlich das Aushängeschild der Liga und in Brasilien bestens bekannt. Aber auch Mannschaften wie Bayer Leverkusen mit ihren vielen brasilianischen Spielern in den letzten Jahren oder Borussia Dortmund und Schalke 04 haben hier in Brasilien an Aufmerksamkeit und Bekanntheit gewonnen. Die Dortmunder Spiele in der Champions League waren ja schon eine echte Bestätigung des Trends, nicht zuletzt haben ja auch viele Nationalspieler dazu beigetragen, wie auch bei den Bayern. Ich glaube, die Bundesliga ist auf einem sehr guten Weg.“
Auch in der Bundesliga gibt es zahlreiche brasilianische Spieler, die eine Bewährungschance in der brasilianischen Nationalmannschaft verdient hätten. Luiz Gustavo und auch Dante gehören als Defensivspieler ebenfalls dazu, dass sie eine realistische Chance besitzen, die WM 2014 in ihrem Heimatland mitspielen zu dürfen. Auch der 42-jährige Cafu sieht für das Duo eine realistische Chance auf eine Nominierung: „Ich kann nicht für Scolari und seinen Trainerstab sprechen. Aber ich weiß, dass er alle brasilianischen Spieler genau beobachtet – egal, ob sie in Brasilien oder im Ausland spielen. Aber die Auswahl ist natürlich so groß wie wohl nirgendwo sonst. Dante und Luiz Gustavo machen bei Bayern München einen guten Job. Dass Dante bei Bayern praktisch Stammspieler ist, wird der neuen sportlichen Leitung sicher nicht verborgen bleiben. Er spielt jetzt auch in der Champions League, das ist wichtig. Ich glaube, dass sie eine faire Chance verdient haben. Aber das muss das Trainerteam entscheiden. Die Qualität ist groß, die Konkurrenz aber auch. Warten wir ab, wie sich Scolari entscheiden wird.“
Selten gab es solch eine große Anzahl an möglichen Weltmeistern wie vor der WM 2014. Dies hat auch der ehemalige, brasilianische Außenverteidiger so erkannt, der besonders sein Heimatland auf dem Zettel hat: „Es gibt eine Handvoll Mannschaften, die das Zeug dazu haben, Weltmeister zu werden. Natürlich die Spanier, die in den vergangenen Jahren die Weltspitze beherrscht haben. Natürlich auch Argentinien mit Lionel Messi, das zuletzt immer stärker geworden ist. Und natürlich Brasilien, das als Gastgeber besonders motiviert sein wird. Aber der Druck ist für den Gastgeber auch am größten. Man sagt ja, dass in Südamerika nur ein südamerikanisches Team Weltmeister werden kann. Mal sehen, ob das so bleibt.“ Zugleich nennt er noch etliche andere Mannschaften, die das notwendige Potential besitzen. Etwas überraschend erwähnt er dabei ein Team aus Asien, welches bei den bisherigen Turnieren noch nicht besonders auf sich aufmerksam machen konnte: „Deutschland und Italien zähle ich immer zu den Favoriten, sie sind klassische Turniermannschaften, zudem glaube ich, dass Deutschland noch längst nicht am Ende seiner Entwicklung angekommen ist. Und es gibt immer wieder Überraschungen von anderen Kontinenten. Schauen Sie, wie stark die japanischen Profis in Europa auftrumpfen. Kolumbien mit Top-Stürmer Falcao ist in Südamerika stark, und Afrikas Mannschaften haben ohnehin aufgeholt. Vielleicht wird es so spannend wie nie.“
In den nächsten Jahren wird Brasilien in der Öffentlichkeit besonders als Sportland wahrgenommen werden, da neben dem Confedcup im nächsten Jahr und der WM ein Jahr darauf, vor allem die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro die Vorfreude der Südamerikaner in Wallung versetzen. Über die Bedeutung für die Bevölkerung spricht Cafu: „Es ist für Brasilien und für Rio de Janeiro eine große Herausforderung, aber auch eine große Chance. Wir bekommen neue Stadien. Das wird dem Fußball und auch dem Sport ganz allgemein neuen Schwung und neue Chancen geben. Meine Freunde in Deutschland haben mir gesagt, dass die Bundesliga von der WM 2006 sehr profitiert hat. Ich hoffe, dass unsere Klubs ähnlich von der WM bei uns profitieren.“
Brasilien ist ein sogenanntes Schwellenland und genießt im weltweiten Ansehen nicht unbedingt einen ausgezeichneten Ruf. Auch der Botschafter der WM 2014 hat erkannt, dass dieses Weltturnier auch für das Ansehen des Landes enorm viel verbessern kann: „Wenn es uns gelingt, eine gute WM und gute Olympische Spiele zu organisieren, dann wird das Bild Brasiliens in der Zukunft davon geprägt sein. Mit all den Infrastruktur-Maßnahmen, die solche Großveranstaltungen mit sich bringen, profitiert auch das ganze Land. Das Volk nimmt die WM auf fantastische Art und Weise an. Aber jetzt bereitet sich Brasilien erst einmal auf den Confederations Cup vor, der uns als Maßstab dient, wie es bei einer WM zugeht. Den müssen wir vernünftig ausrichten, damit wir schon einen guten Eindruck hinterlassen. Das wäre sicher ein guter Auftakt für die nächsten Jahre.“
Zukünftig ist auch durchaus angedacht, dass Cafu nach seinem gelungenen Auftritt bei der Auslosung des Confederations-Cup weitere repräsentative Funktionen übernehmen soll. Über seine Zukunftspläne hat er „DFB.de“ verraten: „Ich freue mich, dass der Auftritt gut angekommen ist. Aber es waren ja nur ein paar Minuten. Ich werde dem Fußball auf jeden Fall erhalten bleiben. Ich habe einen Vertrag mit einem Versicherungsunternehmen abgeschlossen, das ich in den nächsten Jahren repräsentieren werde. Es wird sicher im Vorfeld und auch bei der Weltmeisterschaft viel zu tun geben. Ich arbeite außerdem als Experte für das Fernsehen.“
Cafu ist zweifelsfrei in die Fußballgeschichtsbücher eingegangen, da er schon in drei Endspielen bei einem Weltturnier auf dem Platz gestanden hat. Über die Fortschritte auf seiner Position des Außenverteidigers weiß er zu berichten: „Die Position auf der Außenbahn ist noch wichtiger geworden. Als ich zu meiner aktiven Zeit im Profi-Fußball angefangen habe, hatten die Abwehrspieler noch nicht diese Bedeutung, die sie heute besitzen. Heute muss ein moderner Abwehrspieler ja nicht nur gut verteidigen können, er ist zusammen mit dem Torwart ja schon bei der Spieleröffnung gefordert. Moderne Abwehrspieler sind auch gute Fußballer, die einen langen Pass spielen und so das Spiel vor sich maßgeblich beeinflussen können.“

Quelle: dfb.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: WM 2014; Brasilien; Cafu; Ronaldo; Confederations-Cup; DFB-Team
Datum: 23.12.2012 19:08 Uhr
Url: http://www.3-liga.com/news-fussball-brasilien-legende-cafu--„die-bundesliga-hat-einen-grossen-sprung-gemacht“-3316.html
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