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Darmstadt-Boss Fritsch: „Wir werden das gallische Dorf der zweiten Liga sein“

Zur neuen Spielzeit gibt es in der 2. Fußball-Bundesliga quasi zwei letztjährige Regionalligisten. Zum einen natürlich RB Leipzig, die mit viel Geld und einer hohen Spielerqualität dafür gesorgt haben, dass es den direkten Durchmarsch von der Regionalliga Südwest bis in die Zweitklassigkeit geben konnte. Zum anderen aber auch der SV Darmstadt 98, der am Ende der Spielzeit 2012/13 sportlich bereits abgestiegen ist, ehe der Lizenzentzug des Lokalrivalen Kickers Offenbach den verspäteten Klassenerhalt bringen konnte. Nun ist man nach dem nun schon legendären 4:2-Auswärtssieg bei Arminia Bielefeld im deutschen Fußball-Unterhaus und hat in seinen Feierlichkeiten eine Dankbarkeit und Euphorie zeigen können, die besonders beachtlich erscheint. Nun hat sich gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ Vereinsboss Rüdiger Fritsch zu Wort gemeldet.

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Darmstadt-Boss Fritsch: „Wir werden das gallische Dorf der zweiten Liga sein“
Foto: SV Darmstadt 98
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„Eine ganz starke Geschichte eines Vereins, einer Mannschaft und eines Trainerteams“

Nun hat er der „FAZ“ auch verraten können, wie seine Gefühlswelt nach diesem sensationellen Erfolg tatsächlich ausgesehen hat. Er zeigt sich absolut stolz über die errungenen Erfolge eines Vereins, der für eine Vorbildrolle für Vereine mit geringem Budget absolut taugen könnte: „Auf der vierstündigen Busfahrt durch die Nacht mit im Schnitt 90 Stundenkilometern gab es zwischen diversen Gesangseinlagen auch Momente, in denen man sich Gedanken machen konnte. Nur komme ich zu keinem rationalen Ergebnis, sondern immer zu demselben: Es ist eine ganz starke Geschichte eines Vereins, einer Mannschaft und eines Trainerteams. Anderswo sind die Bedingungen besser und ist das Gras womöglich grüner, aber in Darmstadt ist ein besonderer Spirit vorhanden, der offensichtlich zu ganz besonderen Leistungen animiert.“

„Bei uns wird niemand behaupten, dass dieser Coup komplett planbar gewesen ist“

Wie bereits im Eingangstext erwähnt, ist der Abstieg in die Viertklassigkeit erst ein Jahr her. Seit 1993 sind die „Lilien“ nun zum ersten Mal wieder in der zweiten Liga. Diese Entwicklung hätte vor Saisonbeginn sicherlich kaum einer dem südhessischen Traditionsverein zugetraut. Der 52-jährige Jurist hat schnell deutlich machen können, dass viele Überraschungsmomente für diesen sensationellen Aufstieg verantwortlich gewesen sind: „Es ist mit vielen Variablen das Geschäft verbunden ist. Bei uns wird niemand behaupten, dass dieser Coup komplett planbar gewesen ist. Dass der Schuss von Elton da Costa in der 120. Minute ins Tor fliegt und die Versuche der Bielefelder im Gegenzug nicht, sind Dinge, die man nicht beeinflussen kann. Dies sollte man sich auch im Erfolg vor Augen führen.“

Klassenerhalt als oberstes Ziel

Er ist auch Realist genug, um erkennen zu können, dass einzig und allein der Klassenerhalt in dieser wahrscheinlich stärksten zweiten Liga aller Zeiten das Ziel sein kann. Die besonderen Rechenspiele im Fußball möchte er ebenfalls nicht völlig außer Acht lassen: „Wenn es schlecht läuft, sind einige sofort geneigt zu sagen: Wie konnte man denn dies und jenes tun, diesen Trainer oder diese Spieler verpflichten. Hinterher ist man natürlich immer schlauer. In der zweiten Liga werden wir vermutlich mehr Spiele verlieren als gewinnen, weil es für uns ja nur um den Klassenverbleib gehen kann. Und dann ist es die große Kunst, zu erkennen, dass dann nicht alles schlecht ist, was vorher noch gut war. Im Fußball ergibt 1+1 auch mal 4.“

Nach der Emotion gibt es die Rückkehr zur Sachlichkeit

Die Emotionen sind nach dieser überragenden Vorstellung in Bielefeld, wo nach einer-Niederlage im heimischen Böllenfalltorstadion noch ein 4:2-Auswärtssieg errungen werden konnte, sehr stark ausgeprägt. Nun wird es wieder darum gehen, dass Sachlichkeit Einzug halten wird. Für den Rechtswissenschaftlich scheint dies aber absolut unproblematisch zu werden, der auf die Bescheidenheit und den Realismus seiner Mitarbeiter setzen kann: „Nachdem wir in Bielefeld den Olymp des Wahnsinns erlebten, haben wir am Dienstag noch mal die Wahnsinnigen raushängen lassen. Aber von diesem Mittwoch an werden aus den Wahnsinnigen wieder sachliche und realistisch arbeitende Menschen. Wir werden in der Euphorie nichts tun, was uns später leid tun wird. Wir werden in keine Verbindlichkeitsfalle tappen, die uns wieder auf Jahre wegspült. Einigen Vereinen, die das Rad zu schnell ankurbeln wollten, ist dies zum Verhängnis geworden. Wir werden weiter mit der Darmstädter Demut an die Sache herangehen.“

„Wir werden wettbewerbsfähig sein“

Wie bereits erwähnt, wird es für den SV Darmstadt 98 enorm schwierig werden, sich in der neuen Spielklasse tatsächlich zurechtzufinden. Auch im Lizenzspieleretat bewegen sich die „Lilien“ ganz weit hinten, denn dieser soll gerade einmal zwischen fünf und sechs Millionen Euro betragen, weshalb es schwierig sein wird, dass man sich teure Spieler holen kann. Dies wird allerdings auch überhaupt nicht notwendig sein, denn die mannschaftliche Geschlossenheit soll auch in der 2. Bundesliga zum Erfolg, sprich den Klassenerhalt führen: „Wir werden wettbewerbsfähig sein. Aber in der „Geldtabelle“ werden wir im unteren Drittel angesiedelt sein – aber das waren wir in der dritten Liga ja auch schon. Solch ein Erfolg wie der unsrige bringt ja immer viele glückliche Menschen hervor. Die Frage ist: Bleiben die auch vier Tage danach im Alltag noch glücklich? Ich glaube, dass die Entscheider in der Region registriert haben, dass wir wirtschaftlich seriös arbeiten und dass wir keinen Euro sinnlos rausfeuern, sondern uns fünfmal überlegen, wofür wir ihn ausgeben.“

Unentgeltliches Arbeiten als Trumpf des Vereins

Im altehrwürdigen Böllenfalltor-Stadion kommen sicherlich einige nostalgische Emotionen auf. Für den modernen Fußball muss dieser Schauplatz jedoch dringend saniert werden, was auch für die Einhaltung der Lizenzauflagen durch die Deutsche Fußball-Liga (DFL) so eindeutig vorgeschrieben worden ist. Dazu sind vier hauptamtliche Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle für den anstehenden Andrang in der 2. Bundesliga sicherlich zu wenig. Fritsch verneint es jedoch, dass sich der Verein neu erfinden muss: „Nein. Zu unserer Struktur gehören viele Leute, die Spezialisten sind auf ihrem Gebiet und unentgeltlich für den Verein arbeiten. Dazu gehört auch das Präsidium. Wir bringen aber ein großes Team mit Knowhow an den Start – mit vier Leuten ist da ja gar nicht machbar. In der Hinsicht werden wir schon das gallische Dorf der zweiten Liga sein.“

Old-School-orientierter Verein

Eine leise Kritik kommt vom traditionsbewussten Vereinsboss auch an Mitaufsteiger Rasen Ballsport Leipzig auf, deren kompletter Gegenpart durch den SV Darmstadt 98 aufgezeigt wird. Er ist sich absolut bewusst, dass auch die anderen Zweitligisten auf den SVD98 freuen werden: „Ich glaube, Fußball-Deutschland ist nicht traurig darüber, dass der SV Darmstadt 98 wieder auf die große Landkarte zurückgekehrt ist. Es ist ein traditionsreicher Fußball-Standort, ein gewachsener Verein, der eher Old-School-orientiert ist. Ich glaube, dass Fußball-Deutschland mehr Freude an uns hat als an dem ein oder anderen Verein, der eher künstlich aufgebaut ist.“

„Die Stadionfrage ist für uns existentiell“

Natürlich hängt mittelfristig die Zukunftsfähigkeit des Vereins auch von einem Stadionneubau ab. So gibt es bereits feste Pläne, dass für 28 Millionen Euro ein neues Stadion gebaut werden soll. Dafür ist jedoch auch elementar ein Zuschuss vom Land abhängig. Fritsch zeigt sich absolut optimistisch, dass auch in dieser Thematik zeitnah eine positive Entscheidung fallen wird: „Die Stadionfrage ist für uns existentiell. Es werden immer neue Zweiwochenfristen genannt, die nun schon mehrfach abgelaufen sind. Fakt ist: Das Thema ist auf dem Peak der Entscheidung angekommen. Es ist dringend. Ich gehe davon aus, dass die Stadt Darmstadt dies gegenüber dem Land Hessen nach unserem sportlichen Erfolg mit besonderer Vehemenz vorantreiben wird.“

Quelle: faz.net

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